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Betriebsprüfung: Drohen Nachzahlungen der Rentenversicherung?

Führt die Deutsche Rentenversicherung eine Betriebsprüfung durch, sind frühere Prüfungen ohne Bescheid nicht mehr rechtlich bindend. Vor allem der sogenannten Kopf-und-Seele-Rechtsprechung für Gesellschafter-Geschäftsführer mit Minderheitsbeteiligung schiebt ein Urteil des Bundessozialgerichts den Riegel vor. Wem drohen jetzt hohe Nachzahlungen?

Das Bundessozialgericht (BSG) hat in einem Urteil ( Az: B 12 R 25/18 R  vom 19.9.2019) entschieden, dass frühere Prüfungen, wenn sie mangels Beanstandungen ohne Bescheid beendet wurden, keinen Vertrauensschutz mehr genießen und damit für künftige Prüfungen nicht mehr bindend sind. Die Richter entzogen den Vertrauensschutz ebenfalls der sogenannten „Kopf-und-Seele“-Rechtsprechung, die bereits seit 2015 nicht mehr angewendet wird. Danach konnte sich der Geschäftsführer einer Familien-GmbH von der Renten- und Sozialversicherungspflicht befreien lassen. Insbesondere galt das, wenn er „der Kopf und die Seele“ der GmbH war und das Unternehmen nach außen entscheidend geprägt hat.

Schriftliche Nachweise notwendig

Das BSG bestätigt mit seinem Urteil also die mittlerweile gängige Rechtsprechung, dass Gesellschafter-Geschäftsführer mit Minderheitsbeteiligung nur dann als sozialversicherungsfrei eingestuft werden dürfen, wenn ihnen nach dem Gesellschaftsvertrag eine umfassende, die gesamte Unternehmenstätigkeit erfassende Sperrminorität eingeräumt ist. Nur dann verfügen sie über die erforderliche Rechtsmacht, die auch nachweisbar ist. Ein rein faktisches Verhalten der Gesellschafter ist nicht (mehr) maßgeblich.

Darüber hinaus werden mitarbeitende Ehegatten oder Lebenspartner sowie Kinder des Unternehmers oder Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH bei jeder Betriebsprüfung der Deutschen Rentenversicherung (DRV) zwingend mit einbezogen, sofern ihr sozialversicherungsrechtlicher Status nicht bereits durch einen Verwaltungsakt festgestellt wurde.

Wer hatte geklagt?

Geklagt hatten vier Familiengesellschaften in der Rechtsform der GmbH. Sie wandten sich gegen die Versicherungspflicht ihrer Geschäftsführer und die damit verbundenen Nachzahlungen zur Sozialversicherung. Die Kläger beriefen sich auf den Vertrauensschutz in die Kopf-und-Seele -Rechtsprechung, nach der ihre Geschäftsführer selbstständig tätig und damit nicht versicherungspflichtig gewesen seien.

In einem Fall hatte die klagende Familiengesellschaft, drei familiär verbundene Gesellschafter, die alle zu alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführern bestellt waren. Die Anteile am Gesellschaftskapital betrugen 51 Prozent, 26 Prozent und 23 Prozent. Auf die Geschäftsführergehälter hatte das Unternehmen keine Sozialversicherungsbeiträge abgeführt.

Die Deutsche Rentenversicherung, hatte dies in allen Betriebsprüfungen bis einschließlich 2011 nicht beanstandet. In der letzten Betriebsprüfung für die Jahre 2011 bis 2014, die im Jahr 2015 durchgeführt wurde, stellte der Sozialversicherungsträger dagegen die Versicherungspflicht der beiden Geschäftsführer mit Minderheitsbeteiligung fest, und zwar für die Renten- und Arbeitslosenversicherung. Die Rentenversicherung erließ einen Bescheid gegen die GmbH über Beitragsnachforderungen  von insgesamt rund 115.000 Euro. 

Wer wird durch die Rentenversicherung geprüft?

In jedem Fall werden sowohl der Geschäftsführer bzw. der geschäftsführende Gesellschafter und dessen mitarbeitenden Angehörigen geprüft. Dabei prüft die DRV, ob die betroffenen Personen Selbstständige oder Arbeitnehmer sind.

Der Rest der Belegschaft unterliegt nicht der Prüfpflicht. Allerdings hat der Versicherungsträger ein besonderes Augenmerk beispielsweise auf freie Mitarbeiter oder Saisonarbeiter, Subunternehmer als Soloselbständige und Minijobber. Es liegt aber im Ermessen der Rentenversicherung, wie tief sie prüft.

Was genau prüft die Rentenversicherung?

Geprüft wird dabei, ob Beiträge zu Kranken-, Pflege-, Renten-, Unfall- und Arbeitslosenversicherung ordnungsgemäß abgeführt und die Meldepflichten erfüllt wurden. Das Urteil bezieht sich zwar auf GmbHs, jedoch fallen auch andere Rechtsformen von Handwerksunternehmen darunter.

Fazit: Alles soll nachweisbar werden

Um den Vertrauensschutz künftig sicherzustellen, müssen Betriebsprüfungen also - auch bei fehlenden Beanstandungen - zwingend durch einen Verwaltungsakt, der insbesondere

  • den Umfang,
  • die geprüften Personen und
  • das Ergebnis der Betriebsprüfung

festhält, beendet werden, heißt es in einer Mitteilung des BSG. Die darin enthaltenen Feststellungen seien bei künftigen Betriebsprüfungen zu beachten und könnten unter Umständen einer anderslautenden Beurteilung entgegen gehalten werden.

Was sollten Handwerker tun?

Die Kanzlei Leschnig & Coll. rät auf ihrer Webseite: Unternehmen sollten ihre betrieblichen Verhältnisse - wenn noch nicht geschehen - unbedingt an die im Jahr 2015 geänderte Rechtsprechung des BSG anpassen. Was die Rückwirkung angeht, so bleibe nur zu hoffen, dass die Verjährung, hier vier Jahre, eintritt. Ansonsten sei es der deutschen Rentenversicherung unbenommen, bis zur Grenze dieser Verjährung Sozialversicherungsbeiträge für Gesellschaftergeschäftsführer in Familiengesellschaften nachzufordern. Im Einzelfall könne es sich dabei um sechsstellige Beträge handelt.

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