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Ohne Transformator in das Mittelspannungsnetz einspeisen

Heiko Schwarzburger
Einphasiger Leistungsstack (20 Kilovolt) mit Mosfets aus Siliziumkarbid (15 Kilovolt), Treibern und anteiligen Zwischenkreiskondensatoren.

Nach dem heutigen Stand der Technik erfolgt die Anbindung von Leistungselektronik an das Stromnetz zunächst in der Niederspannungsebene. Für die Stabilität des Stromnetzes werden leistungselektronische Wandler, sogenannte Statcoms (Static Synchronous Compensators), eingesetzt, die stufenlos induktive oder kapazitive Blindleistung bereitstellen. Die Kopplung an das Mittelspannungsnetz erfolgt dann über einen 50-Hertz-Transformator.

Der nun am Fraunhofer ISE entwickelte Wechselrichter kann ohne Transformator in das Mittelspannungsnetz einspeisen. Möglich wird dies durch den Einsatz von Hochvolttransistoren auf der Basis von Siliziumkarbid (SiC). Erste Prototypen mit Sperrspannungen bis 15 Kilovolt werden dafür verwendet.

So steigen Effizienz und Leistungsdichte

Aktuell kommerziell erhältliche Transistoren aus Silizium haben lediglich Sperrspannungen bis 6,5 Kilovolt. Daher muss man komplexe Mehrpunktschaltungen mit sehr hohem Bauteilaufwand einsetzen, um ins Mittelspannungsnetz mit 10 oder 20 Kilovolt einspeisen zu können. Zudem sind die Verlustenergien dieser Transistoren aus Silizium sehr hoch.

Durch die höheren Sperrspannungen von SiC-Halbleitern lässt sich die Anzahl der benötigten Bauelemente in einem Stromrichter reduzieren. Seine Effizienz und Leistungsdichte steigt. Ebenso benötigen SiC-Transistoren sehr geringe Schaltenergien, was hohe Schaltfrequenzen im Wechselrichter ermöglicht. Die passiven Bauelemente können dadurch kleiner dimensioniert werden, was zu Einsparungen führt. Ein kompakter Wechselrichter ohne Transformator bietet zudem innerstädtisch die Möglichkeit, Bestandsanlagen der Mittelspannung nachzurüsten.

Ein weiterer Vorteil dieser Technik ist die höhere Regeldynamik des Wechselrichters. Durch die hohen Taktfrequenzen lässt sich der Wechselrichter als aktiver Filter einsetzen, um Oberschwingungen im Mittelspannungsnetz zu kompensieren. Dies ist mit Statcoms aufgrund der Tiefpasswirkung des 50-Hertz-Transformators nur bedingt möglich. „Der Einsatz der hochsperrenden SiC-Transistoren stellt uns aber auch vor neue Herausforderungen“, sagt der Projektleiter Dirk Kranzer vom Fraunhofer ISE in Freiburg. „Die Transistoren schalten sehr schnell. Die extrem hohen Steilheiten der Spannungen während der Schaltvorgänge können Störungen verursachen oder auch zu Teil- und Gleitentladungen in den Isolationen führen.“

Bei der Schaltungsentwicklung legten die Forscher großen Wert darauf, solche unerwünschten Effekte zu minimieren. Für den kommerziellen Einsatz sind weitere Entwicklungen, etwa bei den Leistungsmodulen oder den induktiven und kapazitiven Bauelementen, notwendig. Die Leistung des Demonstrators zur Einspeisung in das Zehn-Kilovolt-Netz beträgt 100 Kilowatt. Die Schaltfrequenz liegt mit 16 Kilohertz etwa um den Faktor zehn höher als bei Mittelspannungsumrichtern mit Siliziumhalbleitern.

Weitere Anwendungen geplant

Als Transistoren kamen SiC-Mosfets für 15 Kilovolt und zehn Ampere zum Einsatz. Die induktiven Bauelemente wurden vom Projektpartner Spezial-Transformatoren Stockach entwickelt.

Neben der Stabilisierung der Mittelspannungsnetze sind weitere Anwendungen mit Hochvolt-SiC-Bauelementen absehbar. „Wir sehen großes Potenzial bei zukünftigen Anwendungen für Leistungselektronik in der Mittelspannung“, kommentiert Professor Bruno Burger, Gruppenleiter am Fraunhofer ISE. „Denkbar sind völlig neue Systemarchitekturen bei großen Photovoltaikanlagen im Megawattbereich oder Windparks. Aber auch für die Bahnindustrie oder große Batteriespeicheranlagen ist die neue Technik sehr vielversprechend.“

Um die Forschungen auszuweiten, wird derzeit am Fraunhofer ISE in Freiburg ein neues Mittelspannungslabor für Multi-Megawatt-Leistungen gebaut. Die Forschungen zum neuen Wechselrichter wurden innerhalb des Projekts „HV-SiC“ mit Bundesmitteln unterstützt.

www.ise.fraunhofer.de

Dieser Artikel von Heiko Schwarzburger ist zuerst erschienen in photovoltaik Ausgabe: 07-2018.

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