DIN 1986-100: Warum die Notentwässerung von Flachdächern immer wichtiger wird
Bei Starkregenereignissen oberhalb des Berechnungsregens kann es auf Flachdächern zum Aufstau und zu Überflutungen kommen. Deshalb muss nach DIN 1986-100 (DIN 1986-100 Entwässerungsanlagen für Gebäude und Grundstücke – Teil 100: Bestimmungen in Verbindung mit DIN EN 752 und DIN EN 12056, Dezember 2016) grundsätzlich jedem Entwässerungstiefpunkt auf dem Dach neben dem Ablauf eine Notentwässerung zugeordnet werden. Ausgenommen von dieser Vorschrift sind lediglich Dächer, die planmäßig zur Regenrückhaltung eingesetzt werden. Diese benötigen aber einen statischen Nachweis darüber, dass sie den auftretenden Lasten durch einen Jahrhundertregen standhalten. In der Regel sind dies Dächer aus Beton. Nur in diesem Fall kann auf eine Notentwässerung verzichtet werden.
Bei Flachdächern in Leichtbauweise muss dagegen jeder Tiefpunkt über eine Notentwässerung verfügen, damit bei einer Störung der planmäßigen Entwässerung oder bei Starkregen die zulässige Dachlast nicht durch aufstauendes Niederschlagswasser überschritten wird. Die Notentwässerung kann durch eine ausreichende Öffnung in der Attika oder über ein separates Leitungssystem erfolgen. Sowohl die Größe der Öffnung als auch die separate Notentwässerung müssen dabei für das über fünf Minuten zu erwartende Jahrhundertregenereignis dimensioniert werden.
Notentwässerung immer separat
Die Notentwässerung darf nach DIN 1986-100 nicht über das öffentliche Kanalnetz erfolgen. Anfallende Wassermengen müssen auf eine schadlos überflutbare Fläche auf dem Grundstück abgeleitet werden. Diesem Punkt muss große Beachtung geschenkt werden, da nur so erkannt werden kann, ob die Hauptentwässerung unterbrochen ist, beispielsweise durch eine Überlastung in der Grundleitung. Die Notentwässerung führt das Niederschlagswasser nur im Falle eines Starkregenereignisses oder bei einer Störung in der Hauptentwässerung ab.
Das über die Notentwässerung abgeleitete Niederschlagswasser darf dabei nicht auf andere Dachflächen oder Dachterrassen geführt werden. Von Notüberläufen als freiem Auslauf durch die Attika verursachte Beschädigungen oder eine Durchfeuchtung der Fassade gelten dabei als hinnehmbar. Wer dies vermeiden möchte, muss auf ein Notentwässerungssystem mit separatem Leitungssystem setzen.
Notentwässerung bei Sanierung
Bei der geplanten Sanierung einer Dachfläche muss als Erstes die Regenspende nach Kostra-DWD-20202 berechnet werden. Als Nächstes muss das Ablaufvermögen der bestehenden Leitung überprüft und mit der berechneten Regenspende abgeglichen werden. Weicht die berechnete Regenspende von der früheren Regenspende ab, muss das Leitungssystem angepasst werden.
Die anzusetzende Regenspende hat sich in den vergangenen Jahren mehrfach geändert. Früher wurden als pauschale Werte zunächst 150 l/(s·ha), später 300 l/(s·ha) angenommen. Ab 2002 wurden die Regenspenden nach Kostra-DWD zugrunde gelegt. Der Datensatz wurde kontinuierlich fortgeschrieben und in den Jahren 2018 bis 2020 grundlegend in der Methodik überarbeitet. Seit dem 1. Januar 2023 gilt nun der neue Datensatz Kostra-DWD-2020 mit dem Bezugszeitraum 1951 bis 2020. Des Weiteren muss geprüft werden, ob eine Notentwässerung vorhanden und wie sie ausgelegt worden ist. Eventuell muss auch hier das bestehende Leitungssystem angepasst werden. Ist bereits eine Notentwässerung vorhanden, muss die Leitungsführung daraufhin geprüft werden, ob sie an das örtliche Abwassernetz angeschlossen ist, was nicht mehr zugelassen ist.
War bis dato keine Notentwässerung vorgesehen, muss diese nun nach DIN 1986-100 zwingend umgesetzt werden. Vorhandene Einlaufkörper müssen, sollten sie weitergeführt werden, auf einen ordnungsgemäßen Zustand hin kontrolliert werden. Wichtig ist dabei die Anbindung der Abläufe zur Dachhaut. Dabei darf die Statik der Dachfläche zu keinem Zeitpunkt der Sanierung außer Acht gelassen werden. Durch zusätzliche Dämmung sowie größer dimensionierte oder neu gelegte Leitungen können größere Lasten auf das Dach einwirken. Ebenfalls darf die Schneelast nicht vernachlässigt werden. Zudem muss bei der Modernisierung überprüft werden, ob die vorhandene Grundleitung die anfallenden Wassermengen abführen kann.
Unterdruckdachentwässerung
Bei dem Unterdruckdachentwässerungssystem Pluvia von Geberit erfolgt die Notentwässerung über ein separates Leitungssystem. Das System besitzt ein eigens entwickeltes Notüberlaufset, mit dem der Grundkörper des Dachwassereinlaufs zu einem Notüberlauf umgerüstet werden kann. Der Aufwand einer erhöhten Montage der Noteinläufe entfällt damit vollständig. Durch den Einsatz des Notüberlaufsets wird das Niederschlagswasser auf dem Dach, je nach System (12 l oder 25 l) zwischen 55 und 65 mm hoch angestaut, bis der Notüberlauf in Betrieb geht. Dann sorgt die Notentwässerung zusammen mit dem Hauptentwässerungssystem für eine Ablaufleistung von bis zu 24 l/s in Verbindung mit dem 12-l-System, alternativ von bis zu 50 l/s mit dem 25-l-System.
Sowohl die Hauptentwässerung als auch die Notentwässerung werden beim Einsatz des Unterdruckdachentwässerungssystems als kostenlose Dienstleistung vom Hersteller dimensioniert. Der Kunde bekommt die Isometrien der Leitungsführung, die Hydraulikliste und einen Materialauszug mit geschätzten Montagezeiten. Diese Vorgehensweise hat Tradition: Von Anfang an wurden die Anlagen als Dienstleistung dimensioniert, seit 1988 bietet Geberit eine eigene Softwarelösung und hat damit mehr als 34 Jahre Erfahrung in der Projektierung.
Erfahrungen mit der Unterdruckdachentwässerung gibt es bei dem Unternehmen schon seit 1981. Darauf basierend bietet das System für vielfältige Bausituationen auf dem Flachdach die passende Lösung. Die drei Systemkomponenten Dachwassereinlauf, Entwässerungssystem und Befestigungssystem zeigen in der Praxis überzeugende Montagevorteile gegenüber einer konventionellen Dachentwässerung. Mit der Unterdruckdachentwässerung lassen sich Kalt- und Warmdächer sowie Umkehrdächer und unterschiedlich begrünte Dachflächen entwässern: Das System bietet die doppelte Ablaufmenge an Niederschlagswasser bei halbierten Rohrdurchmessern und reduziert die Anzahl der Fall- und Grundleitungen. Damit ermöglicht es wesentlich mehr Freiraum bei der Planung von Gebäude und Dach, bei der Nutzung des Raums und bei der Abstimmung unter den Gewerken.
Projektierung und Ausführung
Zu beachten ist, dass nach DIN 1986-100 der maximale Abstand der Ablaufkörper 20 m nicht überschreiten darf, wenn alle Abläufe in einem linearen Tiefpunkt liegen. Der Abstand zur Attika bzw. zur Fassade darf maximal 10 m betragen. Bei größeren Höhenunterschieden in der Dachfläche sind entsprechend kleinere Abstände zu wählen. Entstehen aufgrund der Dachkonstruktion – beispielsweise wegen großer Trägerabstände – mehrere Tiefpunkte, sind an jedem Tiefpunkt ein Haupt- und Notüberlauf vorzusehen. Das Niederschlagswasser von Dächern mit Höhendifferenzen größer 1 m darf nicht in eine gemeinsame Fallleitung abgeleitet werden. Das Gleiche gilt für Dachflächen mit unterschiedlichen Abflussbeiwerten.
Die Dachwassereinläufe Pluvia werden direkt unter dem Dach mit einer Sammelleitung ohne Gefälle zusammengeführt. Große Dachflächen mit bis zu 5000 m² können somit über eine einzige Fallleitung mit der doppelten Ablaufmenge an Niederschlagswasser bei halbierten Rohrdurchmessern entwässert werden. Die Flachdachplanung wird dadurch einfacher und die Bauzeit reduziert. Kostenintensive Grundleitungen entfallen und die gestalterischen Möglichkeiten für das Gebäude und seine Nutzung werden um ein Vielfaches erhöht.