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Dürfen Chefs Mitarbeiter zur Nutzung der Corona-App zwingen?

Dörte Neitzel

Seit dem 16. Juni 2020 gibt es die Corona-Warn-App zum Download aufs Smartphone. Sie soll den Nutzer darüber informieren, ob er in Kontakt mit Personen gekommen ist, die positiv auf das Coronavirus getestet wurden. So soll die Nachverfolgung von Kontakten Coronainfizierter leichter werden. Dabei ist die Nutzung der App ausdrücklich freiwillig. Das heißt, es soll keinen – wie auch immer gearteten – Zwang geben, die App zu nutzen.

Aber wie ist das mit dem Chef? Immerhin hat er ein legitimes Interesse daran, dass sein Betrieb bei einer Infektion nicht geschlossen wird, sondern mögliche Verdachtsfälle schon im Vorfeld isoliert werden können, sodass Mitarbeiter und Kunden geschützt werden. Und was ist mit der Lohnfortzahlung, wenn die App „anschlagen“ sollte? Wir haben uns umgehört und Antworten auf die drängendsten Fragen bekommen.

Darf der Chef mich verpflichten, die Corona-Warn-App zu installieren?

Laut der Bundesregierung ist sowohl die Installation als auch die Nutzung der Corona-App freiwillig. Sogar doppelt freiwillig. Sowohl die Installation als auch die Nutzung ist freiwillig. Die App kann auch jederzeit gelöscht werden und mit ihr die lokal gespeicherten Daten. Die Antwort auf die Frage nach der Verpflichtung lautet also „Nein“.

Sowohl der Bundesdatenschutzbeauftragte als auch die Konferenz der unabhängigen Datenschutzaufsichtsbehörden teilen mit, dass eine Verpflichtung zur Nutzung der App unwirksam wäre. Die App als eine Art Passierschein oder Zugangsbarriere – etwa zu den Betriebsräumen – zu nutzen, würde gegen die Freiwilligkeit (Art. 4 Nr. 11 DSGVO) verstoßen und unerlaubt in die Persönlichkeitssphäre des Mitarbeiters eingreifen.

Gibt es ein Gesetz, das Beschäftigte vor einer Verpflichtung schützt?

Nein. Die Bundesregierung hat die App auf Basis von Freiwilligkeit veröffentlicht, es existiert jedoch kein gesetzliches Verbot von Nachteilen, die durch eine Nichtnutzung der App entstehen könnten.

Sollten also Geschäfte, Restaurants oder Arbeitgeber den Zutritt zu ihren Räumen von der App abhängig machen, müsste sich die Regierung diesen „mittelbaren Zwang“ zurechnen lassen, da sie auf die gesetzliche Regelung verzichtet hat.

Was ist mit dem Dienst-Handy?

Stellt der Arbeitgeber ein Dienst-Handy, kann die Sache anders aussehen. Generell müssen aber für eine Verpflichtung zur App-Nutzung zwei Interessen gegeneinander abgewogen werden: Dem Interesse des Nutzers an einer möglichst geringen „datenschutzrechtlichen Belastung“ und das Interesse eines Unternehmens am Schutz seiner Mitarbeiter, Kunden und dem betriebswirtschaftlichen Fortbestand. Dafür dürften Fragen gestellt werden wie:

  • Ist eine Pflicht zur Nutzung der Corona-App das geeignete Mittel, um die Unternehmensinteressen zu unterstützen?
  • Gibt es keine milderen Maßnahmen, etwa Maskenpflicht, räumliche Trennung, Home Office , Tests oder Desinfektionsmaßnehmen?
  • Ist der Nutzen angesichts der Belastung der Mitarbeiter angemessen? Unternehmen müssten eine Nutzungspflicht also gut begründen können.

Wird die App auf dem Dienst-Handy installiert, erfolgt die Überwachung nur während der Arbeitstätigkeit, die Auswirkungen wären also geringer im Vergleich zur Nutzung auf dem Privat-Handy. Hier wäre also die „datenschutzrechtliche Belastung“ bereits minimiert, was eine Zulässigkeit einer Verpflichtung wahrscheinlicher machen könnte. Wie Gerichte im Einzelfall entscheiden würden, ist jedoch nicht voraussehbar.

Im umgekehrten Fall, also wenn ein Dienst-Handy vorhanden ist, der Mitarbeiter die App nutzen will, aber aufgrund einer Vereinbarung mit dem Betrieb keine Apps aufspielen darf, sollten sich Mitarbeiter an den Betriebsrat oder den Chef wenden. Schließlich nutzt es auch dem Arbeitgeber, wenn seine Mitarbeiter die App installieren und nutzen.

Wer müsste einer Nutzungspflicht zustimmen?

Überlegt ein Betrieb, die Nutzung der Corona-Warn-App betrieblich zu regeln, muss der Betriebsrat auf jeden Fall eingebunden werden. Denn es würde es sich dabei um eine Regelung der Ordnung des Betriebs und das Verhalten der Arbeitnehmer im Betrieb (§ 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVfG). Zudem ist es eine Einführung und Anwendung einer technischen Einrichtung, die dazu bestimmt ist, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen (§ 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVfG). Eine Betriebsvereinbarung können Unternehmen und Betriebsrat also vereinbaren, diese kann das Personal jedoch nicht zur Nutzung verpflichten.

Eine reine Empfehlung des Arbeitgebers, die App zu verwenden, unterliegt dagegen keinerlei gesetzlichen Regelungen.

Was passiert bei einer Warnung durch die App mit dem Gehalt?

Wie der Deutsche Gewerkschaftsbund mitteilt, ist die Frage der Arbeitspflicht und des Lohnausfalls in einem solchen Fall noch nicht eindeutig geklärt. Es fehlt schlicht an der gesetzlichen Regelung. Auch regeln Tarifverträge diesen Fall nicht und wenn keine Krankheitssymptome vorliegen ist zudem kein Grund für eine Arbeitsunfähigkeit gegeben. Ein Betrieb kann aber von sich aus Mitarbeiter in dem Fall vorsorglich in häusliche Quarantäne, etwa ins Home Office, schicken. Dann läuft das Gehalt weiter wie gehabt.

Müssen Beschäftigte das Unternehmen informieren, wenn die App warnt?

Nein, eine generelle Verpflichtung zur Offenlegung der Warnung durch die App gibt es nicht. Mitarbeiter entscheiden grundsätzlich freiwillig, ob sie der Warnung der App folgen und die Information weitergeben, auch gegenüber dem Arbeitgeber. Es gibt allerdings besondere Tätigkeiten, in denen etwa aufgrund der Arbeit mit Risikogruppen eine erhöhte Fürsorgepflicht der Beschäftigten gegenüber ihrem Arbeitgeber oder auch etwa den Kunden des Arbeitgebers bestehen.

Eine Warnung ist auch kein Grund für eine selbst angeordnete Quarantäne, es ist lediglich ein Hinweis über ein erhöhtes Risiko und eine Empfehlung – keine Verpflichtung! – das Gesundheitsamt zu kontaktieren.

Können Hygieneregeln gelockert werden, wenn alle im Betrieb die App nutzen?

Nein, Arbeitgeber müssen weiterhin Gesundheit und Sicherheit ihrer Beschäftigten sicherstellen. Daran ändert auch die Einführung der App nichts, sie ersetzt keine Arbeitsschutzmaßnahmen im Betrieb.

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