HOAI: Stehen Mindestsätze bei Altverträgen EU-Recht entgegen?
Durften die verbindlichen Mindestsätze bei Altverträgen bis zum Inkrafttreten der angepassten HOAI am 1.1.21 weiterhin angewendet werden? Oder stand dem das EuGH-Urteil vom 4. Juli 2019 entgegen? Darüber hat nun der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden.
Die europäischen Richter sind zu folgendem Ergebnis gekommen: Der EuGH hat bereits festgestellt, dass die HOAI gegen die Dienstleistungsrichtlinie verstößt. Dennoch ist ein nationales Gericht, bei dem ein Rechtsstreit zwischen Privatpersonen anhängig ist, nicht aufgrund des Unionsrechts verpflichtet, auf die Anwendung der deutschen Regelung zu verzichten. Zugleich hat der EuGH klargestellt, dass derjenigen Partei, der die Mindestsätze weiterhin entgegengehalten werden, unter Umständen Schadensersatz vom Staat verlangen könne.
"Der Berufsstand braucht Verlässlichkeit"
Andrea Gebhard, Präsidentin der Bundesarchitektenkammer: „Wir begrüßen es sehr, dass der EuGH im Sinne unseres Berufsstands entschieden hat. Zudem herrscht in dieser Frage nach über zwei Jahren Rechtsunsicherheit endlich Klarheit, was das Verhältnis von Unionsrecht und nationalem Recht angeht. Jetzt sind die deutschen Gerichte wieder am Zug.
Unabhängig davon werden wir weiter daran arbeiten, dass sich auch die HOAI 2021 als maßgebliche Grundlage für zukünftige Honorarvereinbarungen weiter durchsetzt. Gerade in Zeiten immer stärker steigender Anforderungen, insbesondere auch an nachhaltiges und klimagerechtes Planen, sind angemessene Honorare eine Grundvoraussetzung für Qualität. Dies hatte auch der EuGH in seinem Urteil vom Juli 2019 anerkannt.“
Dr.-Ing. Heinrich Bökamp, Präsident der Bundesingenieurkammer, zeigte sich ebenfalls erfreut über das Urteil: „Im Sinne der Planerinnen und Planer, aber vor allem im Sinne des Verbraucherschutzes, ist die Entscheidung des EuGH grundsätzlich eine gute Entscheidung, auch wenn schlussendlich der Ball natürlich nun wieder beim BGH liegt. Gerade im Hinblick auf die anstehenden Herausforderungen, beispielsweise das Schaffen von bezahlbarem Wohnraum, der auch energetisch allen erforderlichen Standards entspricht oder die Ertüchtigung in die Jahre gekommener Infrastrukturen, braucht der Berufsstand Verlässlichkeit. Daher gilt es nun, die umfassende Novellierung der HOAI voranzubringen.“