Solarexperte im Interview: "Wir können unsere Kunden beliefern"
Wie schätzen Sie das Modulgeschäft im abgelaufenen Jahr 2021 ein?
Jan Brunner: Rückblickend war es ein Jahr erheblicher Knappheiten, sowohl bei Modulen als auch bei den Stromspeichern. Im ersten Halbjahr war es unter anderem die Havarie im Suezkanal, die uns eine akute Unterversorgung bescherte. Die Zeiten sinkender Preise waren damit vorerst vorbei. Zudem stieg die Nachfrage der Märkte rasant an, das hat den Lieferengpass im Markt noch verstärkt.
Wie hat Krannich Solar als Solargroßhändler darauf reagiert?
Wir haben unsere Kunden ehrlich informiert. Zum Glück haben wir einige sehr zuverlässige Lieferanten. Wir haben mit unseren Kunden enge Gespräche geführt, sind dadurch mit ihnen gewachsen. Und konnten ihren Bedarf weitgehend decken, auch wenn das Alltagsgeschäft teilweise sehr herausfordernd war.
Im Sommer war der Markt völlig überhitzt, die Knappheit wirkte sich besonders aus. Wie lange hielt die Lieferkrise an?
Bis zum dritten Quartal. Da wurden die Auflagen wegen Corona gelockert und die Urlaubszeit begann. Für viele unserer Kunden war es Zeit, endlich mal rauszukommen. Wir hatten sehr mutig geplant und sind im Oktober noch mit großen Mengen im Gepäck zur Intersolar nach München gefahren. Doch die Ruhe währte nur kurz. Im vierten Quartal wurden wir förmlich überrannt. Die Auftragswelle schwappte heran, als China aufgrund der knappen Energie seine Produktionen drosselte. Bis Jahresende wurde alles verkauft, wieder zeichneten sich Engpässe ab. Es war der bis dahin höchste Auftragseingang unserer Firmengeschichte.
Welche Umsätze haben Sie 2021 erreicht?
Im Modul- und Wechselrichtergeschäft haben wir 2021 mehrere Gigawatt und bei den Stromspeichern mehrere Hundert Megawatt gehandelt. Daran erkennen Sie, dass wir unsere Kunden in wachsenden Märkten gut bedienen konnten, trotz der zeitweise hektischen Beschaffung.
Wie sind Sie ins Jahr 2022 gestartet?
Zwar hatten viele unserer Kunden schon im Herbst Bestellungen etwa bis zur Jahresmitte 2022 hinein platziert. Trotzdem war der Auftragseingang der ersten beiden Monate noch einmal viel stärker gewachsen als zu Beginn des Vorjahres. Höhere Preise werden eher akzeptiert, vor allem wenn die Ware verfügbar und die Lieferzeit verträglich ist. Dabei fällt es uns derzeit leichter, Solarmodule zu beschaffen als die gewünschte Menge an Speichersystemen und Hybridwechselrichtern.
Welche Marktsegmente haben sich besonders gut entwickelt?
Zunächst vor allem die privaten Anlagen. Hier treiben Speicher und Eigenverbrauch mittlerweile das Geschäft. Bei kommerziellen Dachanlagen gibt es aus unserer Sicht noch starken Nachholbedarf. Hier muss die Politik für einen stärkeren Zubau die bürokratischen Hürden senken und Vorschriften vereinfachen. Derzeit scheint der Schwerpunkt der Diskussionen leider nur auf Großanlagen zu liegen, aber wir brauchen weniger Hürden vor allem beim Eigenstrom der Unternehmen. Ich meine damit vor allem Anlagen bis ein Megawatt, beispielsweise für Peak-Shaving, dort machen auch Gewerbespeicher bereits ökonomisch Sinn.
Welche Module wurden besonders nachgefragt?
Vielen Installateuren fiel es zusehends schwer, in der wachsenden Vielfalt der Zellformate und Modulgrößen den Überblick zu behalten. 400 Watt waren eine wichtige psychologische Marke, denn leistungsstarke Glas-Folie-Module mit Wafern von 182 oder 210 Millimetern Größe wurden sehr stark nachgefragt. Die Differenzierung erfolgt in der Regel über den Preis. Die Installateure sind clever, sie achten sehr genau auf ein gutes Verhältnis von Preis und Leistung sowie Wirkungsgrad.
Welche Rolle spielten Glas-Glas-Module?
Wir merken eine steigende Nachfrage nach Glas-Glas-Modulen, ebenfalls nach Full Black und nach Ware aus Europa. Krannich hat mittlerweile drei europäische Modulhersteller im Portfolio, weil wir kurze Lieferwege und regionale Wertschöpfung fördern möchten. Die Heterojunction-Technologie und die Topcon-Technologie der asiatischen Hersteller liefern sich derzeit ein spannendes Rennen um höchste Modulleistungen, auch bei bifazialen Modulen. Ich bin gespannt, wohin die Reise geht.
Wird Krannich Solar seine Einkaufsbasis verbreitern, um die Wünsche nach mehr europäischen Modulen zu erfüllen?
Ich denke, wir werden demnächst auf vier bis fünf starke Modulmarken in unserem Portfolio kommen. Viele Installateure arbeiten mittlerweile bei Modulen mit mehreren Marken, um sich breiter aufzustellen und der Nachfrage nach europäischen Produkten seitens der Endkunden gerecht zu werden. Das ist ein gutes Zeichen für die Entwicklung unserer Branche.
Welche Märkte sind derzeit besonders spannend?
Die DACH-Region innerhalb Europas war einer unserer stärksten Wachstumstreiber und wird es 2022 sicher bleiben. Bei Solarmodulen spielen internationale Märkte wie Indien, Australien oder die USA eine wichtige Rolle. Märkte, die unterschiedlicher nicht sein könnten.
Und bei Stromspeichern?
Bisher war der Markt wesentlich durch Deutschland, Österreich, Spanien und Italien getrieben. Jetzt kommen Länder wie Belgien, Polen und Ungarn dazu. Überall dort, wo es weniger politische und regulatorische Hürden gibt und andererseits die Energiepreise steigen, wächst die Nachfrage nach Photovoltaikanlagen mit Speichern. Der Meinungsumschwung ist erfolgt und wird sich nicht so schnell wieder zurückdrehen. Die Situation in der Ukraine verstärkt diesen Trend sogar noch.
Ist Krannich Solar lieferfähig?
Bei Solarmodulen können wir sofort liefern. Speicher brauchen – wie überall – einen gewissen Vorlauf von ein oder zwei Quartalen. Wohlgemerkt, wenn es um den Wunschspeicher geht, um die bevorzugte Marke der Wahl. Andere Speichersysteme hingegen lassen sich schneller beschaffen. Deshalb sind die Installateure gut beraten, flexibel zu bleiben und ihren Einkauf zu diversifizieren.
Und wie könnten sich die Modulpreise in diesem Jahr entwickeln?
Derzeit sind die Preise für Module relativ stabil, auch nach dem chinesischen Neujahr. Die Frachtkosten schwanken nach wie vor. Zudem bleiben die Kapazitäten für Seefracht und auch für den innereuropäischen Transport angespannt. Rohstoffe sind teuer, sehr teuer. Zum Beispiel Aluminium ist auf einem Allzeithoch, und sicher wird sich diese Situation kurzfristig nicht ändern. So bleiben Prognosen zu den Preisen weiterhin sehr vage.
Von einer Krise zur nächsten, so bahnt sich die solare Energiewende seit Jahrzehnten ihren Weg. Glauben Sie, dass die Engpässe und die hohen Preise zum Jahresende 2022 abflauen?
Viel wird von der Situation in der Ukraine und ihren Auswirkungen abhängen. Viel auch von der Frage, ob es in China neuerliche Coronamaßnahmen und daraus resultierend Einschränkungen für den Welthandel und damit auch für die Solarindustrie geben wird. Sorgen macht mir zudem der globale Mangel an Chips und Halbleitern. Dass die Module auf das charmante Preisniveau von 2019 zurückkehren, erwarte ich, ehrlich gesagt, frühestens 2023. Die gute Nachricht ist aber, dass die Nachfrage nach Solarmodulen und Stromspeichern global stark anzieht. Dafür die Komponenten zu beschaffen, ist unser tägliches Geschäft. Wir haben es 2021 gemeistert und werden auch 2022 wieder erfolgreich sein. Darauf können sich unsere Kunden und alle Neu- und Wiedereinsteiger in die Photovoltaikbranche verlassen.
Mehr Infos unter: https://krannich-solar.com/de-de/
Jan Brunner ist Chief Sales Officer von Krannich Solar. Der diplomierte Betriebswirt baute von 2007 bis 2010 die spanische Niederlassung von Krannich auf. Danach war er drei Jahre lang im Vertrieb für Deutschland tätig, 2013 übernahm er die Vertriebsleitung für den deutschen Markt. Seit 2019 ist er Chief Sales Officer von Krannich Solar.
Das Interview von Heiko Schwarzburger erschien zuerst in der Fachzeitschrift photovoltaik 03/2022.