Saphirkeramik: Vom Trend zum Dauerbrenner
Seit der Schweizer Badspezialist Laufen 2013 erstmals seine Saphirkeramik auf der BAU und der ISH präsentiert hat, hat die dünnwandige Keramik einen Trend im Waschtischdesign losgetreten. Mittlerweile sind fast alle großen Hersteller auf den Zug aufgesprungen und bieten ebenfalls dünnwandige Waschtischserien aus neuartigen Keramikrezepturen an.
Der Trend zur dünnwandigen Keramik hat gute Gründe: Zum einen gibt es einen allgemeinen Trend zu flachem Design und kühler Haptik. Zum anderen kann kaum ein Mensch wieder hinter erworbene Sehgewohnheiten zurück: Sprich, ein Endkunde, der sich einmal mit der Ästhetik und Raumwirkung eines Waschtischs aus dünnwandiger Keramik vertraut gemacht hat, wird sich schwertun, zum bauchigen Waschtisch aus Vitreous China zu greifen – vor allem, wenn die Preise nicht überproportional auseinanderliegen. Denn die klassische Badkeramik wirkt gegenüber den neuen Keramiken dick und voluminös und ihre Kanten sind lange nicht so präzise, wie es in der zeitgenössischen Innenarchitektur gewünscht wird, die auf Leichtigkeit und Transparenz setzt.
„Bei der Entwicklung der Saphirkeramik haben wir von Anfang an Wert darauf gelegt, dass das damit mögliche Design sich vom herkömmlichen Keramikwaschtisch unterscheidet und dennoch mehrheitsfähig ist – und auch der Preis sollte bezahlbar bleiben“, erzählt Marc Viardot, Director Marketing and Products bei Laufen, der die Entwicklung des neuen Werkstoffs von Anfang an begleitet hat. In mehrjähriger Forschungs- und Entwicklungsarbeit hat das Schweizer Unternehmen daher zusammen mit verschiedenen universitären Forschungseinrichtungen nicht nur nach der optimalen Rezeptur gesucht, sondern auch immer die Produzierbarkeit im bewährten industriellen Druckgussverfahren im Blick gehabt. Denn nur die serielle Fertigung großer Stückzahlen erlaubt ein Preisniveau, das dem der traditionellen Keramik entsprechen kann.
Neue Rezepturen sorgen für mehr Härte
Im Wesentlichen besteht der patentierte Werkstoff von Laufen aus den natürlichen und weit verbreiteten Rohstoffen Kaolin, Ton, Feldspat und Quarzsand, dem eine genau bestimmte Menge des Minerals Korund beigemischt wird, das als Bestandteil des Saphirs in der Natur in unterschiedlichen Modifikationen vorkommt. Es wird im Übrigen auch in der Uhrenindustrie bei Saphirgläsern eingesetzt und in seiner Härte nur vom Diamanten übertroffen. Durch eine Vermischung der Tonerde mit dem silikatkeramischen Rohstoff, der in seiner Reinform farblos ist, erhält der Werkstoff nebst seinem porzellanartigen Weiß auch jene Festigkeit, mit der die neue Formensprache am Waschtisch erst möglich wird.
Die genaue Rezeptur wird wie auch bei den anderen Herstellern geheim gehalten, was die Vergleichbarkeit der beworbenen Eigenschaften wie Schlagfestigkeit, Biegefestigkeit und Stabilität zwischen den Materialien schwierig macht. Laufen hat die Schlagarbeit seiner Saphirkeramik im Keramik-Institut Meißen testen lassen, wo festgestellt wurde, dass die kleinen Radien der Saphirkeramik beim Kantenschlagtest gleich gute Resultate erzielen wie die herkömmlichen, großen Radien bei Vitreous China und Feinfeuerton. Zudem hat die Bundesanstalt für Materialforschung und Materialprüfung in Berlin (BAM) die Biegefestigkeit der Saphirkeramik untersucht, dabei wurde ein Mittelwert über 120 kp/mm² gemessen. Das entspricht der Biegefestigkeit von Stahl und ist doppelt so hoch wie bei Vitreous China.
Tatsächlich ermöglichen erst die höhere Härte und Dichte der neuen Keramiken sowie ihre weiße Farbe die dünneren Wandstärken, schmalen Kanten und engen Eckradien: Denn anders als herkömmliche Keramik deformiert sich die neue Keramik beim Brand im rund 1250 °C heißen Ofen aufgrund der Kombination der eingesetzten Rohstoffe nicht so stark. Laufen gibt an, dass mit seiner Saphirkeramik Kanten- und Eckradien ab 2 mm und durchgängige Wandstärken ab 3 mm technisch machbar sind – das heißt, die Wände eines Saphirkeramik-Waschtischs können von oben bis unten die nahezu gleiche Dicke haben. Bei den klassischen Keramiken sind Radien von 7 bis 8 mm State of the Art.
Badkeramikarten
1. Vitreous China: der Klassiker; erfüllt höchste Ansprüche an die Hygiene im Bad; bestens geeignet für sanfte, geschwungene und fließende Formen; ideal für WCs.
2. Feinfeuerton: ideal für sehr große Keramikstücke wie bodenstehende oder Doppelwaschtische; maßgefertigte, schneidbare Lösungen möglich.
3. Saphirkeramik: erlaubt definierte, dünnwandige Formen und enge Radien; architekturgerecht; außerordentliche Härte und Biegefestigkeit; geringeres Gewicht und vereinfachter Aufbau.
Entstehung einer neuen Formensprache
Die Härte des neuen Materials erlaubt also Formen am Waschtisch, die bisher nicht möglich waren. Laufen als Pionier dieser Keramik hat sich daher bewusst dafür entschieden, mit verschiedenen international renommierten Designern zusammenzuarbeiten. In einem mehrjährigen Prozess möchte das Unternehmen ausloten, was mit der neuen Keramik in Sachen Design realisiert werden kann. Das Set „Sonar“, das von der Stardesignerin Patricia Urquiola für Laufen gestaltet wurde, ist mittlerweile die dritte Generation der Saphirkeramik in diesem Prozess. Den Anfang machten 2013 die Living Saphirkeramik (Design: Andreas Dimitriadis) und Kartell by Laufen (Design: Ludovica + Roberto Palomba), gefolgt 2015 von den Serien Val (Design: Konstantin Grcic) und Ino (Design: Toan Nguyen).
Die Entwicklung der neuen Formensprache lässt sich an diesen Sets gut ablesen. Lag der Fokus anfangs vor allem noch auf den dünnen Wänden und engen Radien, wurden bei der Serie Val erstmals feine haptische Elemente und Strukturen aus Keramik realisiert, die semitrockene Bereiche innerhalb des Waschtischs schufen. Das Besondere daran: In diese semitrockenen Bereiche ließ sich problemlos eine Überlauffunktion integrieren, die sonst bei dünnwandigen Schalen nicht realisiert werden kann.
Bei der Serie Sonar erhielten schließlich die Außenflächen der Waschtischschalen eine feine, dreidimensionale Textur, die optional zur traditionell glatten Oberfläche gewählt werden kann und an Schallwellen erinnern soll, die sich im Wasser fortpflanzen. Mit traditioneller Badkeramik wären solche feinen funktionalen oder dekorativen Elemente nicht denkbar gewesen.
Durch die intensive Auseinandersetzung mit dem Material und den verschiedenen Designern sind in Laufen sogar neue Typologien von Waschtischen entstanden. Zu Sonar gehören beispielsweise ein freistehender Waschtisch, der auf kleinster Grundfläche alle Anschlüsse abdeckt, ein nur 100 cm breiter Doppelwaschtisch und eine 34 cm breite Waschtischschale mit Konsolenbefestigung. Bei Val wiederum finden sich eine Schale mit Armaturenbank, auf der eine herkömmliche Waschtischarmatur im Nassbereich installiert werden kann, als auch Schalen mit den genannten semitrockenen Bereichen mit Überlauf.
Vermarktungschancen für Handel und Handwerk
Für Handel und Handwerk ergeben sich durch die neuartige Keramik, die neue Typologie und die neue Formensprache zusätzliche Chancen in der Vermarktung. Noch 2012 schien der Waschtisch aus Keramik weitgehend „auserfunden“, während alternative Werkstoffe wie Mineralguss oder das teurere Stahl-Email mit neuen Formen auf den Markt drängten. Angesichts dessen hat sich die dünnwandige Keramik als echter Gamechanger erwiesen: Sie besitzt einerseits alle vertrauten Vorzüge von Keramik im Bad – wie höchste Hygiene im Umgang mit Trinkwasser oder absolute Unempfindlichkeit des Materials gegen scharfe Reiniger, UV-Strahlung und mechanischen Abrieb – und lässt sich dabei in industriellem Maßstab wirtschaftlich produzieren. Zum anderen erfüllt sie alle Erwartungen, die von der zeitgenössischen Architektur an die Badausstattung gestellt werden und besitzt Vorteile in Sachen Nachhaltigkeit – denn geringerer Materialaufwand und geringeres Gewicht bedeuten auch weniger Rohstoffbedarf, weniger Energieverbrauch beim Brand, in der Produktion und beim Transport. Und nicht zuletzt erhält der Endkunde dank der dünneren Wände bei gleichen Außenmaßen mehr nutzbares Beckenvolumen.
Marc Viardot: „Wir sehen bei der Saphirkeramik großes Potenzial für Handel und Handwerk. Über den Waschtisch, der in der Regel das Design für die gesamte Badeinrichtung vorgibt, kann ganz neu geredet werden. Neue Waschtischtypen, die sich konventionell und einfach montieren lassen, sowie ein bewährtes und gleichzeitig neues Material, dem die Menschen viel Vertrauen entgegenbringen, bieten Stoff für viele gute Geschichten im Verkauf.“
Dieser Artikel ist zuerst erschienen in: SBZ 09/2018.