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Kompetenzzentrum für Altmodule: Im Gespräch über Chancen und Herausforderungen

Reiling hat 2023 mit dem Recycling von Altmodulen im industriellen ­Maßstab begonnen. Warum?

Tom Reiling: Wir haben begonnen, weil es bislang kein anderer macht, von einigen Start-ups abgesehen. In wirklich großem Maßstab sind wir bislang allein. Wir finden das Thema sehr interessant und sind damit schon seit Jahren konfrontiert. Deshalb haben wir entschieden, das zu machen und das Kompetenzzentrum in Münster zu etablieren.

Malte Fislake: Bisher gab es nur kleine Pilotanlagen. Reiling hat eine eigene Anlage aufgebaut, die bis zu 50.000 Tonnen im Jahr verwerten kann.

Warum hat es so lange gedauert, bis endlich ein erfahrenes Unternehmen ins Recycling eingestiegen ist?

Tom Reiling: Viele Start-ups unterschätzen, welche Herausforderungen der Alltag in der Verwertung mit sich bringt. Die angelieferten Ströme sind nicht definiert. Eben kam ein Lkw mit Sturmschaden auf den Hof, da liegen die Altmodule nicht fein säuberlich auf der Palette. Jeder Tag auf unserem Hof bringt neue Fragen und Herausforderungen.

Malte Fislake: Altmodul ist nicht gleich Altmodul. Es gibt unzählige Modultypen, allein die eingesetzten Folien sind kaum überschaubar. Das muss man bewältigen, dazu braucht man viel Erfahrung. Die Forschungsabteilung von Reiling in Marienfeld befasste sich bereits 2005 oder 2006 mit dem Recycling von Fertigungsabfällen aus den Modulfabriken von Solarworld und Avancis.

Malte Fislake (links) leitet das Werk für Modulrecycling in Münster. Tom Reiling (rechts) ist Geschäftsführer von Reiling PV-Recycling.

Wie viele Tonnen haben Sie bereits in der Anlage in Münster verwertet?

Tom Reiling: 2023 waren es etwa 8.000 Tonnen. Damals haben wir die Altmodule auch an unseren Standorten in Torgau oder Osterweddingen verwertet. Seit diesem Jahr konzentrieren wir das Recycling hier in Münster. Bis Jahresende könnten wir zwischen 10.000 und 12.000 Tonnen erreichen.

Malte Fislake: Als wir 2023 in Münster begannen, sind wir im Zwei-Schicht-­Betrieb gestartet. Im Oktober 2024 haben wir aufgrund einer Anlieferspitze kurzzeitig in drei Schichten gearbeitet, mit einem Dutzend Mitarbeitern. Ich gehe davon aus, dass die Mengen in den nächsten Jahren deutlich ansteigen.

Wie viele Tonnen erwarten Sie 2025 und in folgenden Jahren?

Tom Reiling: Ehrlich gesagt, haben wir uns davon verabschiedet, Mengen zu prognostizieren. Verschiedene Studien prophezeien bis zu vier Millionen Tonnen bis 2050, allein in Deutschland. Das wird sicher nicht im nächsten Jahr kommen. Aber klar ist, dass deutlich mehr Altmodule in die Verwertung gelangen, mit jedem weiteren Jahr.

Malte Fislake: In diesem Jahr kamen mehr Module aufgrund der Probleme mit den Rückseitenfolien. 2025 dürften es mehr werden, dann sicher deutlich mehr ab 2026.

Also könnten Sie in einigen Jahren an die Grenzen der Anlage geraten?

Tom Reiling: Langfristig wollen wir uns in ganz Europa mit unserem ­Recyclingprozess etablieren. Bevor wir neue Standorte eröffnen, müssen wir zunächst den Prozess optimieren. Wir müssen die Recyclingquote bei den Materialien erhöhen, auch beim Glas. Die Verwertung der Kabel und Metalle ist bereits sehr gut. Knackpunkte sind Silizium und Silber, um die Ausbeute zu erhöhen.

Malte Fislake: Im Mai 2024 haben wir größere Erweiterungen vorgenommen, um die Glasqualität zu verbessern. Das ist uns erfolgreich gelungen. Wir testen unser recyceltes PV-Glas gerade in hochwertigen Anwendungen und sind optimistisch. Wir haben auch damit begonnen, das Silber aus der Metallisierung der Zellen zurückzugewinnen. Das ist ein chemischer Prozess, das ist rein ­mechanisch kaum zu schaffen.

Bisher setzen Sie auf mechanische Trennung?

Malte Fislake: Die Altmodule gehen in den Shredder, um die enthaltenen ­Materialien freizulegen. Danach kommen sie in einen mehrstufigen Prozess, wo sie weiter aufgeschlossen, gesiebt und sortiert werden. Das machen wir mit verschiedenen Verfahren. Für eine chemische Fabrik haben wir in Münster ­bislang keine Betriebserlaubnis.

Tom Reiling: Die Solarmodule kommen derzeit vor allem aus Bayern, ­Ostdeutschland und Italien. Um die Transportwege und damit die Kosten zu reduzieren, wollen wir die mechanische Verwertung auf unsere anderen Standorte ausweiten. Chemische Prozesse befinden sich derzeit noch in der Entwicklung, das ist noch nicht massentauglich.

Gewinnen Sie auch das Silizium zurück?

Malte Fislake: Gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut für kristalline ­Photovoltaik (CSP) in Halle haben wir einen Prozess entwickelt, um das Silizium möglichst fein zu gewinnen. Diesen haben wir im Mai 2024 im ­industriellen Maßstab umgesetzt und optimieren den Prozess stetig. Einen neuen ­Wafer ­könnte man damit noch nicht herstellen. Aber der Energiebedarf bei der ­Schmelze von neuem Silizium lässt sich deutlich drücken. Wir sind im Gespräch mit Herstellern von Solarsilizium, um die Verwertung zu verbessern.

Was bringt denn wirklich Geld?

Malte Fislake: Wert bringen vor allem Kupfer, Aluminium und Silber, wenn man es sauber trennen kann. Glas bringt leider wenig ein, zumal die Glasindustrie derzeit schwächelt. Aber ohne qualitativ hochwertiges Glasrecycling wird man ein Problem bekommen. Immerhin macht das Glas rund drei Viertel des Modulgewichts aus, bei Glas-Glas-Modulen sogar noch mehr.

Tom Reiling: Den Prozess des Schredderns, des Sortierens und der Rückgewinnung der verschiedenen Materialien haben wir selbst entwickelt, auch die Maschinen selber gebaut. Das ist ein ausgeklügelter Prozess. Meist wird unterschätzt, welchen Aufwand man betreiben muss, um die Wertstoffe sauber zu sortieren und zu trennen.

Welche Kunden liefern Ihnen die Altmodule?

Malte Fislake: Größere Kunden sind Betreiber von Solarparks, Projektierer oder Wartungsfirmen. Sie kommen direkt auf uns zu, suchen den direkten Kontakt. Privatleute geben ihre Altmodule kostenfrei über die kommunalen Wertstoffhöfe ab. Über verschiedene Sammelsysteme wie zum Beispiel PV Cycle als Logistikpartner kommen die Module dann zu uns. Der Rücklauf aus privaten Haushalten ist deutlich gestiegen.

Welche Kosten entstehen für Ihre Kunden durch das Recycling?

Malte Fislake: Für private Altmodule übernehmen die Hersteller die Kosten, denn sie zahlen an die Stiftung EAR, das Elektro-Altgeräte-Register. Gewerbliche Kunden müssen die Anlieferung selber zahlen. Die Kosten für den Transport richten sich nach Aufwand und Entfernung zum Betriebshof in Münster. Kunden aus Bayern oder dem Osten müssen mehr zahlen als Kunden in unserer Nähe. Pro Solarmodul muss man zudem zwischen 1,50 Euro und zwei Euro für das Recycling rechnen. Das hängt davon ab, um welche Module es sich handelt.

Recyceln Sie auch Dünnschichtmodule?

Malte Fislake: Bei Anfragen von Kunden versuchen wir zunächst herauszufinden, um welche Arten von Solarmodulen es sich handelt. Module mit Cadmiumtellurid oder CIS dürfen wir nicht annehmen, denn Cadmium oder Selen in den CIS-Modulen gelten als Gefahrstoffe. Dünnschichtmodule mit amorphem Silizium sind unbedenklich, der Aufbau ähnelt sehr einem Verbundsicherheitsglas. Der Prozess für Silizium-Dickschicht ist verschieden, also trennen wir diese beiden Kategorien vor der Verwertung. Dünnschicht hat oft auch andere Folien, zum Beispiel PVB. Module mit Waferzellen haben meist EVA-Folien im Laminat.

Das Gespräch führte Heiko Schwarzburger von der Fachzeitschrift photovoltaik.

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