Tipp vom Anwalt: Die Funktionstauglichkeit ist grundsätzlich geschuldet
Müssen Bauteile zwingend vorbehandelt werden, weil es anderenfalls zu Abplatzungen kommt, hat der Auftragnehmer die erforderliche Vorbehandlung auch dann vorzunehmen, wenn diese in der Leistungsbeschreibung nicht ausdrücklich aufgeführt ist. Andernfalls muss er gegenüber dem Auftraggeber rechtzeitig Bedenken anmelden (vgl. OLG München, Beschluss v. 23.06.2016, Az.: 27 U 2283/15 Bau; mit Beschluss v. 26.06.2019, Az.: VII ZR 199/16 hat der BGH die Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen).
1. Sachverhalt (verkürzt)
Der Auftragnehmer (AN) wird von seinem Auftraggeber (AG) mit der Herstellung einer Fassadenkonstruktion beauftragt. Nach Abschluss der Arbeiten korrodieren die Stahlbauteile der Fassadenkonstruktion. Im Zuge einer Sachverständigenbewertung wird festgestellt, dass die verzinkten Stahlbauteile für die nachfolgende Beschichtung unzureichend vorbehandelt waren. Im Leistungsverzeichnis war das Erfordernis zur Vorbehandlung nicht ausgewiesen. Der AN hatte den AG nicht auf die fehlende Vorbehandlung hingewiesen. Der AG macht den AN für die Korrosionsschäden verantwortlich. Der AN verteidigt sich mit dem Argument, dass das Leistungsverzeichnis keine Position für die Vorbehandlung ausgewiesen hatte und er deshalb nicht für die fehlende Vorbehandlung verantwortlich sein könne. Der AG macht Mängelrechte gegenüber dem AN geltend.
2. Die Entscheidung
Im konkreten Fall gibt das Gericht dem AG Recht. Der aufgetretenen Mängel und Schäden seien auf eine unzureichende Vorbehandlung der Bauteile zurückzuführen. Der AN hätte den AG darauf hinweisen müssen, dass die unzureichende Vorbehandlung ein Risiko darstelle, dass das Werk in der Funktion beeinträchtigt. Insoweit hätte die unzureichende Vorbehandlung den AN dazu veranlassen müssen Bedenken gegen die Ausführung gegenüber dem AG anzumelden.
3. Grundsätzliches und Fazit
Die Funktionstauglichkeit ist im Werkvertrag grundsätzlich geschuldet. Wird dem Unternehmer im Bauablauf bekannt, dass die geforderte Ausführung nicht den gewünschten Werkerfolg realisieren lässt, hat der Unternehmer seinen Auftraggeber hierauf hinzuweisen.
Die Prüfungs- und Hinweispflicht besteht für den Planer und das ausführende Unternehmen im Werkvertragsrecht gemäß BGB oder beim VOB/B-Vertrag. Mitteilungspflichtige Bedenken werden dann ausgelöst, wenn der fachkundige und zuverlässige AN Anlass zu einer entsprechenden Vermutung hat, dass die gewählte Ausführung nicht die gewünschte Funktionalität aufweisen könnte.
Das ausführende Unternehmen oder der Planer können sich danach von der Mängelhaftung nur dann befreien, wenn sie zu befürchtenden Nachteilen der vorgesehenen Bauweise aufzuklären. Darüber hinaus ist insbesondere im VOB/B-Vertrag zu beachten, dass die auf rechtzeitig und richtig erklärte Bedenken hin erfolgte Anordnung des AG zur geänderten Bauausführung führen kann. In der Folge hätte der AN einen Anspruch auf zusätzliche Vergütung. Bei sorgsamer Werkausführung ein positiver Nebeneffekt.