Betrieb, Inspektion und Wartung von Entwässerungsanlagen
Zur Gewährleistung einer dauerhaft einwandfreien Funktion von Entwässerungsanlagen müssen regelmäßige Inspektionen und Wartungen durchgeführt werden. Wie, von wem und in welchen Zeitspannen diese erfolgen sollen, beschreibt die DIN 1986-3. Die Norm aus dem Jahr 2004 wurde mittlerweile überarbeitet und aktualisiert, der entsprechende Entwurf ist im Oktober 2023 erschienen. Die darin enthaltenen Inhalte und Änderungen erläutert Bernd Ishorst.
Der Entwurf der DIN 1986, Teil 3, gilt für den Betrieb, die Inspektion und die Wartung von Entwässerungsanlagen für Gebäude und Grundstücke. Das Dokument wurde vom Arbeitsausschuss NA 119-05-02 AA „Entwässerungsanlagen für Gebäude und Grundstücke“ erarbeitet. Die Norm dient als Hilfestellung für Eigentümer und Nutzungsberechtigte, damit die Grundstücksentwässerungsanlage bestimmungsgemäß betrieben und gewartet wird, um die öffentlich-rechtlichen Vorschriften und allgemein anerkannten Regeln der Technik (a. a. R. d. T.) einzuhalten.
Änderungen zu DIN 1986-3, 2004
Gegenüber der DIN 1986-3, Ausgabe November 2004, wurden folgende Änderungen vorgenommen:
a) Die Norm wurde redaktionell überarbeitet.
b) Tabelle 1 und Tabelle A.1 der DIN 1986-3, Ausgabe November 2004, wurden im Entwurf zu einer Tabelle 1 zusammengefasst und dabei neu strukturiert, gegliedert und an den Stand der Technik angepasst.
c) Die Angaben zu Wartungsintervallen in Tabelle 1 wurden aktualisiert.
Anforderungen an Entwässerungsanlagen
Gemäß Abschnitt 4.2 des Entwurfs müssen der Betrieb und die Wartung der Entwässerungsanlage sicherstellen, dass die in der Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MVV TB) und in den Verwaltungsvorschriften Technische Baubestimmungen der Bundesländer (VV TB) sowie die in den geltenden Entwässerungsnormen enthaltenen Anforderungen erfüllt werden. Dazu gehören zum Beispiel:
- verstopfungsfreier Betrieb
- Begrenzung der Überlastungs- und Überflutungshäufigkeiten auf die bei Planung und Ausführung ausgelegten Werte
- Schutz von Gesundheit und Leben der Öffentlichkeit sowie Sicherheit der Benutzer und der Personen, die sich in Gebäuden und auf Grundstücken aufhalten
- Sicherstellung des Boden- und Gewässerschutzes
- Erreichung der vorgesehenen Nutzungsdauer und Erhaltung des baulichen Bestandes
- Dichtheit der Abwasserleitungen nach den Prüfanforderungen.
Durch den bestimmungsgemäßen Betrieb und die Wartung werden insbesondere folgende Ziele verfolgt:
- die ständige Betriebsbereitschaft und -fähigkeit der Entwässerungsanlage im Rahmen der gestellten normativen Anforderungen
- der umweltverträgliche und wirtschaftliche Betrieb der Entwässerungsanlage
- die Sicherstellung, dass bei Ausfall eines Anlagenteils die Betriebsfähigkeit anderer Teile so weit wie möglich nicht beeinträchtigt wird.
Bei der Planung und Ausführung müssen die Anforderungen, die sich aus dem Betrieb und der Instandhaltung der Entwässerungsanlage ergeben, berücksichtigt werden.
Benutzung von Entwässerungsanlagen
Nach Abschnitt 5 des Entwurfs ist bei der Benutzung der Entwässerungsanlage sicherzustellen, dass in die Ablaufstellen nur die bestimmungsgemäß vorgesehenen Abwässer, wie häusliches, gewerbliches und industrielles Schmutzwasser oder Niederschlagswasser, eingeleitet werden.
In den Abschnitten 5.2.2 bis 5.2.4 werden die Abwasserarten häusliches Abwasser, Regenwasser und industrielles Abwasser (nach DIN 1986-100) definiert. Eine detaillierte Aufzählung von schädlichen Stoffen, die dementsprechend nicht in die Ablaufstellen eingeleitet oder eingebracht werden dürfen, beinhaltet Abschnitt 5.3.1.
Betrieb von Entwässerungsanlagen
Im Abschnitt 6 des Entwurfs wird darauf hingewiesen, dass Grundstücksentwässerungsanlagen nach § 60 (1) des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) zu errichten, zu betreiben und zu unterhalten sind. Abwasserbehandlungsanlagen, die unter den Anwendungsbereich von § 60 (3) des WHG fallen – im Sinne von § 60 (3) Satz 1 Nummer 2 und 3 – müssen nach dem Stand der Technik, alle anderen Abwasseranlagen mindestens nach den a. a. R. d. T. errichtet, betrieben und unterhalten werden. Auf die Einhaltung der gesetzlichen Verpflichtungen nach dem WHG wird hingewiesen:
- § 61 Selbstüberwachung bei Abwassereinleitungen und Abwasseranlagen und
- § 62 Anforderungen an den Umgang mit wassergefährdenden Stoffen.
Inbetriebnahme einer Entwässerungsanlage
Gemäß Abschnitt 7 sind dem Eigentümer durch den Anlagenersteller einer Entwässerungsanlage (SHK-Fachbetrieb) ein Bestandsplan, ein Dichtheitsnachweis nach DIN EN 1610 sowie die Bedienungs- und Wartungsanleitungen zu übergeben (siehe beispielsweise Betriebsanleitung „Entwässerungsanlagen“ des ZVSHK, zu beziehen unter: www.zvshk.de/onlineshop).
Der Eigentümer muss zur Erfüllung seiner Obliegenheiten und Sorgfaltspflichten in die Bedienung der Entwässerungsanlage eingewiesen und mit ihrer Betriebsweise vertraut gemacht werden (siehe hierzu DIN EN 12056-5). Im Besonderen muss auf Anlagenteile hingewiesen werden, bei denen die dauerhafte Funktion nur sichergestellt ist, wenn regelmäßige Inspektionen und Wartungen durchgeführt werden. Hierzu gehören zum Beispiel Rückstauverschlüsse, Abscheideranlagen oder Dach- und Notabläufe.
Für Anlagenteile, die einer Erstinspektion unterzogen werden müssen, wie beispielsweise Abscheideranlagen für Fette, muss ein entsprechender Nachweis vorgelegt werden. Des Weiteren gilt es, ein Inbetriebnahme- und Einweisungsprotokoll anzufertigen. Ein entsprechendes Muster befindet sich im Anhang A des Normentwurfs.
Inspektion und Wartung
Die Inspektion und Wartung im Abschnitt 8 sind nach DIN EN 13306 ein Teilaspekt der präventiven Instandhaltung, die nach DIN 31051 die Begrifflichkeiten Inspektion, Wartung, Instandsetzung und Verbesserung umfasst.
Die Inspektion dient der Feststellung und Beurteilung des Ist-Zustandes einer Betrachtungseinheit einschließlich der Bestimmung der Ursachen der Abnutzung und der Festlegung der notwendigen Konsequenzen für eine künftige Nutzung.
Durch die regelmäßige Wartung wird eine Verzögerung des Abbaus des vorhandenen Abnutzungsvorrats (Restlebensdauer) erreicht.Die Instandsetzung als Folge der Prüfergebnisse aus Wartung und Inspektion dient der Rückführung in den funktionsfähigen Zustand, mit Ausnahme von Verbesserungen.Maßnahmen zur Verbesserung von Entwässerungsanlagen gehen über den Anwendungsbereich dieser Norm hinaus. Zusätzliche Maßnahmen können in den jeweiligen Fachnormen gefordert werden.
Anforderungen an die Ausführenden der Wartung
Nach Abschnitt 8.2 müssen die Arbeiten durch qualifizierte Personen durchgeführt werden. Je nach Art der Tätigkeit und dem Anlagentyp wird in Sachkundige, Fachkundige und eingewiesene Personen unterschieden.
Sachkundige: Als „sachkundig“ werden gemäß Abschnitt 8.2.1 Personen des Betreibers oder beauftragter Dritter angesehen, die aufgrund ihrer Ausbildung, ihrer Kenntnisse sowie der aus ihrer praktischen Tätigkeit gewonnenen Erfahrungen sicherstellen, dass sie Bewertungen oder Prüfungen im jeweiligen Sachgebiet sachgerecht durchführen können.
Eine sachkundige Person kann die Sachkunde für bestimmte Inspektions- und Funktionsprüfungen sowie Kontrollen von zum Beispiel Abscheideranlagen oder Rückstausicherungsanlagen bei entsprechenden Lehrgängen erwerben.
Fachkundige: Nach Abschnitt 8.2.2 sind „fachkundige Personen“ Mitarbeiter betreiberunabhängiger Betriebe, Sachverständige oder sonstige Institutionen, die nachweislich über die erforderlichen Fachkenntnisse für Betrieb, Wartung und Überprüfung im hier genannten Umfang sowie die gerätetechnische Ausstattung zur Prüfung der Abwasseranlage verfügen.
Eingewiesene Personen: Inspektionen dürfen gemäß Abschnitt 8.2.3 des Normenentwurfs von eingewiesenen Personen des Betreibers vorgenommen werden. Voraussetzung ist, dass diese Person vom Fachpersonal des ausführenden Fachbetriebes der Anlage entsprechend an der eigenen Anlage eingewiesen wurde.
Anforderungen an Inspektion und Wartung
Nach Abschnitt 8.3 müssen zum Funktionserhalt einer Entwässerungsanlage an allen Anlagenteilen ausreichend Inspektionen und Wartungen durchgeführt werden.
In der Tabelle 1 sind die erforderlichen Inspektionen, Wartungen, Maßnahmen und Zeitspannen für die wesentlichen 30 Entwässerungsbauteile bzw. Entwässerungsanlagen aufgeführt. Diese sind in der Tabelle zur besseren Übersichtlichkeit in fünf Kategorien gegliedert:
A.1 bis A.7 - Entwässerungsgegenstände
B.1 bis B.9 - Leitungen und Zubehör
C.1 bis C.2 - Rückstausicherung
D.1 bis D.8 - Abwassersammlung und -behandlung
E.1 bis E.4 - Weitere Entwässerungsanlagen.
Die Anforderungen gelten als erfüllt, wenn die Maßnahmen nach Tabelle 1 durchgeführt werden. Die genannten Zeitabstände sowie die auszuführenden Arbeiten stellen nur Mindestanforderungen dar. Hersteller dürfen darüber hinaus zusätzliche Maßnahmen fordern, wenn diese nachweislich zur sicheren Funktion der Entwässerungsanlage erforderlich sind.
Zugänglichkeit von Anlagenteilen
Nach Abschnitt 8.4 muss die Zugänglichkeit zu Anlagenteilen, die selbst der regelmäßigen Wartung bedürfen (etwa Rückstauverschlüsse, Abwasserhebeanlagen, Abscheider) oder die für eine Wartung erforderlich sind (Schächte, Reinigungsverschlüsse usw.), jederzeit sichergestellt sein. Alle Bedienungselemente (zum Beispiel Schieber) müssen problemlos zu betätigen sein. Wenn erforderlich, muss eine freie Zufahrt ermöglicht werden.
Wartungsvertrag
Im Abschnitt 10 des Entwurfs wird den Anlagenbesitzern empfohlen, für die regelmäßig durchzuführenden Wartungsarbeiten einen Vertrag mit einem SHK-Fachbetrieb abzuschließen. Vorlagen für Wartungsverträge können zum Beispiel im Onlineshop des ZVSHK bezogen werden (unter: www.zvshk.de/onlineshop). Eventuelle zusätzliche Herstellervorgaben sind entsprechend zu berücksichtigen.
Versicherungsrechtliche Aspekte
Insbesondere in den Bereichen Rückstausicherung und Regenentwässerung sind versicherungsrechtliche Regelungen von besonderer Bedeutung. Zur Absicherung im Schadensfall – zum Beispiel bei einem Starkregenereignis – ist erfahrungsgemäß der Abschluss einer Elementarversicherung eine sichere Wahl.
Dabei ist zu beachten, dass zum Beispiel der Einbau einer Rückstausicherung (Rückstauverschluss oder Abwasserhebeanlage) alleine nicht ausreicht. Die Rückstausicherung bedarf regelmäßiger Inspektion und Wartung, damit sie im Ernstfall auch funktioniert (Wartungsobliegenheit des Versicherungsnehmers). Die sicherste Lösung zur Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften und a. a. R. d. T. ist hierbei die regelmäßige Inspektion und Wartung nach den Vorgaben der DIN 1986-3, einschließlich schriftlicher Dokumentation.
Die Wartungsobliegenheit des Versicherungsnehmers sollte allerdings im Versicherungsvertrag auch eindeutig formuliert sein. So reicht es nicht unbedingt aus, wenn im Versicherungsvertrag zum Beispiel nur „funktionsbereit“ steht. Hier sollten in jedem Fall exakte Vorgaben erfolgen, welche Wartungsintervalle einzuhalten und wie die Wartungen durchzuführen sind.
Das Oberlandesgericht Frankfurt hat sich mit der Wirksamkeit einer sogenannten Rückstau-Klausel einer Wohngebäudeversicherung beschäftigt. Das Gericht urteilte am 13. Mai 2022 (OLG Frankfurt, Az. 7 U 71/21), dass die Klausel, nach der die Hebeanlage durch den Versicherungsnehmer „funktionsbereit“ zu halten ist, nicht bestimmt genug und damit unwirksam ist. Denn die Pflicht, eine Rückstausicherung „funktionsbereit“ zu halten, lässt nicht erkennen, ob damit etwa eine Wartung oder nur eine Reparatur gemeint ist.
Bernd Ishorst ist Berater, Fachautor und Referent für Entwässerungstechnik.
Quellen
DIN 1986-3 – Entwurf: „Entwässerungsanlagen für Gebäude und Grundstücke –Teil 3: Regeln für Betrieb und Wartung“, Beuth Verlag, Oktober 2023
DIN 1986-3: „Entwässerungsanlagen für Gebäude und Grundstücke – Teil 3: Regeln für Betrieb und Wartung“, Beuth Verlag, November 2004
DIN 1986-100: „Entwässerungsanlagen für Gebäude und Grundstücke – Teil 100: Bestimmungen in Verbindung mit DIN EN 752 und DIN EN 12056“, Beuth Verlag, Dezember 2016
Heinrichs, F.-J.; Rickmann, B.; Sondergeld, K.-D.; Störrlein, K.-H.: Kommentar „Gebäude- und Grundstücksentwässerung – Planung und Ausführung – DIN 1986-100 und DIN EN 12056-4“, 6., überarbeitete Aufl., Beuth Verlag, 2016
DIN EN 752: „Entwässerungssysteme außerhalb von Gebäuden – Kanalmanagement“, Beuth Verlag, Juli 2017
Normenreihe DIN EN 12056: „Schwerkraftentwässerungsanlagen innerhalb von Gebäuden“, Teile 1 bis 5, Beuth Verlag, Januar 2001
DIN EN 13564-1: „Rückstauverschlüsse für Gebäude – Teil 1: Anforderungen“, Beuth Verlag, Oktober 2002
DIN EN 12050-1: „Abwasserhebeanlagen für die Gebäude- und Grundstücksentwässerung – Teil 1: Fäkalienhebeanlagen“, Beuth Verlag, Mai 2015
DIN EN 12050-2: „Abwasserhebeanlagen für die Gebäude- und Grundstücksentwässerung – Teil 2: Abwasserhebeanlagen für fäkalienfreies Abwasser“, Beuth Verlag, Mai 2015
DIN 4040-100: „Abscheideranlagen für Fette – Teil 100: Anwendungsbestimmungen für Abscheideranlagen für Fette nach DIN EN 1825-1 und DIN EN 1825-2“, Beuth Verlag, Dezember 2016
DIN 1999-100: „Abscheideranlagen für Leichtflüssigkeiten – Teil 100: Anwendungsbestimmungen für Abscheideranlagen für Leichtflüssigkeiten nach DIN EN 858-1 und DIN EN 858-2“, Beuth Verlag, Dezember 2016
DIN EN 13306: „Instandhaltung – Begriffe der Instandhaltung“, Beuth Verlag, Februar 2018
DIN 31051: „Grundlagen der Instandhaltung“, Beuth Verlag, Juni 2019
DIN EN 1610: „Einbau und Prüfung von Abwasserleitungen und -kanälen“, Beuth Verlag, Dezember 2015