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Solarthermie und Flächenheizung: Die Sonnenenergie in der Fläche nutzen

Ulrich Stahl

Auch im Gebäudebestand müssen die deutlichen Veränderungen in der Energieerzeugung, im Energietransport und in der notwendigen Speicherung Beachtung finden. Die zukünftigen Neubauten und Altbaurenovierungen, die nach dem Gebäudeenergiegesetz (GEG) umgesetzt werden, sollen dabei über eine sehr hohe Gesamtenergie­effizienz verfügen. Der Energiebedarf soll zu ­einem ganz wesentlichen Teil durch Energien aus erneuerbaren Quellen gedeckt werden, die idealerweise am Standort oder in der ­Nähe erzeugt werden. Es geht also um Gebäude, die einen gewissen Grad an Energieautonomie aufweisen.

Dieses denkmalgeschützte Wohnhaus in der ­Hattinger Altstadt wurde mit gebäu­de ­integrierter Solar­thermie ausgestattet.

Anlagentechnik, Regelung und Speicherung

Dementsprechend werden die Gebäude von morgen deutliche Veränderungen der bis­herigen Anlagentechnik nach sich ziehen. Der Einsatz regenerativer Energien wird zu einer weitgehenden Verdrängung der Beheizung mittels fossiler Energieträger (Heizöl und Erdgas) führen.

Strom- und/oder wassergeführte Konzepte sowie mechanische Lüftungssysteme unter Einbindung von Umweltwärme und Photovoltaik mit temporärer Speicherung gewinnen an Bedeutung. Geeignete Wärme-/Kälteerzeuger, die mit nachwachsenden Rohstoffen betrieben werden, kommen vermehrt zum Einsatz. Die gleichzeitige Erzeugung von Strom und Wärme, etwa durch Kraft-Wärme-​Kopplung, ist ebenfalls eine zukunftsträch­tige Technologie.

Vor dem Hintergrund des anstehenden ­Paradigmenwechsels der Energieträger kommt der Energiespeicherung in den künftigen Anlagenkonzepten eine wesentlich größere Bedeutung zu. Bei der Hybridheizung beispielsweise wird zumeist Wärme über thermische Solarkollektoren erzeugt und gespeichert. Ein weiterer Wärmeerzeuger wird zugeschaltet, sobald die Wärmeenergie durch die thermische Solaranlage nicht mehr ausreicht bzw. der Pufferspeicher entladen ist.

Die zentrale Anlagenkomponente ist dabei der Pufferspeicher, der idealerweise als Schichtenspeicher ausgeführt wird und über eine entsprechende Regelung und zugehörige Mischventile bedarfsgerecht be- und entladen wird.

Eine Hybridvariante ist die Kombination von Solarkollektoren in Verbindung mit Wärmepumpen. Dabei wird der Warmwasserbedarf im Sommer überwiegend durch Solarthermie gedeckt und die Wärmepumpe wird erst zu Beginn der Heizperiode in Betrieb genommen.

Je nach gewählter Gebäude- und Anlagenkonzeption wird die Deckung der benötigten Wärmeenergie von der Größe der Solaranlage in Kombination mit einem passenden Pufferspeicher bestimmt. Die gebräuchlichste Variante ist eine Kollektor-Speicherabstimmung zur Deckung des Warmwasserbedarfs im Sommer mit teilweiser Heizungsunterstützung. Bei einem 4-Personenhaushalt entspricht dies einer Kollektorfläche von ca. 6 m² und einem Pufferspeicher von ca. 300 l.

Die solarthermische Ernte erreicht im ­Winter natürlich nur geringe Temperaturen und nur über einen kürzeren Zeitraum des Tages. Und trotzdem liegt in der winterlichen lauwarmen Ernte kleiner 40°C ein riesiges Heizpotenzial. Passende Niedertemperaturverbraucher machen auch die winterlichen Erträge effizient nutzbar. Zu diesen Verbrauchern zählt die Flächenheizung, in Kombination mit einer Wärmepumpe oder anderen Wärmeerzeugern.

Um die regenerativ gewonnene Energie möglichst optimal nutzen zu können, empfiehlt sich eine Flächenheizung in Form der Fußbodenheizung, ggf. in Kombination mit einer Wandheizung oder einem Heiz- und Kühldeckensystem. Diese Systeme kommen bekanntlich mit niedrigen Systemtemperaturen aus. Auf diese Weise können aus solar­thermischen Anlagen bereits die Niedertemperaturerträge direkt genutzt werden.

Die Wand- und Deckenheizung im Fachwerkhaus in Hattingen.

Beispiel 1: Unsichtbares Wärmekonzept im Denkmal

Direkt an der Stadtmauer Hattingens gelegen, wurde ein in mehreren zeitlichen Bauabschnitten errichtetes, unter Denkmalschutz stehendes Fachwerkensemble grundlegend energetisch saniert. Das Stammhaus wurde ca. 1740 errichtet, später erfolgten mehrere Ergänzungen und Umbauten, bis zur Übernahme durch die heutigen Eigentümer im Jahr 2013.

In enger Zusammenarbeit der Bauherren/​Architekten mit Fachingenieuren und in Einklang mit dem Denkmalschutz konnte ein ­innovatives regeneratives Energiekonzept sowie ein neues Raum- und Tageslichtkonzept entwickelt und von der GeoClimaDesign AG umgesetzt werden. Das sanierte Fachwerkhaus beherbergt nun das Privathaus der ­Eigentümer, drei Gästeapartments und eine Büroeinheit.

Das Gebäude wurde im Zuge der energetischen Sanierung mit einer Niedertemperatur-Flächenheizung ausgestattet und verfügt über einen hohen Energieeffizienzstandard und gesundes behagliches Raumklima. Dasselbe Flächenheizsystem dient im Sommer zudem als Kühlsystem. Kältequelle kann dabei jede thermische Senke sein.

Die Solarernte (Kollektortemperaturen) im Beispiel 1 an einem kalten Herbsttag.

Üblicherweise wird das Flächenkühlsystem mit Geothermie oder einer Kältemaschine gekoppelt. Natürlich eignet sich alternativ auch die thermisch aktivierte Dachfläche in der Nacht als thermische Senke, wenn die Nachttemperaturen geringer sind als die ­Vorlauftemperaturen der Kühlung. Die Kühlung ist auf ca. 16 °C / 18 °C ausgelegt, kann jedoch aufgrund der taupunktgeführten Raumreglung auch niedriger oder höher betrieben werden.

Die Dachhaut und Fassade sind in ihrer Gestalt zwar historisch, in ihrer Funktion jedoch hochmodern, denn sie sind unsichtbare Solarkollektoren. Die thermische Energieernte wird zur Warmwasserbereitung, Heizung und Kühlung genutzt.

Die Bauherren haben ihre smarte Solar­thermieanlage an den Sonnenseiten des Daches und der Fassade großflächig angeordnet. Ziel ist die Niedertemperaturernte und die Fassade ist gerade für die Winterernte hervorragend geeignet.

Der Kapillarrohrkollektor liegt unsichtbar direkt unter dem Schiefer bzw. auch unter der Kupferdachhaut. Die Oberflächentemperatur erreicht im Winter bis zu 50 °C. Das passende Speicherkonzept ermöglicht die Nutzung von Wärmeerträgen bereits bei lauwarmen Temperaturen.

Die Kapillarrohrmatten wurden ­direkt hinter der Schieferfassade ­verlegt.

Insgesamt haben die Eigentümer des Gebäudes mehr als 40 % des angesetzten Jahresverbrauchs an Gas eingespart. Dieses Denkmal ist auch ein Vorbild für alle nicht ­unter Denkmalschutz stehenden Gebäude mit ­hohem Warmwasserverbrauch, wie Hotels und große Wohnhäuser. Oder auch für Gebäude mit Niedertemperaturheizungen, die mit Hilfe von Fassaden- und Dachhaut-integrierter Solarthermie einfach und wirtschaftlich ihre CO2-Einsparziele erreichen können.

Beispiel 2: Umbau einer Scheune zum Wohnhaus

Für den Umbau einer Scheune zum modernen Wohnhaus in Dautphetal entschied sich der Bauherr für Systemlösungen der Buchenauer Roth Werke. Als Flächenheizung und -kühlung kamen Tackersysteme im Parterre und Ober- und Dachgeschoss zum Einsatz. Die Wärmeerzeugung erfolgt über eine Pelletanlage in Kombination mit einem Solar­system. Für die Wärmespeicherung wählte der Bauherr einen Thermotank.

Vor dem Einbau des Tackersystems musste der Boden gut vorbereitet sein. Verschiedene Untergründe wie Beton, alter Estrich und Holzböden wurden zunächst gesäubert. Der Installationsbetrieb spachtelte Risse zu und glich Unebenheiten mit einer Bodenspachtelmasse aus, sodass ein ebener, gleichmäßiger Untergrund entstand, auf dem das System aufgebaut wurde.

Beispiel 2 (vorher): ­Installation der ­Flächen­heizung in der ehe­maligen Scheune in Dautphetal. Die Messstellen sind markiert und Dehnungsfugen in die Türen eingebaut. ­Danach kann der Estrich eingebracht ­werden.

Anhand der Projektierung verlegte der Fachbetrieb 17 Heizkreise in vorgegebenen Verlegeabständen. Vor dem Estricheinbau markierte der Estrichleger die Messstellen und baute die Dehnungsfugen in den Türbereichen ein.

Nach der Einbringung des Estrichs bearbeitete der Estrichleger den noch flüssigen Estrich mit einer Schwabbelstange zur gleichmäßigen Verteilung und um Lufteinschlüsse zu beseitigen. 48 Stunden später war der Estrich begehbar und nach vier Tagen Ruhezeit konnte das Funktionsheizen beginnen. Die Bodenarbeiten konnten 14 Tage danach fortgesetzt werden.

Die Kombination der Pellet­anlage mit dem Solarsystem und dem Thermotank ist eine sehr energieeffiziente Lösung. Der Kunst­stoff-Wärmetank kommt in der modernisierten Scheune als Trinkwasser-Kombispeicher für die Trinkwasserbereitung und Heizungsunterstützung zum Einsatz.

Beispiel 2 (nachher): Im fertig modernisierten Wohnhaus trägt die Flächenheizung dazu bei, die Solarthermie effizient zu nutzen.

Das Haus ist inzwischen bezogen und die Hauseigentümer sind sehr zufrieden mit dem Energiekonzept. Alle Systeme sind erfolgreich in Betrieb genommen – der nächste Winter kann kommen. Der Installationsbetrieb teilte mit: „Den Bauherren war es wichtig, ein modernes Wohnhaus mit effizienter Gebäudetechnik zu erhalten und dabei den Charme der Fachwerkscheune zu bewahren. Das haben wir sehr gut hinbekommen.“

Fazit

Bei einer gut funktionierenden Sonnenheizung kommt es nicht nur auf das richtige Zusammenspiel der einzelnen Komponenten an, sondern vor allem auf eine dem Energieverbrauch angepasste Dimensionierung. Das Verhältnis von Kollektorfläche zu Heizlast hat dabei den größten Einfluss auf den solaren Deckungsgrad. Aber auch der Klimastandort, die Orientierung der Solarmodule, die Speichergröße und das Temperaturniveau der Verbraucher spielen eine große Rolle.

Eine verlässliche Vorhersage über den in einem Durchschnittswetterjahr zu erwartenden Solarertrag und Energieverbrauch lässt sich nur mit geeigneten Simulationsprogrammen ermitteln, wo­bei natürlich auch das Nutzerverhalten das Ergebnis maßgeblich beeinflusst.

Auch wenn die staatliche Förderung nach spezifischer Modulleistung festgelegt wird, so entscheidet sich die Wirtschaftlichkeit allein daran, ob der Niedertemperatur-Winterertrag auch tatsächlich geerntet wird. Hier schneidet die Solarthermieanlage am besten ab, die mit einem „kalten“ Speicher (auch einer Speicher­kaskade), mit Wärmepumpe und mit einem Flächenheiz- und kühlsystem kombiniert wird.

Dieser Artikel von Ulrich Stahl ist zuerst erschienen in SBZ Ausgabe 17/2021. Ulrich Stahl ist Vorstands­vorsitzen­der des Bundes­verbands Flächen­heizungen und Flächen­kühlungen e. V. (BVF), 44149 Dortmund, www.flaechenheizung.de

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