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Der Dachschräge ein Schnippchen schlagen

Nicola Stammer

Dachbäder sind eine echte planerische Herausforderung – täuschen sie doch meist vom Grundriss und ihren Quadratmeterangaben ein großzügiges Bad vor. Besonders bei Neubauten erliegt der Bauherr oft der Täuschung, er bekomme ein riesiges Bad und dementsprechend fallen seine Wünsche bezüglich Gestaltung und Objekten aus. Hier bedarf es nicht nur viel Kreativität und Planungsgeschick, sondern meist auch vieler Erläuterungen.

Schummelpaket Dachschräge: Nur der halbe Raum ist wirklich nutzbar

Wer kennt das nicht, dass er sich beim Lesen eines Dachgeschossplanes von der dargestellten Grundfläche täuschen lässt. Fällt doch die Zwei-Meter-Linie optisch kaum ins Gewicht. Dazu kommt noch, dass in einigen Plänen die Grundfläche (GRF) des Raumes angegeben wird, das heißt die gesamte Fläche des Raumes. Aber auch die Raumquadratmeterangaben nach der Berechnungsverordnung II BV sind irreführend, denn hier wird die Fläche von 2m bis 1m Raumhöhe zur Hälfte mitgerechnet. Die Gegenüberstellung zweier Grundrisse soll verdeutlichen, wie die Wahrnehmung eines Dachgeschossgrundrisses beim Laien aussieht: Bild 2 zeigt einen Grundriss, bei dem die Zwei-­Meter-Linie (wie üblich) gestrichelt eingezeichnet ist. In Bild 3 dagegen ist zur Verdeutlichung die Fläche mit weniger als 2m Stehhöhe grau dargestellt. Hier wird klar erkennbar, wie groß die tatsächliche Nutzfläche des Raumes ist.

Gegenüber der GRF von 11,30m2 bleiben nach der Berechnungsverordnung 8,85m2 für ein Bad übrig – davon liegen nur 6,45m2 im Bereich bis 2m Stehhöhe. Von gefühlten 11,30m2 bleibt also tatsächlich nur etwas über die Hälfte als vollnutzbarer Raum übrig!

Bild 2: Die übliche Darstellung eines Grundrisses mit gestrichelter Zwei-Meter-Linie vermittelt einen großzügigen Raum.
Bild 3: Gleicher Grundriss: Die Fläche mit weniger als 2m Stehhöhe ist grau angelegt. Nun zeigt sich deutlich die tatsächliche Nutzfläche.

Wenig raumhohe Wände

Was bleibt, ist ein Raum, der nicht nur Größe vortäuscht, sondern zudem wenig raumhohe Wände und somit kaum Stehhöhe und Stellfläche bietet. Diese Wände sind dann meistens auch noch mit Eingangstür und/oder Fenstern bestückt. So bleibt bei der Objektplanung meist nicht viel Spiel – dennoch lassen sich gerade aus Dachbädern ganz besondere Schmuckstücke zaubern. Damit dabei die Funktionalität nicht auf der Strecke bleibt, gilt es, einige Grundregeln zu beachten.

Was darf im Bad unter die Dachschräge?

Sortieren wir also erst mal die Objekte in zwei Kategorien: solche, die zum Teil unter der Zwei-Meter-Linie Platz finden, und solche, die mehr Stehhöhe erfordern. Badewanne und Toilette gehören zu der ersten Kategorie und können idealerweise unter Dachschrägen angeordnet werden. Dabei sind folgende Regeln zu beachten: Idealerweise sollte die Mittelachse der Wanne nicht unter der Zwei-Meter-Linie liegen. So wird ein aufrechter Ein- und Ausstieg gewährleistet. In der Praxis ist dies jedoch nicht immer realisierbar. In diesem Fall sollten mindestens 2m Kopfhöhe an der Wannenvorderkante eingehalten und die Bauherren auf diesen Punkt hingewiesen werden. Bei gleichzeitiger Funktion als Duschwanne sollte mindestens 2,20m Stehhöhe vom Wannenboden gewährleistet sein. Die Toilette kann ebenfalls gut seinen Platz unter Dachschrägen einnehmen, solange die Vorderkante der Toilette mindestens 1,90m Stehhöhe gewährleistet.

Die Dusche dagegen benötigt mehr Raumhöhe, alleine schon in Bezug auf die Brausenkopfhöhe, die im Schnitt zwischen 200 und 220cm liegen sollte. Hier kann der Dachschräge ein Schnippchen geschlagen werden: So kann wie im Beispiel Bild 4 eine integrierte Bank unter der Dachschräge (Positionierung analog Toilette) für mehr Armfreiheit und zusätzlichen Luxus sorgen. Bei allem immer vorausgesetzt, die Nutzer haben eine Standardkörpergröße, die laut Studien in Deutschland im Durchschnitt zwischen 181 und 186cm liegt.

Mehr über optimal genutze Dachschrägen-Duschen finden Sie hier.

Bild 4: Der Duschbereich mit Bank unter der Dachschräge nutzt verschenkten Raum und bringt mehr Lebensqualität.

Umdenken gefragt

Durch die räumlichen Vorgaben lassen sich leider nicht immer ideale Zonierungen realisieren, dennoch sollte ein engagierter Planer immer versuchen dieses Ziel zu erreichen. Bild 5 zeigt ein Bad mit annähernd guter Zonierung: Dusche und Wanne bilden die Relaxzone. Sie sind als Nassbereich zusammengefasst und liegen nicht in der Verkehrszone. Die Waschtisch- und Toiletten-Positionierung dagegen wirkt eher lieblos. Hier wurde der Waschtisch eben einfach an der noch einzigen raumhohen Wand platziert und die Toilette notgedrungen unter der Dachschräge. Dass es auch anders geht, beweist Bild 6. Wenn also Wände zur optimalen Platzierung des Waschtisches fehlen – warum nicht den Waschplatz mal in den Raum ragen lassen? Wie das Beispiel zeigt, kann gerade das freie Positionieren des Waschtisches zu einem guten Gesamtkonzept führen. Durch eine Drehung um 90° in den Raum kann eine funktionale Gliederung in Bereiche erfolgen. Die Toilette verbirgt sich nun hinter dem Waschplatz und wird durch eine Glaswand mit Glastür zur Tageslichtnutzung akustisch abgetrennt. In einem vorher schlauchartigen Raum wurden allein durch die Positionierung des Waschplatzes eine idealere Zonierung und ein besseres Raumempfinden geschaffen.

Bild 5: Zwar eine optimale Zonierung in Nass- und Trockenzone, doch der Waschplatz liegt in der Laufzone zum WC. Von Intimität keine Spur – bei direktem Blick vom Eingang aufs WC.
Das gleiche Bad: Durch die 90°-Drehung des Waschtischs in den Raum wird eine optimale Gliederung der Laufwege erreicht. Dank einer Glasabtrennung ist das WC nun separiert.

Stauraumwunder Dachbad

Gerade im Bad unterm Dach fehlt es an Wänden, um Schränke für Utensilien unterzubringen. Dabei gibt es genügend ungenutzte Fläche unter den Dachschrägen – entscheidend ist hier vor allem die Drempelhöhe. Die Drempelhöhe, oder auch Kniestock genannt, ist die Höhe, wo der sogenannte Drempel – Balken auf der Außenwand – die Sparren abfängt – also im Innenbereich der Punkt, wo Dachschräge und Hauswand sich horizontal treffen. Im Normalfall liegt diese zwischen 60 bis 120cm. Je niedriger diese ausfällt, umso schwieriger wird eine sinnvolle Nutzung. Liegt diese unter 80cm, wird kaum ein Möbel aus dem Katalog passen – von der Bedienbarkeit und mühevollem Sauberhalten in ­gebückter Haltung ganz abgesehen. Daher werden diese Flächen leider oft einfach mit einer vorgesetzten Wand geschlossen, um so die Drempelhöhe zu erhöhen – ein riesiger Verlust an Stauraum. Doch unser Beispiel Bild 7 zeigt, dass es mit Kreativität und Tischlergeschick auch anders geht: Hier wurde neben dem Waschtisch der Raum unter der Dachschräge mit einem Auszug für die elektrischen Zahnbürsten sinnvoll genutzt: griffbereit und doch aus dem Blickfeld.

Ungeahnten Stauraum zeigt auch Bild 8. Gerade in Dachbädern ergibt sich ­wegen der erforderlichen Stehhöhe oft eine tiefere Vorwand für die Toilette unter der Dachschräge, der sonst seitlich neben dem Unterputzspülkasten verschenkte Raum wird hier als Stauraum für Klopapier und ­Hygieneartikel mit direktem Zugriff genutzt. Als Front wurden rückseitig lackierte Glasplatten gewählt und dank Push-to-open-Technik stört hier optisch kein Griff. Ähnliche Situationen ergeben sich meist bei der Positionierung von Duschen unter Dachschrägen. Durch das Setzen einer nötigen Wand wird meist Raum verschenkt. Auch hier kann wie in Bild 9 mit Maßanfertigungen vom Tischler wertvoller Stauraum gewonnen ­werden.

Mit Licht den Raum aufwerten

Mit Licht lässt sich ein Raum inszenieren und verschiedene Stimmungen können geschaffen werden. Ein gleichmäßig ausgeleuchteter Raum wirkt eintönig und monoton. Gerade in Dachbädern spielt der richtige Einsatz von Licht eine entscheidende Rolle für das spätere Raumempfinden. So kann durch das Anstrahlen von Dachschrägen nicht nur Atmosphäre gezaubert werden, sondern durch das Erhellen der sonst verschatteten Dachfläche wirkt diese nicht mehr so erdrückend, wie Bild 10 zeigt. Die gleiche Wirkung wird durch eine Beleuchtung der Bodenflächen erreicht. Da wir Dachbäder selten mit Wandleuchten und nur eine geringe Fläche mit Deckenleuchten bestücken können, sind ­diese zusätzlichen Lichtquellen ein Muss. Sie sorgen nicht nur für eine gute Allgemein­beleuchtung, sondern tragen wesentlich zur Wohlfühlatmosphäre bei.

Bild 10: Uplights zur Dachschrägenbeleuchtung nehmen die Enge und zaubern Atmosphäre.

Über das Bad hinaus

Gerade im Dachbad kann die Position der Eingangstür oder Dachfenster entscheidend für eine optimale Raumgliederung sein. Daher sollte bei der Planung auch der Flur mit aufgenommen werden. So kann eventuell das Versetzen der Eingangstür einen enormen Mehrwert für die Zonierung – und somit für die Benutzer – darstellen. Auch die Posi­tion von Gauben oder Dachflächenfenstern sollte im Neubau überprüft werden. Besonders, wenn der Neubau sich noch in der Planungsphase oder im Rohbau befindet. Bei Umbauten dagegen können zusätzlich geplante Fenster nicht nur mehr Tageslicht bringen, sondern zusätzliche Stehhöhe (Bild 11). Da zusätzliche Gauben meist einen höheren Bauaufwand und Kosten verursachen, genügt manchmal schon ein Dachflächenfenster für mehr Lebensqualität.

Zum Beispiel bei Positionierung über der Wanne zum besseren Ein- und Ausstieg durch bis zu 30cm mehr Stehhöhe in diesem Bereich – von dem gewonnenen Ausblick in den Himmel beim Baden mal ganz abgesehen. Auch über der Toilette angeordnet kann es hilfreich sein und wertvolle Zentimeter zusätzlich bringen. Berücksichtigt man all diese Aspekte und nimmt das Dachbad als planerische Herausforderung an, dann lassen sich wahre Schmuckstücke mit einem ganz besonderen Flair zaubern.

Bild 11: Dachflächenfenster bringen mehr Kopfhöhe und schaffen so mehr Raum.

CHECKLISTEN

Dachschrägen sinnvoll nutzen

Für Stauraum oder mehr Luxus:

  • Im Duschbereich zum Beispiel als Sitzbank oder für beleuchtete Nischen zur Unterbringung der Duschutensilien.
  • Bei Wanneneinfassungen seitlich als Bank verlängern.
  • Bei notwendigen zusätzlichen Wänden – zum Beispiel bei Duschen – den Raum dahinter mit Auszügen nutzen.
  • Auf die Zugänglichkeit und Bedienbarkeit von Möbeln unter Dachschrägen achten.
  • Vorsicht bei der planerischen Darstellung von losen Möbeln unter Dachschrägen, die meisten Katalogmöbel passen nicht.

Auf Stehhöhen achten

Wer will sich schon den Kopf stoßen?

  • Die Wannenmitte sollte idealerweise 2 m Stehhöhe bieten zum sicheren Ein-und Ausstieg.
  • Bei Wannenpositionierung mit 2 m Stehhöhe an der Vorderkante den Kunden darauf hinweisen.
  • Freistehende Wannen unter Dachschrägen erschweren das Säubern dahinter – den Kunden darauf hinweisen.
  • Bei Duschbereichen unter Schrägen auf die Brausenhöhe achten.
  • Die Vorderkante der Toilette sollte 2 m Steh­höhe aufweisen.
  • Bei Waschplätzen unter Dachschrägen auf die Positionierung des Spiegels achten.

Licht gegen Enge

In Dachbädern ist Licht besonders wichtig.

  • Uplights lassen Dachschrägen höher ­erscheinen – in Wannennähe auf Zulässigkeit achten.
  • Prüfen, ob Downlights in Dachschrägen eingebaut werden können in Bezug auf die Dämmung und Folie.
  • Prüfen, wo Deckenbalken liegen, um dies bei der Leuchtenpositionierung ­berücksichtigen zu können.
  • Offene Einbauten in Dachschrägen mit Licht versehen.
  • Bänke oder Wannenpodeste unter Dachschrägen unterleuchten – ein erhellter Boden lässt den Raum größer wirken.

Was es noch zu beachten gilt

Im Vorfeld und bei der Bestellung:

  • Konstruktion des Bodens prüfen – besonders bei Holzbalkendecken auf die allgemeine Tragfähigkeit achten.
  • Achtung: Eine volle Wanne kann schnell mehrere Zentner wiegen.
  • Auch Natursteinablagen und Fliesen­beläge aus Feinsteinzeug bringen mehr Gewicht.
  • Bei Duschdrehtüren darauf achten, dass diese nicht gegen die Dachschräge schlägt. Gegebenenfalls einen Stopper einplanen.
  • Duschabtrennungen sollten werkseitige Ausgleichsmöglichkeiten bei der Montage bieten, wegen eventuell unebener Dachschrägen.

Wie Sie die Herausforderung Bad unter Dachschräge meistern, erfahren Sie in diesem Artikel.

Dieser Beitrag von Nicola Stammer ist zuerst erschienen in SBZ 11/2011. Nicola Stammer ist diplomierte Innen­architektin.

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