Ersatzziegel mit Dachhaken: Sichere und einfache PV-Montage
Der Ausbau der Photovoltaik wird in Deutschland immer noch vor allem von den Besitzern von Einfamilienhäusern getrieben. Die Montage von Photovoltaikanlagen auf Schrägdächern ist inzwischen das Alltagsgeschäft der Solarteure. Täglich nehmen sie Dachziegel ab, bearbeiten sie so, dass die Dachhaken zur Montage der Photovoltaikanlagen gut darum passen, und setzen sie wieder ein – natürlich erst, nachdem sie die Dachhaken angeschraubt haben.
Das ist viel Arbeit, produziert jede Menge Staub und kann obendrein noch unangenehme Folgen haben. Der Zentralverband des Deutschen Dachdeckerhandwerks (ZVDH) registriert immer wieder Feuchteschäden nach der Installation einer Solaranlage. „Zudem soll eine neue Norm für das Dachdeckerhandwerk dafür sorgen, dass das Bearbeiten von Dachziegeln unter bestimmten Bedingungen nicht mehr erlaubt ist“, weiß Thomas Bartsch, Leiter des Produktmanagements bei IBC Solar.
Bis 35 Grad nicht mehr flexen
Tatsächlich arbeitet das Deutsche Institut für Normung (DIN) gerade an einer neuen Vorgabe. Die DIN 18199 soll in Zukunft die „Photovoltaik-Montagesysteme auf Dächern mit Abdichtung“ regeln. Hier soll die Dichtigkeit des Daches stärker berücksichtigt werden. Das Bearbeiten der Ziegel soll nur möglich sein, wenn zusätzliche Maßnahmen zur Dachabdichtung erfolgen. Die Solarteure müssen die Regelungen aus dem Merkblatt „Solartechnik für Dach und Wand“ des Zentralverbands des Deutschen Dachdeckerhandwerks beachten. Das betrifft vor allem Dächer mit einer Neigung von bis zu 35 Grad. Hier hat das Flexen ein Ende.
Doch damit sind diese Dächer längst nicht tabu für den Bau einer Solaranlage. Denn es gibt schon entsprechende Lösungen. „Mit dem Mammut Form S+ sind wir für die aufkommende Norm gewappnet“, sagt Thomas Bartsch. Das ist ein Dachersatzziegel aus Blech mit integriertem Dachhaken, den IBC Solar als ganz neue Lösung im Sortiment der Montagesysteme des Anbieters aus dem fränkischen Bad Staffelstein auf der diesjährigen Intersolar vorgestellt hat.
Für die Montage wird der ursprünglich verlegte Dachziegel an der Stelle entnommen, wo ein Dachhaken für die Solaranlage gesetzt werden soll. Danach schraubt der Handwerker ein Metallblech auf die Lattung, hängt den Blechersatzziegel einfach wie einen normalen Dachziegel ein und fixiert ihn mit vier Schrauben an dem vorher installierten Metallblech.
Kosten wieder einspielen
IBC Solar hat den Blechersatzziegel inzwischen in mehr als 70 Varianten und diese wiederum in jeweils fünf Farben im Portfolio. „Wir fahren jetzt die Produktion der Mammut Form S+ hoch, sodass wir ausreichend Kapazität erreichen, wenn die Norm in Kraft treten sollte“, sagt Thomas Bartsch. Da der Ersatzziegel schon mit integriertem Dachhaken geliefert wird, erspart der Monteur sich nicht nur das Flexen der ursprünglichen Dachziegel, sondern auch die zusätzliche Befestigung eines separaten Dachhakens. Dadurch kann er den etwas höheren Preis für den Blechersatzziegel problemlos wieder einspielen.
Von Zeitersparnis mit einem Blechersatzziegel geht auch Christian Ganahl aus. Er ist technischer Geschäftsführer des österreichischen Herstellers Aerocompact. Das Unternehmen aus Satteins in Vorarlberg hat auf der Intersolar den XM-F Reptile vorgestellt. Das ist eine Blechplatte, die den eigentlichen Dachziegel ersetzt, kombiniert mit einem speziellen Dachhaken, der jede Menge Vorteile bringt. „Typischerweise installieren zwei bis drei Mitarbeiter eine Photovoltaikanlage auf einem Einfamilienhausdach an einem Tag. Der XM-F Reptile zielt darauf ab, dass die Installationsgeschwindigkeit so weit steigt, dass ein Mitarbeiter eingespart werden kann“, erklärt Christian Ganahl.
Mit Blick auf den Fachkräftemangel im Solarhandwerk ist das ein perfekter Ansatz. Natürlich wird niemand allein eine Anlage montieren. Schließlich sind bei Arbeiten auf dem Dach aus Sicherheitsgründen immer mindestens zwei Handwerker vorgeschrieben. Doch in diesem Falle werden die Anlagen dennoch schneller montiert, was die Zubaugeschwindigkeit insgesamt erhöhen kann. Denn das aufwendige Flexen des Dachziegels fällt auch bei der Lösung von Aerocompact weg.
Abdeckplatte ist formbar
Zur Installation entfernt der Handwerker zunächst die Dachziegel an der Stelle, wo die Solaranlage an die Dachkonstruktion angebunden werden soll. Danach schraubt er die Grundplatte des Dachhakens auf den Sparren. Das ist ein C-Profil, das mit vielen Löchern versehen ist, sodass es der Monteur mittig auf den Sparren schrauben kann. Die Seiten des C-Profils sind mit Nuten versehen. In diese schiebt der Handwerker den Schlitten ein. Dies ist ein Profilteil, das an der Oberseite mit zwei Schraubdomen versehen ist.
Den Schlitten schiebt der Monteur an die Stelle, wo der Dachhaken später sitzen muss. Im Anschluss legt er die Blechplatte , die sogenannte Abdeckplatte, auf diese Stelle. Die Abdeckplatte ist formbar und der Monteur drückt sie einfach seitlich und am unteren Ende an die benachbarten Dachziegel. Dadurch ist die Dichtigkeit der Dachhaut gewährleistet, da das von der First- zur Traufseite ablaufende Wasser über die Abdeckplatte nach unten strömt.
Dicht verschraubt
Der Handwerker drück die Abdeckplatte aber auch über den Schraubdomen des daruntersitzenden Schlittens, sodass diese durch das Blech dringen. Danach setzt er den eigentlichen Dachhaken auf die Abdeckplatte. Dieser hat an der Unterseite eine Dichtung aus EPDM und den Gegenkegel zum Schraubdom. Durch diesen Gegenkegel zieht er mit zwei Schrauben den Dachhaken einfach fest. „So formt sich nach der Montage eine Labyrinthdichtung, die die Dichtigkeit des Daches mit 100-prozentiger Sicherheit herstellt“, erklärt Christian Ganahl.
Doch das ist nicht der einzige Vorteil. „Denn einerseits kann der Handwerker die Position des Dachhakens frei wählen und dadurch immer auf dem Sparren montieren“, betont Ganahl. „Andererseits trägt der Dachhaken nicht mehr nur wie sonst üblich zwei Kilonewton, sondern sechs Kilonewton.“
Die Belastbarkeit des Dachhakens steigt so von 200 auf 600 Kilogramm, da die Kräfte senkrecht in den Dachhaken und in den Sparren eingebracht werden. Denn durch die Konstruktion entfällt die bei normalen Dachhaken übliche Biegung, sodass er um den Dachziegel herumgeführt werden kann. Dies macht ihn um den Faktor drei stabiler als herkömmliche Dachhaken.
Dadurch werden nicht nur Anlagen auch bei höheren Schneelasten möglich. „In Kombination mit einer stärkeren Montageschiene kann sich der Handwerker die Montage jedes zweiten Dachhakens sparen, den man sonst anbringen müsste“, sagt Christian Ganahl. „Dadurch sind weniger Dachhaken für die gesamte Anlage notwendig. Weniger Komponenten zu verwenden spart nicht nur Material, sondern der Handwerker ist auch schneller bei der Installation.“ Aerocompact hat die Abdeckplatten in drei verschiedenen Farben im Sortiment: Rot, Anthrazit und Braun.
Last direkt in die Dachkonstruktion einleiten
Die Lösung eines Dachhakens mit einer flexiblen Abdeckplatte als Dachersatzziegel hat SL Rack mit der Alpha Platte schon länger im Sortiment. „Durch diesen universellen Dachersatzziegel mit integriertem Dachhaken erreichen wir eine Auflast von maximal 1,5 Tonnen. Das ist Faktor 15 im Vergleich zum konventionellen Alu- oder Stahldachhaken. Denn die Last wird ohne Kragarm direkt in die Dachkonstruktion eingeleitet“, beschreibt Florian Achatz, Vertriebsleiter von SL Rack, den Vorteil. „Dadurch können wir alle Schneelastzonen von den Alpen bis hin zum Flachland abdecken.“
Nagelneu ist bei SL Rack die Beta Platte. Dies ist eine Kombination aus der universellen Blechabdeckung, wie sie von der Alpha Platte schon bekannt ist. Sie wird einfach an die Stelle eingelegt, wo einst der Dachziegel lag, und an der Unterkante so festgedrückt, dass sie gut auf dem Ziegel darunter aufliegt. Seitlich wird sie von den benachbarten Ziegeln überlappt. Die Abdeckplatte ist begehbar, sodass der Handwerker bei der Installation auch darauftreten kann.
Dachhaken dreidimensional verstellen
Doch anders als bei der Alpha Platte ist der Dachhaken nicht integriert. Vielmehr nutzt der Handwerker hier den universellen Dachhaken von SL Rack. Diesen gibt es in drei Größen, sodass er an die Länge der Dachziegel gut angepasst werden kann. Selbst extreme Ziegelüberlappungen kann SL Rack damit abdecken.
Außerdem ist der Dachhaken dreidimensional verstellbar. Dazu besteht er eigentlich aus drei Teilen. Zunächst schraubt der Handwerker eine Grundplatte auf den Sparren. Auf dieser sind leicht schräg zwei übereinanderliegende Platten angebracht, die wiederum mit jeweils fünf Nuten versehen sind. In diese Nuten hängt der Monteur den eigentlichen Dachhaken ein. Je nachdem, welche der Nuten er wählt, kann er die Höhe des Dachhakens bestimmen. Außerdem kann er ihn seitlich über die gesamte Breite der Grundplatte vollkommen frei platzieren.
Nur ein Werkzeug notwendig
Am oberen Ende des Dachhakens ist die Anbindung der Montageschiene schon angebracht. Diese greift jedoch auch in Nuten, die in das obere Ende des Hakens eingefräst sind. Dadurch kann der Handwerker den Abstand der Solaranlage vom Dach feinjustieren und Unebenheiten ausgleichen. „Die Klemmung ist sehr einfach mit dem Akkuschrauber und Torx 14 zu befestigen, dem einzigen Werkzeug, das der Handwerker für alle unsere Dachsysteme benötigt“, erklärt Florian Achatz.
Zusätzlich hat SL Rack aber auch einen speziellen Ersatzziegel für Biberschwanzeindeckungen im Portfolio. „Das sind optisch ansprechende Dächer, steil, schwer zu montieren und immer wieder begleitet von Ziegelbrüchen bei der Installation der Solaranlage“, begründet Achatz die Notwendigkeit einer speziellen Lösung dafür.
Diese besteht aus einem formbaren Ersatzziegel, der sich gut an die benachbarten Ziegel anpassen lässt, und einem speziellen langen Dachhaken, der direkt an die Lattung geschraubt wird. Der Dachhaken liegt dabei sehr flach über dem Ersatzziegel. „Der Haken darf auf den Ersatzziegel drücken, denn die Lasten sind abgekoppelt. Damit beugen wir einem eventuellen Ziegelbruch und so auch eindringender Nässe vor“, betont Florian Achatz.
Biberschwanz von Schletter
Eine ähnliche Lösung hat auch Schletter im Angebot. Allerdings ist der Ersatzziegel hier nicht formbar, sondern fest. Schletter bietet den Blechersatz in drei Größen an. Zwei der Ersatzziegel sind jeweils 380 Millimeter lang. Diese unterscheiden sich in der Breite von 170 beziehungsweise 180 Millimetern. Der dritte hat eine Dimension von 190 mal 400 Millimetern.
Zur Montage entnimmt der Handwerker den zu ersetzenden Ziegel. Danach schraubt er eine Laststütze zwischen Dachlatte und Dachziegel am Sparren oder an einer Konterlatte fest. Diese sorgt dafür, dass der sehr flache Dachhaken zwar auf den Ersatzziegel, aber nicht auf die darunterliegenden Ziegel drücken kann. Den Dachhaken hängt der Monteur an der Oberkante des Ersatzziegels ein und schraubt ihn an diesem fest. Dadurch kann auch Schletter ästhetisch ansprechende Anbindungen der Solaranlage an das Biberschwanzdach bewerkstelligen, ohne dass Ziegel brechen oder bearbeitet werden müssen.