Villeroy & Boch schickt spülrandfreie WCs auf den Prüfstand
Die auf dem Prüfstand in Mettlach ermittelten Ergebnisse der Versuche zu spülrandfreien WC-Becken aus dem Jahr 2014 wurden öffentlich gemacht und offensiv vermarktet. Das sorgte für reichlich Diskussionsstoff. Hier finden Sie die Details zum Test – und auch die Stellungnahmen der berücksichtigten Hersteller.
Bereits im September 2013 beauftragte Villeroy & Boch die TÜV Rheinland LGA Products GmbH insgesamt neun spülrandfreie Wand-Tiefspül-WC-Becken von verschiedenen Herstellern hinsichtlich Flächenspülung und Überspritzen zu testen. Geprüft wurde eine Auswahl der zum Zeitpunkt der Beauftragung des Tests bekannten und frei erhältlichen WCs dieser neuen Generation. (Hinweis: Noch mehr WCs wurden im herstellerunabhängigen Praxistest der Fachzeitschrift SBZ in Kooperation mit der Hochschule Esslingen im Jahr 2015 untersucht.)
Wichtige Kriterien bei spülrandfreien WCs: Überspritzen und Flächenspülung
Getestet wurden die Kriterien Flächenbespülung und Spritzverhalten nach der Norm EN 997 und zusätzlich nach noch strengeren, von Villeroy & Boch festgelegten Prüfvorgaben hinsichtlich Alltagstauglichkeit und Hygiene. Nicht geprüft wurden weiteren Funktionskriterien nach EN 997 – wie Papierausspülung oder Nachlaufwassermenge.
Getestet wurde mit drei verschiedenen Spülkästen: Neben der Prüfung mit einem sogenannten Normspülkasten wurden die Tests zusätzlich mit zwei weiteren handelsüblichen und jeweils der Norm entsprechenden Spülkästen mit je einem schwachen Spülstrom (Viega) bzw. einem starken Spülstrom (Sanit) durchgeführt. Die Prüfung mit drei unterschiedlichen Spülkästen sowie die gegenüber der Norm strengeren Kriterien bei der Flächenbespülung simulieren nach Auffassung von Villeroy & Boch die Alltagsanforderungen an die Konstruktionsart der neuen wasserrandlosen Toilettengeneration.
Gemäß der Norm EN 997 wird die Flächenbespülung bei spülrandfreien WCs erst ab 85 mm unterhalb der Oberkante der Beckenmulde gemessen. Im durchgeführten Test wurde ein strengerer Maßstab als in der Norm angesetzt: gemessen wurde die bespülte Fläche des kompletten WC-Beckens, ab der Oberkante der Beckenmulde, d. h. im ganzen Sicht- und Nutzbereich.
Die Anforderungen an die neue WC-Generation sind in der aktuellen Norm und den darin beschriebenen Prüfungen nach Ansicht von Villeroy & Boch nicht ausreichend berücksichtigt. Die bisherige Normvorgabe von 85 mm mache daher hinsichtlich der neuen WC-Generation keinen Sinn mehr, zumal der bisher nicht gemessene Bereich bei den spülrandfreien WCs voll einsehbar ist. Villeroy & Boch hält es daher für notwendig, die bestehenden Prüfanforderungen der Norm für diesen neuen WC-Typ um die zusätzliche Prüfvorgabe bei Flächenbespülung 0 bis 85 mm unterhalb der Oberkante des Beckens zu erweitern.
Durch die zusätzlichen Prüfvorgaben bei der Flächenbespülung im Bereich 0 bis 85 mm unterhalb der Oberkante des Beckens wird gewährleistet, dass das gesamte Innenbecken insbesondere auch des vorderen Bereichs getestet wird, denn gerade in diesem Bereich besteht ein erhöhtes Risiko für Urinspritzer, Fäkalreste und andere Ablagerungen.
Die Prüfung jedes WCs mit den drei unterschiedlichen Spülkästen sollte eine realistische, beim Verbraucher anzutreffende Situation nachstellen. In der Praxis können je nach örtlichen Gegebenheiten unterschiedliche normgerechte Spülkästen verschiedener Hersteller mit hohem, mittlerem oder niedrigem Spülstrom eingesetzt werden. Für das Kriterium des Überspritzens wurden nach den gemäß der Norm EN 997 definierten Prüfanforderungen mit einer Kartonschablone auf dem WC-Spülrand Spritzer ab 2 mm Durchmesser gemessen. Nur wenige kleine Tropfen sind zulässig.
WC-Modelle mit kleiner Schürze liegen vorne
Die Testreihe hat gezeigt, dass bei den unterschiedlichen Konstruktionssystemen die WC-Modelle mit einer kleinen Schürze und Wassereinspritzdüsen oben (Typ 1) eine deutlich geringere unbespülte Fläche aufweisen als die WC-Becken ohne eine solche Schürze mit Wassereinspritzdüsen weiter unten (Typ 2). Die höhere Position der Wassereinspritzdüsen bei WC-Becken mit kleiner Schürze bedingt, dass das Innenbecken effektiv bespült wird.
Bei WC-Becken mit Schürze an der Oberkante des Beckens, kann die Wasserführung unabhängig von der Spüleinrichtung bis zur Schürze geführt werden, ohne das Wasser beim Spülen austritt. Eine unbespülte Fläche kann dadurch vermieden werden. Bei Beckentyp 2 mit einsehbarem Wasserrand kann bei einer Spülung Wasser über die Oberkante des Beckens austreten. Je nach Konstruktion des WC-Beckens und der Kombination mit der Spüleinrichtung, gibt es immer einen Bereich unterhalb der Oberkante des Beckens, der nicht bespült wird.
Das spülrandfreie WC-Becken DirectFlush Subway 2.0 von Villeroy & Boch weist im Test bei allen drei Spülkästen die kleinste unbespülte Fläche auf. Das Durastyle rimless von Duravit erfüllt ebenfalls die Anforderungen des Spültests. Alle anderen Produkte weisen mehr oder weniger gravierende Schwächen auf. Details zeigen die Bilder in der unten stehenden Bildergalerie. Im Zuge einer ausgewogenen Berichterstattung hat die SBZ allen berücksichtigten Firmen die Möglichkeit einer Kommentierung und Stellungnahme gegeben. Hier die doch sehr unterschiedlichen Meinungen.
Bilder zeigen Testergebnisse mit dem Viega Eco-Spülkasten
Neben der Prüfung mit einem sogenannten Normspülkasten wurden die Tests zusätzlich mit zwei weiteren handelsüblichen Spülkästen durchgeführt. Die in diesem Fachbeitrag veröffentlichten Bilder zeigen die Ergebnisse des Test mit dem handelsüblichen Viega Eco-Spülkasten. Das Produkt des Herstellers aus Attendorn verfügt über einen im unteren Bereich der Normtoleranzen zulässigen Spülstrom von 2,0 l/s.
Die in der Bildergalerie aufgeführten Aufnahmen lassen deutliche Unterschiede beim Ausspülverhalten der einzelnen spülrandfreien Modelle erkennen. Die Testreihe hat gezeigt, dass bei den unterschiedlichen Konstruktionssystemen die WC-Modelle mit einer kleinen Schürze und Wassereinspritzdüsen eine deutlich geringere unbespülte Fläche aufweisen als WC-Becken ohne eine solche Schürze mit Wassereinspritzdüsen.
Laut Norm darf die nicht gespülte Fläche 50 cm2 nicht überschreiten. Zum leichteren Verständnis sind die Werte +/–20 % um diesen Normwert wie bei einer Ampel gelb gekennzeichnet, alle darüber liegenden Werte rot. Laut Norm dürfen nur wenige Tropfen des Spülwassers über den Beckenrand austreten. In der Tabelle wurden 0 bis 1 Tropfen grün, 2 bis 3 Tropfen gelb und ab 4 Tropfen rot gekennzeichnet (siehe Grafik).
Die Statements der Hersteller
Duravit: Nicht schlecht gemachte Reklame
Zum einen ist das gute Abschneiden unseres Produktes für uns keine Überraschung, zum anderen sollte das Ergebnis des Tests nicht überbewertet werden. Wir selbst führen seit geraumer Zeit umfangreiche Spültests durch und können die Resultate daher gut einordnen. Bekanntlich hängt das Testergebnis maßgeblich von den vom Auftraggeber gesetzten Prämissen ab.
So gehören die Auswahl der Produkte, die Auslegung der Norm und deren Test und die Definition zusätzlicher eigener Testkriterien etc. dazu. Die Umsetzung dieser Vorgaben durch eine anerkannte Institution ändert daher nichts an unserer Einschätzung: Gar nicht mal schlecht gemachte Reklame, natürlich überwiegend in eigener Sache.
Prof. Dr. Frank Richter, Vorstandsvorsitzender der Duravit AG
Ideal Standard: Test verunsichert Berater und Konsumenten
Die Ergebnisse des im Rahmen der Messe SHK in Essen veröffentlichten Spülvergleichs randloser WCs durch Villeroy & Boch sieht man im Hause Ideal Standard gelassen. Das spülrandlose WC unserer Linie Contour 21 hat im Vergleich sehr gut abgeschnitten. Dabei handelt es sich um ein WC, dass wir bereits seit einigen Jahren im Sortiment haben. Das aktuelle Produkt der Serie Connect wurde bei dem Test leider nicht geprüft.
Berücksichtigt man jedoch die Unterscheidung in Typ 1 und Typ 2 ist Ideal Standard der Sieger bei den absolut spülrandlosen WCs des Typ 2, während DirectFlush zum Typ 1 gehört. Aus unserer Sicht werden mit diesem Test Berater und Konsumenten verunsichert. Denn die Test-Kriterien unterscheiden sich von denen der DIN EN 997. Diese sagt „Bei WC-Becken ohne Spülrand ist die Prüffläche der Bereich zwischen der Wasserfläche im Geruchverschluss und einer horizontalen Linie 85 mm unter der Oberkante der Beckenmulde.“
Den von V&B durchgeführten Test nach dem Kriterium „Fläche direkt ab der Kante bis zu den 85 mm“ kann sicherlich ein WC des Typs 1 „Wasserrand mit einer kleinen Schürze an der Oberkante des Beckens“ besser erfüllen, als ein Typ 2 WC „Wasserrand ist von oben ins Becken komplett einsehbar“. Dazu bedarf es keines aufwendigen Tests; dies ist eher einfache Physik.
Martina Wege, Produktmanagement Ideal Standard
Keramag: Keine Stellungnahme
Auch Keramag wurde die Möglichkeit einer Stellungnahme eingeräumt. Die Rimless-WCs konnten beim Test insbesondere mit dem Ausspülverhalten nicht überzeugen und deshalb wäre eine Stellungnahme aus Ratingen besonders interessant gewesen.
Laufen: Wichtige Kriterien nicht geprüft
Generell sind wir mit dem Ergebnis dieses Prüfberichts zufrieden, denn die Tests haben gezeigt, dass Laufen die Bespülung des Innenbeckens sehr gut im Griff hat und unsere WCs sauber bespült werden – ein Ergebnis langjähriger intensiver Forschung und Entwicklung, die permanent fortgeführt wird.
Was die aufgetretenen Spritzer bei hohem Spülstrom angeht, lässt sich leider nicht eindeutig erkennen, ob dafür Laufen Pro Rimless WCs aus unserer Erstproduktion verwendet wurden. Tatsächlich kam es anfangs in Kombination mit bestimmten Spülkästen und hohem Spülstrom zu Spritzern.
Wir haben das rechtzeitig erkannt und diese WCs weiterentwickelt, sodass wir jetzt in unseren Werken in Österreich und der Schweiz spülrandlose WCs produzieren, die absolut spritzfrei spülen. Davon konnte sich übrigens auch das Fachpublikum auf unserem Messestand auf der SHK Essen selbst überzeugen, denn wir haben dort unsere spülrandlosen WCs an allen Messetagen in voller Aktion gezeigt.
Grundsätzlich muss man bei diesem Thema auch bedenken, dass die EN 997 ursprünglich auf WCs mit Spülrand ausgelegt und dann auf spülrandlose WCs erweitert wurde. Laut EN 997 kann bei spülrandlosen WCs die unbespülte Fläche 85 mm unterhalb des Keramikrandes liegen, wir bei Laufen testen allerdings mit 40 mm – also deutlich über der Anforderung der Norm. Zudem ist das Zusammenspiel von Spülkasten und WC relativ komplex und bedarf gegebenenfalls einer Abstimmung. Ein erfahrener Handwerker hat natürlich immer die Möglichkeit, die Spülleistung oder die Prallkraft zu drosseln. Im Bericht irritiert außerdem, dass nicht auch mit Spülkästen anderer wichtiger Hersteller getestet wurde. Auch wurden keine Aussagen zu den weiteren Funktionskriterien der EN 997 getroffen – wie Papierausspülung oder Nachlaufwassermenge. Sie sind aber für die Kundenzufriedenheit elementar wichtig.
Alles in allem sehe ich bei diesem Thema eine gute Chance für die Branche, denn es zeigt, wie wichtig die fachmännische Beratung durch Handel und Handwerk für den Verbraucher ist. Wir haben in Deutschland immer noch einen Renovierungsstau im Bad, mit Bädern, die 20 Jahre oder älter sind. Eine Beratung vom Profi sorgt dafür, dass die Kombination aus Spülkasten und WC optimal aufeinander abgestimmt wird, wir von Laufen bieten Handel und Handwerk dazu natürlich auch entsprechende Schulungen an. Ich denke, wir sind alle gut beraten, den eingeschlagenen Weg weiterzugehen und weiterhin in solche nachhaltigen Innovationen zu investieren – das spülrandlose WC hat noch viel Potenzial für die Zukunft.
Marc Viardot, Director Marketing and Product Laufen Bathrooms AG
Toto: Subway hat sehr wohl gespritzt
Toto produziert bereits seit 2002 randlose WCs mit der Tornado-Flush-Spülung. Diese Spülung ist technisch sehr weit ausgereift und mit Sicherheit eine der besten auf dem Markt. Das bestätigt uns auch das Feedback, dass wir vom Handel und Handwerk bekommen. Die Spülung wird kreisend in das Becken eingeleitet und zirkuliert im Innenbereich. Bei anderen Spülungen kommt das Wasser von hinten und trifft im vorderen Beckenbereich zusammen. Bei diesem Zusammentreffen entsteht in der Regel ein Sprühnebel oder sogar Spritzer, was bei unserer kreisenden Spülung aus naheliegenden Gründen nicht der Fall sein kann. Bei der Tornado-Flush-Spülung werden die Wasserkräfte in eine Richtung gebündelt, die Spülung ist somit frei von Spritzern.
Auf der SHK war das Subway auf dem Messestand von V & B ausgestellt und jeder Messebesucher konnte sich die Spülung ansehen. Da wird es vielen Besuchern bestimmt aufgefallen sein, dass das Subway 2.0 sehr wohl gespritzt hat. Das V&B Testergebnis spricht von null Spritzern, was auf der Messe dann aber nicht bestätigt werden konnte. Auch ohne Löschpapier waren die Spritzer auf der Keramik gut sichtbar.
Ferner hat V & B das Spülverhalten verschiedener randloser WCs zwischen dem Beckenrand bis 85 mm unterhalb des Randes geprüft. Hier stellt sich für uns die Frage: Wie sinnvoll ist dieser Test überhaupt? Findet in diesem Bereich eine signifikante Verschmutzung statt? Nicht umsonst lässt die Norm EN 997 diesen Bereich aus und berücksichtigt ihn nicht.
Zudem hat das Subway 2.0 im hinteren Bereich eine keramische Schürze. Diese Schürze ist scheinbar nicht in die Messung der 85-mm-Marke eingeflossen. Dieser Bereich wird bei V & B aber nicht mitgespült. Würde man in der gesamten Innenkeramik konsequent 85 mm vom Rand abwärts messen, müsste man diesen Bereich in die Messung einfließen lassen und das Ergebnis würde sich sicherlich zu Ungunsten von V&B verschieben.
Abschließend stellt sich noch die Frage: „Ist ein WC mit einer keramischen Schürze überhaupt ein randloses WC oder ist es eher ein teilrandloses WC? Unterhalb der keramischen Schürze ist das WC gar nicht mehr zu reinigen. Selbst unter einem Spülrand kann man besser reinigen als unter der keramischen Schürze. Bei Toto sind alle Bereiche frei zugänglich. Es gibt keine unzugänglichen Bereiche. In diesem Sinne sind wir sicher, dass die Fachleute diesen Test und die im Markt befindlichen WCs richtig beurteilen werden.
Hubertus Brüggemann, Vertriebsleiter der Toto Europe GmbH
Villeroy & Boch: Von der Leistungsfähigkeit überzeugt
Wir waren stets von der Leistungsfähigkeit und den im Vergleich zu Wettbewerbern hervorragenden Eigenschaften unseres innovativen Produkts überzeugt und wollten die Vorteile gegenüber ähnlichen Produkten auch von einer objektiven Stelle bestätigt haben. Darum haben wir den TÜV Rheinland im Herbst 2013 beauftragt, einen Test mit wandhängenden Tiefspül-Becken dieser neuen wasserrandlosen WC-Generation durchzuführen.
Dabei war es uns wichtig, dass dieser Test analog der bestehenden Norm EN 997 durchgeführt wurde. Das gilt erst recht für die zusätzlichen, strengeren Anforderungen an die Flächenbespülung. Basis für alle Tests ist der Testaufbau und die Durchführung entlang der Norm.
Andreas Pfeiffer, Vorstandsmitglied der Villeroy & Boch AG
Dieser Artikel ist zuerst erschienen in SBZ/07-2014.
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