Solarjahr 2023: Das erwarten Installateure und Projektierer
Um es gleich vorweg zu nehmen: die Solarmodulpreise sind auch in diesem Monat wieder kontinuierlich gefallen - ein Ende ist noch nicht absehbar. Die Gründe hierfür wurden bereits mehrfach thematisiert, aktuell dürften es aber vor allem die niedrigeren Frachtraten für Transporte aus China und der sich weiter erholende Euro-US-Dollar-Wechselkurs sein, die sich bei den Preisen bemerkbar machen. Effekte wie langsam wieder sinkende Energiekosten oder Polysilizium- und Waferpreise, die sich im freien Fall befinden, werden den Trend in den kommenden Monaten noch verstärken.
Patentrecht: Hanwha Q-Cells verklagt Trina Solar
Eine kleine Verwerfung im Modulmarkt gibt es aktuell durch eine neue Klage vor dem Landgericht Düsseldorf wegen einer Patentrechtsverletzung, die Hanwha Q-Cells dieses Mal gegen Trina Solar erhoben und vorerst gewonnen hat. Trina hat daraufhin die Auslieferung von Modulen mit den vom Rechtstreit betroffenen PERC-Zellen in Deutschland gestoppt. Der Hersteller ist nun mit Hochdruck dabei, seine Fertigung von Produkten mit TOPCon-Zellen hochzufahren, sowie ersatzweise Module auszuliefern, welche mit monokristallinen, nicht von der Klage betroffenen Zellen bestückt sind. Trina Solar verspricht dabei, dass sich eventuelle Lieferverzögerungen für die betroffenen Kunden im vertretbaren Rahmen bewegen werden. Noch sind viele andere asiatische Hersteller, die ebenfalls PERC-Technologie einsetzen, nicht in Rechtstreitigkeiten mit Hanwha Q-Cells verwickelt. Dass weitere große Konkurrenten wie JA Solar, Canadian Solar oder Risen Energy noch lange Zeit davon verschont bleiben, wage ich zu bezweifeln.
Nun aber zu den Erwartungen, welche die Verarbeiter an das neue Photovoltaikjahr knüpfen – Autor Martin Schachinger hat dazu mit diversen Akteuren im Markt gesprochen.
Stefan Kutscher, Geschäftsführer des Großhandels- und Installationsbetriebs SK Solar ist der Meinung, die Anpassungen im Erneuerbaren Energien Gesetz gehen noch nicht weit genug, um eine deutliche Verbesserungen der Situation herbeizuführen. Er begrüßt den Wegfall der Umlage, bezeichnet die restlichen Regeländerungen aber als unzureichend. Insbesondere der versprochene Bürokratieabbau ist bestenfalls schemenhaft zu erkennen – immer noch ist die zeitaufwendige Beschaffung der geforderten Anlagenzertifikate ein wesentliches Hemmnis im gesamten Prozess, wenngleich der Zeitdruck etwas rausgenommen wurde. Statt einer radikalen Vereinfachung des mittlerweile überkomplexen Regelwerks wurden von den Verantwortlichen teilweise neue Ungereimtheiten und Formulierungen eingebaut, welche viel Spielraum zu Interpretationen lassen. Bestes Beispiel dafür ist das Thema Umsatzsteueranpassung bei privaten Kleinanlagen. Seit Monaten rätselt die Branche darüber, wie die Neuregelung im Jahressteuergesetz gemeint und wie sie umzusetzen ist. Immerhin gab es jetzt vom Bundesfinanzministerium einen ersten Klarstellungsversuch.
Große PV-Projekte bleiben attraktiv
Echte Problemlösungen im Bereich des Netzzugangs, der Anschlussbedingungen und der Zertifizierung von mittleren bis großen Photovoltaikanlagen sucht man bisher vergeblich, meint auch Michael Reck, Projektentwickler bei der GME clean power AG. Hier gibt es nach wie vor große Hürden, die eine zügige Umsetzung geplanter Projekte behindern und eine Wirtschaftlichkeit infrage stellen können. Dennoch ist er der Meinung, dass bei verbesserter Verfügbarkeit der benötigten Komponenten und fallenden Modulpreisen genügend renditeträchtige Bauvorhaben übrigbleiben, die in diesem und in den Folgejahren umgesetzt werden können. Bei den für dieses Jahr zu erwartenden durchschnittlichen Baukosten reichten in den meisten Fällen gesicherte Vergütungssätze zwischen 8 und 10 Eurocent pro Kilowattstunde aus, um den Investoren über die kalkulierten 20 bis 25 Betriebsjahre eine auskömmliche Rendite zu bescheren. Eine moderate Deckelung der zu erzielenden Vergütung auch bei förderfreien Anlagen oder eine drohende Abschöpfung der Mehrerlöse durch den Staat sollten die Attraktivität von größeren Photovoltaikprojekten daher kaum schmälern und daher den beschleunigten Zubau von Erzeugungskapazitäten nicht verhindern.
Auf ein steigendes Potenzial für Repowering-Maßnahmen bei Projekten mit unterdurchschnittlichen Energieerträgen spekuliert dank des Wegfalls einer Nachweispflicht auf Modulebene Recks Kollege Gerald Wotruba, seines Zeichens CSO bei GME clean power. Dadurch können bereits erschlossene Flächen besser genutzt und die Leistung bestehender Anlagen innerhalb der gesetzlichen Möglichkeiten sogar erhöht werden.
Engpass bei großen Strangwechselrichtern
Einen Engpass sieht er nach wie vor bei großen Strangwechselrichtern, der sich vermutlich erst in der zweiten Jahreshälfte langsam auflösen wird. Darüber hinaus ist ein Fachkräftemangel zu beklagen, der sich insbesondere bei überregional tätigen EPC bemerkbar macht. In ganz Deutschland oder gar Europa herumreisende Installationstrupps, meist mit Monteuren aus Osteuropa, sind nur noch schwer zu finden. Die wenigen freien Kapazitäten müssen früh gesichert beziehungsweise für einen längeren Zeitraum im Voraus gebucht werden.
Hier muss dringend Abhilfe geschaffen werden, wenn wir bei der Energiewende nicht auf halber Strecke scheitern wollen, meint auch Florian Meyer-Delpho, CEO der installion GmbH. Er selbst ist Teil einer hochkarätigen Delegation aus Vertretern der Energiewirtschaft, die unlängst im Rahmen der Allianz für Transformation Bundeskanzler Olaf Scholz über den akuten Bedarf informierten und in Kooperation mit den beteiligten Ministerien und Verbänden Lösungsvorschläge für den akuten Fachkräftemangel erarbeiten sollen.
Immerhin ist das Problem der fehlenden Monteure und Elektriker für den schnellen Ausbau erneuerbarer Energien erkannt und im Rahmen einer Taskforce adressiert. Nun müssen ein ausreichendes Budget und eine geeignete Infrastruktur zur Verfügung gestellt, sowie Ausbildungsträger gefunden werden. Was in Deutschland in der akuten Notsituation mit Impfzentren oder Flüchtlingsauffangstationen in jüngster Zeit gut funktioniert hat, ließe sich bei entsprechendem politischen Willen sicherlich auch zur Eindämmung des Installateurmangels organisieren.
Branche blickt positiv in die Zukunft
Insgesamt zeichnen alle Befragten ein sehr positives Zukunftsbild für die Photovoltaikbranche. Insbesondere bei Kleinanlagen wird die hohe Nachfrage noch eine ganze Weile anhalten und allen Installationsbetrieben reichlich Arbeit bescheren. Die Zeit der Panikkäufe und ungeprüften Angebotsannahmen durch bauwillige Endkunden, wie wir sie im vergangenen Jahr vereinzelt gesehen haben, ist vermutlich vorbei. Bei den Errichtern wird wieder etwas mehr Konkurrenz das Geschäft beleben und transparenter machen, die Systempreise sich stabilisieren lassen. Aber auch bei mittleren bis großen Photovoltaikprojekten sehen die Branchenvertreter ein solides Wachstum, insbesondere bei förderfreien Anlagen. Bei vorausschauendem Komponenteneinkauf, solider Kalkulation und qualitätsbewusster Umsetzung dürfen sich Investoren über steigende Renditen und Gewerbebetriebe über eine dauerhafte Senkung der Energiekosten freuen.
Martin Schachinger ist studierter Elektroingenieur und seit über 20 Jahren im Bereich Photovoltaik und regenerative Energien aktiv. 2004 machte er sich selbständig und gründete die international bekannte Online-Handelsplattform pvXchange.com.