Alles zum §14a Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) – Steuerbare Verbrauchseinrichtungen
Seit 1.1.2024 gibt es neue Regelungen zur Anbindung von Wärmepumpen, Wallboxen, Batteriespeicher und Klimaanlagen als steuerbare Verbrauchseinrichtungen (steuVe) gemäß §14a des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG). Die neuen Vorschriften, die sowohl Vorteile für Verbraucher als auch notwendige Sicherheiten für Netzbetreiber bieten, sind für Neuanlagen über 4.2 kW elektrischer Leistung im Niederspannungsnetz Pflicht. Bestandsanlagen können freiwillig in die neue Regelung überführt werden, ab 1.1.2029 ist dies für einen Großteil dann Pflicht.
Betrachtung finden verschiedene Aspekte wie die Abläufe bei der Einrichtung der steuVe, unterschiedliche Entgeltmodelle und Steuerungsoptionen. Zudem werden die Schritte zur Anmeldung und Installation durch Fachbetriebe erläutert. Ein weiteres Augenmerk liegt auf den neuen Vergütungsmodellen und der Umsetzung der Steuerung, die ab 2029 auf netzorientierte Steuerung umgestellt werden soll.
Um was geht es beim §14a?
Der Netzbetreiber darf den Anschluss von steuVe nicht mehr mit Verweis auf mögliche lokale Überlastung seines Netzes ablehnen oder verzögern. Im Gegenzug darf der Netzbetreiber, wenn eine akute Beschädigung oder Überlastung des Netzes droht, die Belastung des Netzes reduzieren, indem er den Strombezug steuerbarer Verbrauchseinrichtungen temporär „dimmt“. Diese Maßnahme muss sich aus objektiven Kriterien der Netzzustandsermittlung ableiten.
Die Netzzustandsermittlung stellt die aktuelle Netzauslastung anhand von Echtzeit-Messwerten dar. Zu diesem Zweck ist eine zügige Digitalisierung der Niederspannungsnetze inklusive Erhebung von Echtzeit-Messwerten notwendig. Es wird somit die Integration von steuerbaren Verbrauchseinrichtungen in das Stromnetz geregelt mit dem Ziel, die Netzstabilität zu gewährleisten und gleichzeitig den Anschluss leistungsstarker Verbraucher zu beschleunigen.
Definition steuerbarer Verbrauchseinrichtungen
SteuVe gemäß §14a EnWG sind Anlagen mit einer elektrischen Leistung über 4,2 kW, die in der Niederspannung angeschlossen sind. Diese können über technische Vorrichtungen und/oder Signale in der Leistung geregelt werden.
Dazu gehören:
- Private Ladeeinrichtungen für E-Autos (Wallbox). Öffentlich zugängliche Ladepunkte im Sinne des § 2 Nr. 5 Ladesäulenverordnung sind nicht von den Regelungen zur Integration steuerbarer Verbrauchseinrichtungen betroffen.
- Wärmepumpen (inklusive Zusatzheizvorrichtungen wie Heizstäbe) und Anlagen zur Raumkühlung. Mehrere kleinere Einzelanlagen, deren Summe eine Netzanschlussleistung von 4,2 kW überschreiten, es werden jedoch nur Anlagen der gleichen Kategorie (Wärmepumpen bzw. Klimaanlagen) zusammengerechnet. Bei der Zusammenlegung erfolgt eine betreiberspezifische Betrachtung. Anlagen verschiedener Betreiber sind nicht verpflichtend zusammenzulegen. Diese gruppierten Anlagen werden dann als nur eine steuerbare Verbrauchseinrichtung behandelt. Dies gilt auch bei der Berechnung der Mindestbezugsleistung im Steuerungsfall.
- Anlagen zur Speicherung elektrischer Energie (Stromspeicher) hinsichtlich der Stromentnahme (Einspeicherung)
Die Kernpunkte der neuen Regelung können kompakt mit vier Punkten zusammengefasst werden. Der Netzbetreiber „kauft“ sich eine Steuerungsberechtigung ein und darf somit den Wirkleistungsbezug der steuVe reduzieren, wobei eine Mindestbezugsleistung von 4,2 kW garantiert wird, es erfolgt keine Abschaltung. Dafür bekommt der Nutzer eine Netzanschlussgarantie für die steuVe, der Anschluss darf nicht unter dem Vorwand unzureichender Kapazität verzögert oder abgelehnt werden. Ein weiterer Vorteil für den Nutzer sind die reduzierten Netzentgelte als Gegenleistung für die Steuerbarkeit. Die Anlagen müssen mit den notwendigen technischen Einrichtungen ausgestattet sein, um eine Fernsteuerung über ein Smart-Meter-Gateway zu ermöglichen.
Bei der Verantwortungskette der netzorientierten Steuerung sind Netzbetreiber, Messstellenbetreiber und Anlagenbetreiber involviert. Der Ablauf ist folgender:
Netzbetreiber: Durchführung der Netzzustandsermittlung, Entscheidung über Steuerungsmaßnahmen, Übergabe des Steuerbefehls an den Messstellenbetreiber.
Messstellenbetreiber: Weiterleitung des Steuerbefehls an das Messsystem der steuerbaren Verbrauchseinrichtung.
Anlagenbetreiber: Verantwortlich für die unverzügliche Umsetzung des Steuerbefehls durch die Anlage.
Anwendung und Umsetzung am Beispiel der Wärmepumpe
Wärmepumpen spielen eine zentrale Rolle in der Energiewende und fallen unter die Regelung des §14a EnWG, wenn ihre Leistung 4,2 kW übersteigt. In der Vergangenheit konnte der Anlagenbetreiber freiwillig einen Vertrag mit EVU-Sperrzeiten abschließen, vergünstigte Tarife aber auch ein extra Zähler mit zusätzlichen Kosten waren die Konsequenzen. Das EVU konnte bis zu drei Mal am Tag für maximal zwei Stunden die Wärmepumpe vom Netz nehmen. Entsprechend ist bei dieser Vertragsform mit dem Auftraggeber zu vereinbaren, inwieweit dies bei der Dimensionierung der Wärmepumpe zu berücksichtigen ist. Im „worst case“ ist die Wärmepumpe mit 33% (24h/18h) mehr Leistung als ohne Sperrzeiten zu installieren. Die VDI 4645 gibt hierzu Empfehlungen, in der Neuauflage der VDI 4645 (voraussichtlich im Frühjahr 2025 verfügbar) findet der §14a Beachtung, eine Überdimensionierung in diesem Ausmaß fällt dann weg.
Der Ablauf vom Anschluss bis zur Inbetriebnahme der Wärmepumpe ist in Bild 1 dargestellt. Der Betreiber entscheidet welches Messkonzept, welche Betriebsweise und welche Art der Steuerung realisiert wird. Bei der Rückvergütung besteht derzeit die Wahlmöglichkeit zwischen zwei Modulen, ein drittes Modul ist ab 2025 möglich.
Mögliche Vergütungsmodule: Der Kunde hat die Wahl
Die Anlagenbetreiber entscheiden sich für ein Entgeltmodell, über das im Gegenzug für die zur Verfügung gestellte Flexibilität eine entsprechende Vergütung gewährt wird. Der Installateur meldet die Wahl dem EVU. Die Vergütungen werden unabhängig von den tatsächlichen Steuervorgängen sofort gewährt, sind also nicht davon abhängig, ob ein Eingriff durch das EVU geschieht oder nicht. Die Abrechnung erfolgt über die bestehende Abrechnungsstruktur mit dem Stromlieferanten, dieser muss die entsprechenden Preisbestandteile separat Ausweisen. Folgende drei Module stehen grundsätzlich zur Verfügung
Modul 1: Pauschale Netzentgeltreduzierung
Bei dieser Option gibt es eine jährliche Prämie für die flexible Steuerung der Anlage. Dabei hängt die steuVE mit auf dem Haushaltszähler. Der Kunde erhält einen pauschalen Rabatt, die Abwicklung benötigt keine separate Verbrauchsmessung.
Modul 2: Prozentuale Arbeitspreisreduzierung des Netzentgelts
Bei Modul 2 reduziert sich der Arbeitspreis pro Kilowattstunde für die Energiemenge der steuVE. Voraussetzung dafür ist ein zusätzlicher Zähler für die steuVE, die separate Messung ist auch Voraussetzung für die bestehenden Umlagebefreiungen für Wärmestrom (KWK- und Offshore-Umlage nach Energiefinanzierungsgesetz). Eine Reduzierung des Bezugspreises um etwa einen Cent pro Kilowattstunde wird durch die Umlagenbefreiung erreicht.
Modul 3: Zeitvariables Netzentgelt (erst ab 2025)
Wurde bereits Modul 1 gewählt, kann ab 2025 zusätzlich ein zeitvariables Netzentgelt zusätzlich in Anspruch genommen werden (Modul 3). Durch dieses neu hinzugekommene zeitvariable Netzentgelt soll eine Reduktion von Lastspitzen im Netz erfolgen. Der Netzbetreiber legt unterschiedliche Preisstufen innerhalb eines Tages fest, die die typische Auslastung seines Netzes berücksichtigen. Der Verbraucher wird über ein besonders niedriges Entgelt angereizt, seine Verbräuche in Zeiten zu verschieben, in denen die Netzauslastung niedrig ist. Modul 3 muss von den Netzbetreibern erst ab dem 1. April 2025 abgerechnet werden, da hierzu die Digitalisierung in der Niederspannung weiter fortgeschritten sein muss. Wenn der Netzbetreiber nicht sehen kann, welchen Effekt er durch die preislichen Anreize erzielt hat, kann er auch die Steuerungsmaßnahmen nicht anpassen.
Mögliche Steuerungen und deren Umsetzung in der Praxis
Vom Verbraucher wird aus zwei Modellen der Steuerung gewählt und dem Fachunternehmer bei der Anmeldung mitgeteilt. Je steuerbarer Verbrauchseinrichtung muss weiterhin ein gewisser netzwirksamer Leistungsbezug möglich sein. Eine Anlage, deren Leistungsbezug nicht auf die verfügbare Leistung reduziert/gedimmt werden kann, wird abgeschaltet.
Direktsteuerung
Die Ansteuerung jeder steuVe erfolgt einzeln, die netzwirksame Mindestbezugsleistung beträgt in der Regel mindestens 4,2 Kilowatt. Wärmepumpen mit über 11 Kilowatt elektrischer Anschlussleistung haben Anspruch auf mindestens 40 % der installierten Leistung. Ist eine Wärmepumpe und eine Ladevorrichtung installiert, wird jedem Verbraucher die Leistung zugeordnet. Es kann beispielsweise nicht die verfügbare Leistung für eine Wärmepumpe auf den Verbraucher Ladevorrichtung übertragen werden.
Steuerung über Energiemanagementsystem (EMS)
Es findet eine gemeinsame Betrachtung aller steuVE statt. Abhängig von der Anzahl nsteuVe findet ein Gleichzeitigkeitsfaktor (Tabelle 1) Berücksichtigung mit dessen Hilfe der gemeinsame mindestens zu gewährender netzwirksamer Leistungsbezug berechnet wird. Die Nutzung der lokalen Eigenerzeugung inkl. der Ausspeicherung aus Stromspeichern ist dabei möglich. Bei dieser Variante kann der Verbraucher über das Energiemanagementsystem flexible entscheiden, welchem Verbraucher welcher Leistung zugeordnet wird. Wird beispielweise im Winter eine Dimmung durch den Netzbetreiber umgesetzt, hat dies keine Auswirkung auf die Wärmepumpe, wenn nicht gleichzeitig das E-Auto geladen wird.
Technische Umsetzung und Herausforderungen
Die technische Umsetzung der Steuerung zwischen Heimnetz und Netzbetreiber wird über einen CLS-Kommunikationsadapter ermöglicht. Dieser Adapter ist in der Steuerungseinrichtung integriert und nach BSI TR-03109-5 zertifiziert.
Die Verbindung von Smart Meter Gateway zur Steuerungseinrichtung ist über Relaiskontakte oder über eine digitale Schnittstelle möglich. Da über eine digitale Schnittstelle gegenüber Relaiskontakten eine Rückmeldung der Geräte an die Steuereinheit erfolgt, ist diese aus technischer Sicht zu bevorzugen.
Die BNetzA verweist derzeit auf die Verwendung von EEBUS und stellt dabei keine weiteren Anforderungen. Andere Schnittstellen (z.B. KNX) sind ebenfalls denkbar, müssen aber die Anforderungen der BNetzA erfüllen. Weitere Informationen hierzu sind dem FNN-Lastenheft zu entnehmen. Die bisher verbreitete Modbus-Schnittstelle genügt den Anforderungen nicht mehr.
Bei Umsetzung über Relaiskontakte gilt:
- Die Installation von Schaltleitungen erfolgt unter Beachtung der Steuerspannung vom Zählerschrank zur Wärmepumpe
- Die Anschlussbelegung ist mit dem Messstellenbetreiber abzustimmen
Bei Umsetzung über eine digitale Schnittstelle gilt:
- Die Installation erfolgt mit einem Router oder Switch über eine Kommunikationsleitung (mindestens Cat 5) oder über eine drahtlose WLAN-Verbindung
- Bei der Geräteanmeldung muss der Sicherheitsschlüssel im Portal des Messstellenbetreibers eingegeben und im Endgerät bestätigt werden
- Bei erfolgreicher Anmeldung leuchtet die Statusanzeige grün auf und der Netzbetreiber wird automatisch über die Inbetriebnahme informiert
Die Implementierung der §14a-Regelung stellt Ingenieure und Anlagenbauer vor diverse Herausforderungen:
- Interoperabilität: Sicherstellung der Kompatibilität zwischen verschiedenen Herstellern und Systemen.
- Datensicherheit: Implementierung robuster Sicherheitskonzepte zum Schutz vor unbefugten Zugriffen.
- Latenzzeiten: Minimierung der Reaktionszeiten bei Steuerungseingriffen zur Gewährleistung der Netzstabilität.
- Nutzerakzeptanz: Entwicklung von Systemen, die trotz externer Steuerung den Komfort und die Nutzerpräferenzen berücksichtigen.
- Skalierbarkeit: Gestaltung von Lösungen, die mit der zunehmenden Anzahl steuerbarer Verbrauchseinrichtungen Schritt halten können.
Vorteilhafte Betriebsstrategien
Folgende Betriebsstrategien können je nach steuVe abgeleitet werden. Diese werden am Beispiel der Wärmepumpe, des Batteriespeichers und der Elektroladestation punktuell erörtert:
Wärmepumpe
- Nutzung von Wärmespeichern zur Pufferung bei Leistungsreduzierung
- Implementierung von prädiktiven Regelungsalgorithmen zur Optimierung des Energieverbrauchs
- Kopplung mit PV-Anlagen zur Erhöhung des Eigenverbrauchsanteils (Achtung: Schlechtere Jahresarbeitszahl kann die Folge sein!)
Batteriespeicher
- Nutzung von Prognosemodellen zur Optimierung der Speichernutzung
- Implementierung von Peak-Shaving-Funktionen zur Netzentlastung
- Integration in Energiemanagementsysteme zur Koordination mit anderen steuerbaren Verbrauchern
Elektroladestationen
- Nutzung von zeitvariablen Tarifen zur Optimierung der Ladezeiten
- Implementierung von Vehicle-to-Grid (V2G) Funktionen zur Netzunterstützung
- Koordination mit anderen Haushaltsverbrauchern zur Einhaltung von Leistungsgrenzen
Ausblick und Entwicklungspotenziale
Die §14a-Regelung bildet die Grundlage für ein intelligentes und flexibles Stromnetz. Zukünftige Entwicklungen könnten folgende Aspekte umfassen:
- Künstliche Intelligenz: Einsatz von KI-Algorithmen zur Optimierung der Netzsteuerung und Verbrauchsvorhersage.
- Blockchain-Technologie: Implementierung dezentraler Steuerungskonzepte und Peer-to-Peer-Energiehandel.
- 5G-Integration: Nutzung von 5G-Netzen für eine schnellere und zuverlässigere Kommunikation zwischen Netzkomponenten.
- Sektorenkopplung: Verstärkte Integration von Strom-, Wärme- und Verkehrssektor zur ganzheitlichen Energieoptimierung.
Die technische Umsetzung des §14a EnWG erfordert eine enge Zusammenarbeit zwischen Netzbetreibern, Herstellern und Anlagenbauern. Die Enticklung standardisierter Schnittstellen und Kommunikationsprotokolle wird dabei eine Schlüsselrolle spielen, um eine reibungslose Integration steuerbarer Verbrauchseinrichtungen in das Stromnetz zu gewährleisten.