Extremwetter und seine Folgen: Aktuelle Immo-Gerichtsurteile
Der Infodienst Recht und Steuern der LBS hat einige Gerichtsentscheidungen zu Schäden infolge von Extremwetter gesammelt, die wir hier vorstellen:
1. Fliegender Bauzaun
Besonders gefährdet sind Immobilien während der (Um-)Bauphase, denn dann ist häufig alles längst nicht so verschnürt, vertaut und festgemauert wie nach der Fertigstellung. Wenn sich zum Beispiel wegen starker Windböen ein Bauzaun selbständig macht und auf ein geparktes Auto fällt, spricht nach Überzeugung des Amtsgerichts München (Aktenzeichen 244 C 23760/11) der Anscheinsbeweis für einen Fehler des Bauunternehmens. Die Firma habe alle Vorkehrungen dafür zu treffen, dass auch ein Sturm dem Zaun nichts anhaben kann.
2. Bach in den Keller
Kaum etwas, ein Brand vielleicht ausgenommen, ist schlimmer, als wenn große Mengen an Regenwasser in ein Gebäude eindringen. Eigentümer, die ein Haus gekauft hatten, mussten zur Kenntnis nehmen, dass bei Regen jedes Mal breitflächig Wasser in ihren Keller floss. Der frühere Eigentümer habe nichts davon erwähnt, klagten sie vor dem Oberlandesgericht Hamm (Aktenzeichen 22 U 161/15, nicht rechtskräftig) und forderten eine Rückabwicklung des Vertrages. Die Richter gaben dem statt. Selbst bei einem alten Keller (hier: Baujahr 1938) müsse ein Käufer nicht mit solchen baulichen Fehlern rechnen.
3. Ist ein Toupet Hausrat?
Manchmal schreibt das Leben seltsame Geschichten. So wollte ein Wohnungsbesitzer während eines starken Sturmes eine Markise auf seinem Balkon, die sich gelöst hatte, wieder befestigen. Doch kaum hatte er den Kopf nach draußen gesteckt, flog im Wind sein Toupet davon. Er forderte Ersatz von der Hausratversicherung. Das Amtsgericht München (Aktenzeichen 261 C 29411/07) entsprach dem nicht. Erstens habe der Mann das Haarteil nicht korrekt auf dem Kopf befestigt, was einer groben Fahrlässigkeit gleichkomme. Zweitens sei die Versicherung ohnehin nicht zuständig, denn sie hafte nur für Schäden im Gebäude.
4. Verwehte Schindeln
Bei erheblichen Windstärken hatte es Bitumenschindeln vom Dach eines Hauses geweht. Die Eigentümerin der Immobilie begehrte von der Wohngebäudeversicherung eine Regulierung des Schadens. Doch sie wurde darauf hingewiesen, es habe sich um stark geschädigte Dachschindeln gehandelt. Das Oberlandesgericht Koblenz (Aktenzeichen 10 U 1018/08) maß dieser Tatsache jedoch keine große Bedeutung bei. Die Versicherung müsse trotzdem aufkommen, denn es gebe keine Verpflichtung für Hauseigentümer, ohne konkrete Anhaltspunkte das Dach regelmäßig überprüfen zu lassen.
5. Grundstück wird Flussbett
Die Feuerwehr einer Gemeinde wusste im Katastrophenfall (Hochwasser) keinen anderen Weg, als die angestauten Wassermengen über ein Privatgrundstück in einen Fluss abzuleiten und so extrem gefährdete benachbarte Anwesen zu schützen. Dieses Vorgehen wollte der Eigentümer für die Zukunft vorsorglich gerichtlich untersagen lassen. Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (Aktenzeichen 1 A 11462/05) ließ sich darauf nicht ein. Solche Ereignisse träten nicht allzu oft auf – und wenn, dann entspreche das praktizierte Vorgehen der Feuerwehr absolut den Bestimmungen des Brand- und Katastrophenschutzgesetzes.
6. Hässliche Raffstores
Ein Hagelunwetter hatte Raffstores aus Alu, die vor den Fenstern an der Außenfassade eines Gebäudes angebracht waren, beschädigt, wenn auch nicht funktionsuntüchtig. Die Versicherung vertrat die Meinung, sie müsse lediglich die Kosten für die optische Wertminderung begleichen (ca. 1.300 Euro), während der Eigentümer eine vollständige Wiederherstellung (ca. 5.300 Euro) forderte. Das Amtsgericht Stuttgart-Bad Cannstatt (Aktenzeichen 5 C 2962/08) verurteilte die Versicherung zum teureren Austausch der Stores, denn der beschädigte Zustand sei dem Hausbesitzer nicht zuzumuten.
7. Sturmfestigkeit muss geprüft werden
Wer in besonders sturmträchtigen Gegenden wohnt, von dem werden schärfere Sicherheitsvorkehrungen erwartet. Das musste ein Grundstückseigentümer auf einer Nordseeinsel erfahren, von dessen Dach sich Ziegel gelöst und an einem benachbarten Hotel einen Sachschaden von 10.000 Euro verursacht hatten. Nach Ansicht des Landgerichts Aurich (Aktenzeichen 3 O 1102/16) hätte man angesichts der exponierten Lage des Anwesens das Dach jährlich auf seine Sturmfestigkeit überprüfen müssen.
8. Müllcontainer auf Irrfahrt
Wenn ein Sommersturm tobt, dann sind auch Müllcontainer manchmal nicht mehr sicher. In Nordbayern wurde eine solcher Container von den Winden erfasst und gegen ein Auto geschleudert. Die Reparaturkosten betrugen 2.500 Euro. Der Hauseigentümer wurde vom Landgericht Coburg (Aktenzeichen 33 S 38/06) trotzdem nicht zur Zahlung von Schadenersatz verpflichtet. Er habe durch das Betätigen der Pedalbremsen an dem Müllcontainer seine Verkehrssicherungspflichten erfüllt. Mehr müsse man von ihm nicht erwarten.