Wie sich die Verschiebung des Fertigstellungstermins auf die Vertragsstrafe auswirkt
Der Auftragnehmer (AN) wurde vom Auftraggeber (AG) mit der Errichtung einer Fernwärmeleitung beauftragt. Als Endtermin für die Fertigstellung der Fernwärmeleitung war im Bauvertrag der 28.07.2006 festgelegt. Am 01.08.2006 wurde das Versorgungsnetz befüllt. Es waren allerdings noch weitere Leistungen des AN erforderlich. Den Fertigstellungstermin hatten die Parteien aufgrund von Verzögerungen bei den Bauarbeiten einvernehmlich verschoben, und zwar auf den 15.07.2008.
Die Abnahme erfolgte am 24.11.2014. Unter dem 17.12.2014 hatte der Auftragnehmer seine Schlussrechnung gestellt. Mit Schreiben vom 23.04.2015 hatte der Auftraggeber eine Vertragsstrafe i.H.v. 5% der Auftragssumme von der Werklohnforderung in Abzug gebracht. Daraufhin macht der AN den restlichen Werklohn gegenüber dem AG gerichtlich geltend.
Das Gericht entschied, dass die Vertragsstrafe zu Unrecht in Abzug gebracht wurde und verurteilte den AG auf Zahlung der offenen Werklohnforderung. Die Vertragsstrafenvereinbarung sei aufgrund der nachträglichen und einvernehmlichen Parteivereinbarung betreffend „Fertigstellung erst am 15.07.2008“ hinfällig. Zugleich wurde allerdings davon Abstand genommen, eine Vereinbarung darüber zu treffen, dass die Vertragsstrafe auch für den Fall der Überschreitung des neuen Fertigstellungstermins gelten soll. Hierdurch haben die Parteien der ursprünglichen Vertragsstrafenregelung die Grundlage entzogen.
Ungeachtet der obigen Ausführungen, ist eine statische Bewertung bezüglich vertraglich vereinbarter Vertragsstrafen nicht möglich. Vielmehr bedarf es hierzu einer konkreten Bewertung des Einzelfalles.
In jedem Fall sollten Vertragsstrafenklauseln grundsätzlich von einem versierten Baurechtsanwalt unter Beachtung der bisherigen Rechtsprechung (insbesondere zur Höhe) erfolgen. Für Architekten und Ingenieure gilt zusätzlich zu beachten, dass Schadensersatzforderungen, welche aus der Überschreitung von Terminen und Frist resultieren nicht vom Versicherungsschutz durch die Berufshaftpflichtversicherer umfasst sind.
OLG Hamm, Urteil v. 12.07.2017, Az.: 12 U 156/16