Konkurriert Amazon bald mit dem SHK-Großhandel?
Eigentlich eine absurde Vorstellung, selbst in einem Land wie Deutschland, wo Bestellungen im Online-Versandhandel für die meisten Verbraucher längst Alltag sind. Das sehen auch die meisten deutschen SHK-Installateure so, die in einer internationalen Studie zur Zukunft des SHK-Fachhandels mit dieser Möglichkeit einzukaufen konfrontiert wurden– genau wie die Mehrheit ihrer europäischen Kollegen. Doch man sollte die kalifornische Online-Plattform nicht unterschätzen: In einigen Ländern scheint sie schon mit einem halben Fuß auf dem SHK-Profimarkt zu stehen.
Für die Befragung zum europäischen SHK-Einkaufsverhalten wurden jeweils 200 Handwerker in Deutschland, Frankreich, Großbritannien, den Niederlanden, Belgien und Polen in telefonischen Interviews zu ihren aktuellen Materialeinkäufen und zur Zukunft des Fachhandels befragt. Dabei sollten sie auch zur Rolle des Online-Fachversandhandels Stellung nehmen. Während solche spezialisierten Online-Wettbewerbern der traditionellen Dreistufler von den SHK-Handwerkern durchaus großes Zukunftspotenzial zugetraut wird, gilt das für den Wald-und-Wiesen-Versandhandel à la Amazon keineswegs.
So wurden die SHK-Installateure zu einem bewusst zugespitzten Gedankenspiel aufgefordert: Würden sie bei Amazon Material für ihre Arbeit kaufen, wenn diese dort zu ähnlichen Konditionen wie im althergebrachten Fachhandel erhältlich wären? Mehr als 70 Prozent der befragten SHK-Handwerker in den allermeisten Ländern erschien dies abwegig – vor allem in Deutschland, Frankreich und den Beneluxstaaten.
Die Skepsis der Installateure, die sie auf Nachfrage auch begründeten, zeigt vor allem eins: Dem anonymen Internetriesen trauen die allermeisten Handwerker das nötige Beratungs-Know-how, individuelle Kulanz bei Reklamationen usw. schlicht nicht zu.
Einfluss von Amazon wird größer
Es gibt aber durchaus Handwerker, die auch für Amazon als Bezugsquelle für Heizungs- und Sanitärinstallationsmaterial offen sind. Die allermeisten von ihnen sind SHK-Fachleute aus Polen und vor allem Großbritannien: Hier ist die Akzeptanz von Amazon mit stattlichen 43 Prozent am allergrößten. Viele Briten begründen ihre Amazon-Aufgeschlossenheit mit dem Preisvorteil – und dass sie schon gute Erfahrungen auf Amazon gemacht haben. Es ist kein Zufall, dass man auf der britischen Amazon-Präsenz amazon.co.uk schon jetzt ein vergleichsweise großes Angebot für DIY-Produkte und sogar schon eine große Auswahl für Heizpumpen u. ä. Produkte findet.
„Insgesamt machen die Studienergebnisse dennoch deutlich: Die traditionellen Distributionsstrukturen werden in den nächsten Jahren weiterhin die europäischen SHK-Märkte bestimmen“, resümiert die Studienleiterin Ralitsa Ruseva von USP Marketing Consultancy.“ Wie man jedoch am britischen und polnischen Beispiel sehe, stünden die Chancen für den Online-Versand nicht schlecht, wenn die Anbieter es schaffen sollten, bei den Konditionen, der Lagerhaltung, dem Service und dem Preis mit dem Fachhandel auf Augenhöhe zu treten, so Ruseva weiter:
„Der traditionelle SHK-Handel wiederum sollte unbedingt das aktuelle Marktgewicht weiter ausbauen - etwa, indem sie durch Cross-Selling-Strategien mit den Online-Anbietern auf ihrem eigenen Feld verstärkt in den Wettbewerb treten. Vor allem aber sollten sie ihre ureigene Stärke weiter ausbauen: kompetente Beratung und gut vernetzte Lieferungsinfrastrukturen. Nur, wenn der Fachhandel es schafft bei der Kundenbindung und Kundenzufriedenheit der SHK-Profis weiter so gut zu performen, wird er die digitale Wende erfolgreich überstehen“, sagt Ruseva.