Tipp vom Anwalt: Wer ist schuld, Handwerker oder Planer?
Im zu entscheidenden Fall hat der Auftraggeber (AG) den Auftragnehmer (AN) mit Rohbau-, Zimmer-, Dach-, Innenputz-und Estricharbeiten bei seinem Einfamilienhaus nebst Einliegerwohnung beauftragt. Der AG macht nunmehr Mängelansprüche geltend.
Der Schwerpunkt der Problematik lag darin, dass die Ausführung der Dachkonstruktion nicht den Vorgaben der Statik entsprach. Die vorhandene Dachkonstruktion führte zu einer Überlastung der Dachpfette. Dieser die Tragwerksplanung betreffende erhebliche Mangel rühre - nach Feststellungen eines Sachverständigen - nicht wesentlich aus einem handwerklichen Fehler her. Vielmehr liege der Grund für den statischen Mangel vor allem darin, dass die Ausführungsplanung selbst ungünstig von den Vorgaben der Statik abweiche. Die Ausführungsplanung des vom AG beauftragten Architekten sei von einem Sparrenabstand von 98 cm ausgegangen. Ausweislich der Ausführungen eines Sachverständigen seien die Abstände in der Statik hingegen lediglich mit 70 cm, d.h. deutlich kleiner angegeben worden. Der AN habe bei der Ausführung einen Abstand von ca. 1 m eingehalten.
Soweit sie hiervon nach oben abgewichen sei, sei der Abstand durch die etwas kleineren Nachbarfelder ausgeglichen worden. Dies bedeute, dass sich die Sparrenabstände weitgehend in dem von der Ausführungsplanung vorgegebenen Bereich hielten (100 cm gegenüber 98 cm). Die weitgehend der Ausführungsplanung des Architekten entsprechende Ausführung des AN habe zu einem statischen Mangel geführt. Eine Nachberechnung des Sachverständigen für einen Sparrenabstand von 1 m führte nämlich zu einer deutlichen statischen Überlastung, zu deren Beseitigung es einer baulichen Ertüchtigung bedürfe. Dies wiederum bedeute in der Konsequenz, dass die Sparrenabstände, ausgehend von statischen Erfordernissen, insgesamt deutlich zu groß seien. Dies wiederum liege aber vor allem daran, dass die Abstände vom Architekten bereits deutlich zu groß in der Ausführungsplanung ausgewiesen worden seien. Die Vorgaben der Ausführungsplanung sähen gegenüber der Statik schon eine Differenz von fast 30 cm vor (98 cm gegenüber 70 cm). Von diesen Vorgaben der Ausführungsplanung sei der AN nur geringfügig abgewichen, während die Abweichung der Ausführungsplanung von der Statik ganz erheblich gewesen sei.
So hat das Gericht entschieden
Das Gericht entscheidet, dass der Schwerpunkt der Fehlleistung beim planerischen Mangel liege. Den planerischen Mangel habe der AN nicht erkennen können (OLG Naumburg, Urteil v. 10.05.2017, Az.: 5 U 3/17; der BGH hat mit Beschluss v. BGH, 11.10.2017, Az.: VII ZR 142/17 die Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen). (Anm. d. Red.: Link nur für Abonnenten erreichbar)
Ausweislich der Ausführungen des Sachverständigen könne aus technischer Sicht von einem Zimmermann nicht erwartet werden, dass er bei Vorliegen einer vollständig bemaßten Dachstuhlzeichnung deren Übereinstimmung mit der statischen Berechnung überprüfe. Mithin liege der Schwerpunkt der kombinierten Mangelleistung, Planung einerseits und Ausführung andererseits, auf der fehlerhaften Ausführungsplanung, die sich der AG zurechnen lassen müsse (§ 254 BGB). Angesichts der Ausmaße der jeweiligen Fehlleistungen falle die mangelhafte Ausführung gegenüber der fehlerhaften Planung nicht mehr ins Gewicht. Dabei darf sich der Bauunternehmer grundsätzlich auf die Erkenntnisse eines Sonderfachmanns verlassen, er hat sie nur auf offenkundige, im Rahmen seiner eigenen Sachkunde "ins Auge springende" Mängel zu überprüfen.
Auf Sonderfachleute dürfen Sie vertrauen
Allgemein gilt, dass die Baubeteiligten auf das Spezialwissen von Sonderfachleuten vertrauen dürfen. Etwas anderes gilt dann, wenn der betroffene Unternehmer einen Fehler des Sonderfachmanns aufgrund eigener Fachkenntnis erkennen kann. Ob und inwieweit ein ausführendes Unternehmen in der Lage sein müsste Fehler eines Sonderfachmanns zu erkennen, wird in der Regel durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantwortet.
Grundsätzlich gilt jedoch, dass ein ausführendes Unternehmen „nicht schlauer sein muss“, als der Sonderfachmann!