Tipp vom Anwalt: Bedenkenhinweis richtig mitteilen
Der Fall
Eine Arztpraxis beauftragte einen Handwerksbetrieb mit dem schlüsselfertigen Ausbau der Praxis. Der Vertrag umfasste dabei auch die Fußbodenkonstruktion, insbesondere die Design-PVC-Bodenbelagebene. Das Material hatte der Auftraggeber mit seinem Planer ausgewählt. Der Auftragnehmer wusste um die zukünftige Nutzung und die Ausstattung der Räumlichkeiten.
Zum Umgang und zur Behandlung des verbauten Materials übergab der Handwerksbetrieb dem Inhaber der Arztpraxis ein Produktinformationsblatt nach Fertigstellung. Nach der Abnahme wurden jedoch Mängel an den Bodenbelagsarbeiten beklagt und der Handwerksbetrieb unter Fristsetzung zur Mangelbeseitigung aufgefordert. Auch wurde ein Sachverständiger mit der Überprüfung der Design-Bodenbelagebene beauftragt. Der Sachverständige stellte fest, dass auf kurzen Nennmaßbereichen zahlreiche Resteindrücke im Bodenbelag vorhanden seien, ferner partielle Fremdeinschlüsse bzw. Verunreinigungen unterhalb der Design-Bodenbelag-Ebene sowie Kellenschläge, die sich auf der Oberfläche der Design-Bodenbelagfläche abzeichneten. Wesentliche Ursache hierfür sei laut Gutachten das Auftreten von Bruchzonenverlagerungen in der oberen Zone der für den Untergrund verwendeten Calciumsulfat-Spachtelmassenschicht gewesen. Es habe insoweit eine großflächige labile bzw. instabile oberen Zone der Calciumsulfat-Spachtelmassenschicht vorgelegen.
Laut Sachverständigengutachten habe festgestanden, dass die Schäden mit geeignetem Mobiliar und Rollen hätten vermieden werden können. Darauf berief sich auch der Auftragnehmer. Die Bodendellen seien nicht auf seine Arbeit zurückzuführen gewesen, sondern auf die Nutzung des Bodens. Darauf dass der Fußboden nur bei Verwendung weicher Rollen und möglichst nur unter Einsatz von Möbelfilzgleitern genutzt werden sollte, hatte der Auftragnehmer laut eigener Aussage mit der Übergabe eines Produktinformationsblattes hingewiesen. Da der Arzt aber nicht den vollen Werklohn bezahlt hatte, klagte der Handwerker auf Restwerklohn.
Lesen Sie auch: Gewährleistung - Mängelanzeigen und Ansprüche richtig meistern
So entschied das Gericht
Das Gericht entschied, dass der Bodenbelag wegen der Dellen und Eindrücke mangelhaft ist. Einer Mängelhaftung hätte der Handwerker nur entgehen können, wenn er nachgewiesen hätte, dass er auf den konkreten Mangel ordnungsgemäß hingewiesen hat. Bei einer Übergabe eines Produktinformationsblattes handele es sich laut Gericht allerdings nicht um einen eigenen, ausdrücklichen Bedenkhinweis des Auftagnehmers. Zudem dieser allgemeine Hinweis erst nach Verlegung des Bodenbelags erfolgt war, obwohl der Handwerker von der zukünftigen Nutzung des Bodens bereits vorab Kenntnis hatte.
Ein PVC-Design-Bodenbelag, der beim Ausbau einer repräsentativen Arztpraxis zwar technisch mangelfrei verlegt wird, aber bei hoher Belastung durch rollbares Praxismobiliar zu optisch stark störenden Dellen und Eindrücken neigt, entspricht nicht der berechtigten Funktionalitätserwartung und stellt eine Abweichung von der Beschaffenheitsvereinbarung der Parteien und damit einen Mangel dar (vgl. OLG Hamburg, Urteil v. 28.09.2018, Az.: 11 U 128/17)
Fazit
Die Schuld liegt insofern beim Handwerker, als er die fehlerhaften Vorgaben oder Vorleistungen nicht oder nicht genügend geprüft oder erkannt hat, obwohl ihm dies möglich war. Er erteilte dem Arzt somit einen unzureichenden Bedenkenhinweis.
Der Bedenkenhinweis auf eine unzureichende Vorunternehmerleistung hat grundsätzlich zur rechten Zeit, in der gebotenen Form, in der gebotenen Klarheit und gegenüber dem richtigen Adressaten zu erfolgen, damit der Auftraggeber in die Lage versetzt wird, die Tragweite der Nichtbefolgung klar zu erkennen. Insoweit wäre es sicherlich ratsamer gewesen, wenn der Auftagnehmer seinen Auftraggeber bereits bei der Materialauswahl auf die Einschränkungen bei der Nutzung hingewiesen hätte, ungeachtet der Empfehlungen des Planers.