Baubranche 2023: Einfluss von Architekten und Planern wird schwinden
Auch die Bauherren müssen von ihrer zuletzt gewonnen Profilierung als „mündige Kunden“ wieder einiges abgeben. Der Einfluss des Handels wird dagegen deutlich größer. Hinter dieser Trendeinschätzung steht natürlich die große Umwälzung unserer Zeit: die Digitalisierung. Für die Händler sind das trotzdem nicht nur gute Nachrichten. Das zeigen Ergebnisse der neuesten Herstellerbefragung von BauInfoConsult.
Insgesamt hat das Düsseldorfer Marktforschungsbüro 51 Entscheider aus Marketing und Vertrieb bei Herstellern von Baustoff- und Installationsmaterial in einer anonymen Online-Befragung nach Insider-Einschätzungen zum Marktgeschehen gefragt. Dabei ging es auch darum, welchen Akteuren am deutschen Bau sie das größte Zukunftspotenzial bescheinigen, wenn es um den Einfluss auf Entscheidungen im Bauprozess geht. Das Interessante dabei: den Berufsgruppen, die nach Meinung der Marketingexperten in den letzten Jahren viel an Einfluss gewonnen haben, gehören aus ihrer Sicht in den nächsten 5 Jahren eher zu den Verlierern. Das gilt etwa für die Architekten und Ingenieure: Sie hatten seit 2013 laut den Herstellern einen höheren Einfluss erlangt als zuvor. Kein Wunder, schließlich haben sich viele bekannte Hersteller in jüngster Zeit ihre Marketinganstrengungen stark auf diese Zielgruppen fokussiert. Schließlich spielen sie im Ausschreibungsprozess eine wichtige Rolle und sind auch bei aktuellen Entwicklungen wie BIM die bei Weitem experimentierfreudigsten Akteure am Bau.
Prognose: Einfluss der Architekten wird sinken
Bis 2023 erwartet jedoch nur noch jeder zehnte Hersteller, dass die Architekten ihren Einfluss weiter ausbauen werden – und fast jeder zweite glaubt, dass ihr Einfluss sinken wird. Selbst das Handwerk, am deutschen Bau traditionell ein Entscheidungsschwergewicht, verliert nach Einschätzung von fast jedem zweiten Hersteller an Bedeutung. Auch den Bauherren geht es kaum anders: Sie haben in den letzten Jahren mehr Einfluss auf die Entscheidungen am Bau geltend machen können – nicht zuletzt, da Produktinformationen im Internet recherchiert und Vorschläge der Baudienstleister vom „mündigen Kunden“ zunehmend hinterfragt werden. Doch auch bei dieser Zielgruppe erwarten nur wenige Industrieinsider auch bis 2023 noch mehr Einfluss.
Das liegt paradoxerweise an derselben Digitalisierung, die den Kunden zuletzt mehr Mitspracherecht verschafft hatte: Denn in Zukunft verlagert sich das Gewicht klar zum Handel (so schätzen 41 Prozent der Hersteller). Ein Schelm, wer da nicht an die Ausbreitung des Online-Handels am Bau denkt. Klar: Wer im Internet seine Produkte– nach dem „Amazon-Prinzip“ – mit schneller Verfügbarkeit und eingeschränkter Auswahlmöglichkeit am Markt platziert, kann zukünftig seine Marktmacht voll ausspielen.
Auf der Hand liegt aber genauso: Für die Fach- und Einzelhändler sind diese Aussichten trotzdem nicht nur rosig. Zwar mag der (derzeit noch überwiegend „analog“ organisierte) Handel im Bausegment durch die E-Commerce-Revolution in einigen Jahren einen stärkeren Stand haben als heute. Dabei wird aber auch der Wettbewerb unter den Händlern um einiges härter werden: Denn natürlich werden nur die Händler, denen die Digitalisierung des Geschäfts erfolgreich gelungen ist, werden zu den Profiteuren dieser Entwicklung gehören.