Kistefos Museum: Ein echter Hingucker aus freigeformten Glas
Der Neubau The Twist überquert den Randselva-Fluss bei Jevnaker und schließt damit einen Rundweg, der für den Skulpturenpark des dortigen Kistefos Museums angelegt ist. Die Architektur ist ein starker Kontrast zur Natur: Das Bauwerk stellt sich als weißer Quader dar, der sich 90 Grad um die eigene Achse dreht und so einen Brückenschlag der spektakulären Art vollzieht. Der Körper, der eben noch flach war und „liegt“, wird auf der anderen Seite des Flusses hoch und „steht“.
Durch die Verdrehung nimmt die Architektur des 60 Meter langen, in Aluminium und Glas gehüllte Bauwerk den Höhenunterschied der beiden Uferzonen auf. Im Inneren lässt die Windung drei Bereiche unterschiedlicher Ausprägung entstehen: Nach Norden ist dies der Brückenabschnitt mit Panoramablick zum Fluss und zum Museumsbau, einer ehemaligen Zellstofffabrik.
Der "Twist": Fließende Räume
Den Galerieraum im Süden prägen hohe Decken und das aus der gläsernen Fassade resultierende, sich verjüngende Oberlicht. Im Zwischenbereich, dem eigentlichen Twist, lösen sich Vertikale und Horizontale auf. In fließender Bewegung wird die Wand zum Boden, fließend ist auch die Transformation der Decke zur Wand.
Die Konstruktion der Brücke basiert auf einem stählernen Fachwerk, das hinter der Metallfassade weitestgehend verborgen liegt. Im Inneren sind Decke und Wände bzw. Schrägen mit Streifen aus 8 cm breiten, weißen Holzstäben beplankt. Die Außenhaut setzt sich aus 40 cm breiten Aluminiumpaneelen zusammen. Diese schmalen Bleche fächern sich im Bereich der Spirale durch phasenweise Verschiebung auf.
Die Verkleidungen aus Holz und Metall nehmen mit gerade geformten Elementen die Bauwerkskrümmung auf, während die in die Metallhaut integrierte Glashülle der Spiralbewegung mittels dreidimensional geformter Scheiben folgt.
Spezialgläser aus Berlin
Die Entwicklung und Fertigung der verbauten Gläser übernahm das Saint-Gobain Glassolutions Objekt-Center Döring aus Berlin. Dazu Projektleiter Michael Hering:
„In seiner Art und Ausführung ist das Projekt Kistefos einzigartig und von der Komplexität der Geometrie extrem anspruchsvoll. Gebogen haben wir zehn Elemente von insgesamt 98 m2 in Climaplus Contour. Die größte Scheibe misst 5,2 × 2,5 m bei einem Gewicht von 1,2 t, die kleinste 2,4 × 1,1 m. Diese wiegt 255 kg. Für jede Scheibe wurde eine 3D-Freiform kreiert, deren Biegeform wiederum auf dem 3D-BIM-Modell des Architekten basiert.“
Gebogen wurden die Scheiben auf einer eigens entwickelten stählernen Unterkonstruktion bei rund 600 °C mittels Schwerkraftbiegung.
Verbundgläser im 4-fach-Aufbau
Der Gesamtelementaufbau, der bei The Twist realisierten vierlagigen Scheibenpakete, beträgt 55,04 mm, der erreichte Schallschutz entspricht Rw = 42 dB. Die PVB Folie im Scheibenpaket sorgt für einen verminderten UV-Eintrag, der die ausgestellten Kunstwerke vor schädlicher Sonneneinstrahlung schützt. An den Höhenkanten kommen spezielle U-Profile mit SG Verklebung zum Einsatz, die Glasfassade wurde als Structural Glazing Fassade realisiert.
Mehr Informationen über The Twist und das Kistefos Museum finden Sie auf dessen Website.
Daten und Fakten zu The Twist des Kistefos Museums
Dieser Beitrag ist zuerst erschienen in GLASWELT 5/2020.