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Neues Bauvertragsrecht: Geänderte Regeln rund um die Abnahme

Jürgen Wendnagel

Das „Gesetz zur Reform des Bauvertragsrechts und zur Änderung der kaufrechtlichen Mängelhaftung“ gilt für alle ab dem 1.1.2018 geschlossenen Verträge. Einen ersten Überblick über die grundlegenden Neuerungen hat haustec.de bereits zusammengestellt. In diesem Beitrag erläutern wir die wichtigsten Neuerungen und Änderungen in den Bereichen Werkvertrag - Allgemeine Vorschriften“ und „Bauvertrag“ des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Folgende Regelungen gelten für sämtliche Werkverträge.

Abschlagszahlungen können nur noch "angemessen" gekürzt werden (§ 632a)

Der Handwerksunternehmer kann vom Auftraggeber nun Abschlagszahlungen in Höhe des Wertes verlangen, die der von ihm erbrachten, vertragsgemäßen Leistung entspricht. Liegen Mängel oder Abweichungen vor, darf der Besteller/Auftraggeber die Zahlung nicht mehr komplett verweigern, sondern nur noch um einen „angemessenen Teil des Abschlags“ kürzen. Wichtig: Der Handwerker trägt (bis zur Abnahme) allein die Beweislast dafür, dass er vertragsgemäß gearbeitet hat.

Die Abnahme erfolgt jetzt in bestimmten Fällen automatisch (§ 640)

Neu eingefügt wurde Absatz 2: Ein Werk gilt nun als abgenommen,

  • wenn der Handwerksunternehmer dem Besteller/Auftraggeber nach Fertigstellung des Werks eine angemessene Frist zur Abnahme gesetzt hat
  • und der Auftraggeber die Abnahme nicht innerhalb dieser Frist unter Angabe mindestens eines Mangels verweigert hat.

Achtung: Ist der Auftraggeber ein Verbraucher, dann treten diese Rechtsfolgen nur dann ein, wenn der Handwerker seiner Hinweispflicht nachkommt: Er muss den Verbraucher im Rahmen der Aufforderung zur Abnahme schriftlich auf die Folgen einer nicht erklärten oder ohne Angaben von Mängeln verweigerten Abnahme hinweisen.

Verweigert der Auftraggeber die Abnahme unter Angabe von Mängeln, hat er auf Verlangen des Handwerkunternehmers an einer gemeinsamen Feststellung des Zustands des Werks mitzuwirken. Bleibt er einem vereinbarten oder vom Unternehmer innerhalb einer angemessenen Frist bestimmten Termin fern, dann darf der Handwerker die Zustandsfeststellung auch einseitig vornehmen (§ 650 g).

Nach der Abnahme kann der Handwerker eine prüffähige Schlussrechnung stellen: Diese muss eine übersichtliche Aufstellung der erbrachten Leistungen enthalten und für den Auftraggeber nachvollziehbar sein. Der Auftraggeber kann bzw. muss innerhalb von 30 Tagen nach Zugang der Schlussrechnung begründete Einwendungen gegen die Prüffähigkeit erheben (§ 650 g).

Kündigung aus wichtigem Grund (§ 648 a)

  • Dieser neu eingeführte § 648 a erlaubt es, dass beide Vertragsparteien den Vertrag aus einem wichtigen Grund kündigen können, wobei dies in schriftlicher Form erfolgen muss. Und zwar ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist. Ein wichtiger Grund liegt laut BGB vor, „wenn dem kündigenden Teil (unter Berücksichtigung aller Umstände des  Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen) die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur Fertigstellung des Werks nicht zugemutet werden kann“.

Ob und wann in der Praxis tatsächlich ein wichtiger Grund vorliegt, wird sich wohl erst durch die Rechtsprechung klären. Dies gilt insbesondere dann, wenn nur eine Partei die Kündigung anstrebt.

  • Kündigt eine Vertragspartei aus wichtigem Grund, ist der Handwerker nur berechtigt, die Vergütung zu verlangen, die auf den bis zur Kündigung erbrachten Teil des Werks entfällt. Doch Achtung: Die Berechtigung, Schadensersatz zu verlangen, wird durch die Kündigung nicht ausgeschlossen.
  • Möglich ist künftig auch eine Teilkündigung. Allerdings „muss sie sich auf einen abgrenzbaren Teil des geschuldeten Werks beziehen“.
  • Damit nach einer Kündigung möglichst schnell der Leistungsstand festgestellt wird und es später nicht mehr zu einem Streit kommt, hat der Gesetzgeber § 648 a (5) eingefügt – inklusive einer Beweislastumkehr als Sanktion:

„Nach der Kündigung kann jede Vertragspartei von der anderen verlangen, dass sie an einer gemeinsamen Feststellung des Leistungsstandes mitwirkt. Verweigert eine Vertragspartei die Mitwirkung oder bleibt sie einem vereinbarten oder einem von der anderen Vertragspartei innerhalb einer angemessenen Frist bestimmten Termin zur Leistungsstandfeststellung fern, trifft sie die Beweislast für den Leistungsstand zum Zeitpunkt der Kündigung.“

Anordnungs- und Nachtragsrecht (§ 650 b und c)

  • Neu in das BGB aufgenommen wird ein bisher nur in der VOB/B vorgesehenes Anordnungsrecht des Bestellers / Auftraggebers, für den Fall, dass dieser entweder eine Änderung des vereinbarten Werkerfolgs oder eine Änderung wünscht, die zur Erreichung des vereinbarten Werkerfolgs notwendig ist. Sollte binnen 30 Tagen nach Zugang des Änderungsbegehrens beim Handwerksunternehmer keine Einigung erzielt werden, kann der Auftraggeber die Änderung anordnen. Der Unternehmer ist dann verpflichtet, ein Angebot über die Mehr- oder Mindervergütung zu erstellen.

Wichtig: Richtet sich die Anordnung auf die Änderung des Werkerfolgs, muss ihr der Handwerker nur dann nachkommen, wenn ihm die Ausführung zumutbar ist. Dies muss er allerdings nachweisen.

  • Dem Handwerksunternehmer steht für die (zur Erreichung des Werkerfolgs notwendigen) Änderungsleistungen eine Vergütung für den vermehrten Aufwand zu. Diese Zusatzvergütung entfällt jedoch, falls dem Handwerker auch die Planung des Bauwerks übertragen wurde. Planende Handwerker tragen somit auch das Risiko einer unvollständigen oder falschen Planung.
  • Die durch die Anordnung begründeten Mehr- oder Minderleistungen werden nach den tatsächlich erforderlichen Kosten mit angemessenen Zuschlägen für allgemeine Geschäftskosten, Wagnis und Gewinn abgerechnet. Bei entsprechender vertraglicher Vereinbarung kann der Handwerksunternehmer wahlweise auch auf Basis einer zuvor hinterlegten Urkalkulation abrechnen.
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