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Warum Lüftungsanlagen zum Wohnungsstandard gehören

Dipl.-Ing. Carsten Dittmar
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Diskussionen mit Bauherren oder Investoren, ob eine mechanische Lüftung wirklich erforderlich ist oder eine manuelle Lüftung eventuell auch ausreicht, kennen Planer nur zur Genüge: Um Kosten zu sparen, wird nicht selten auf eine kontrollierte Wohnungslüftung verzichtet.

Die DIN 1946-6 macht zwar klare Vorgaben zum Luftwechsel und die EnEV definiert Standards zur Reduzierung von Wärmeverlusten. Allerdings bleiben Spielräume, eine Lüftungsanlage als nicht erforderlich „wegzurechnen“. Doch in der öffentlichen Wahrnehmung der Gebäudenutzer hat die Debatte um Feinstaub und Stickoxide durch den Straßenverkehr bei Verbrauchern zwischenzeitlich ein neues Bewusstsein für den Wert einer belastungsfreien Raumluft erzeugt.

Und das ist gut so, denn es gibt erheblich mehr Aspekte zur Raumluftqualität zu berücksichtigen als nur die Lüftung für den Feuchteschutz, die Regulierung des CO2-Gehalts und die Abfuhr von Raumschadstoffen.

Feinstaubbelastung gibt es auch auf dem Land

Die Feinstaubbelastung steht in der öffentlichen Wahrnehmung stellvertretend für die Luftqualität als solche. Lüftungsanlagen mit entsprechenden Filtern erlauben es Bewohnern in belasteten Gebieten zu lüften, ohne dass Feinstaub in die Wohnung gelangt.

Allerdings gehen die Feinstaubemissionen in Deutschland kontinuierlich zurück und übersteigen die Grenzwerte vorwiegend nur in Ballungszentren. Ist somit die Filtration der Außenluft außerhalb von Großstädten überhaupt notwendig für die Gesundheit und den Komfort?

Diese Frage muss mit einem eindeutigen Ja beantwortet werden. Zum einen, weil in Deutschland die größten Feinstaubemissionen nicht vom Verkehr stammen, sondern von den beliebten Holzfeuerungen, wie Kaminöfen, so eine Auswertung des Umweltbundsamtes (UBA).

Damit ist Feinstaub also auch in ländlichen Gebieten ein Thema. Insbesondere, weil es nach Aussage der Weltgesundheitsorganisation (WHO) keinen Grenzwert gibt, ab dem negative Folgen für die Gesundheit ausgeschlossen werden können, so nachzulesen in „Umwelt und Mensch – Informationsdienst“ (UMID), Ausgabe März 2017.

Der Feuchteeintrag in Neubauten ist beträchtlich, Schimmel ein häufiges Problem. Nach dem Erstbezug ist eine intensive Fensterlüftung obligatorisch. Die kontinuierliche mechanische Wohnungslüftung wirkt einer verdeckten Schimmelbildung entgegen.

Schwebstoffe belasten die Außenluft

Doch auch andere Schwebestoffe in der Außenluft belasten das menschliche Atmungssystem. Schwermetalle, die sich an Feinstaub anheften, sind nur ein Beispiel, Pollen ein weiteres. Gerade Allergiker reagieren auf unterschiedliche Partikel in der Außenluft.

Und Allergene sind auf dem Vormarsch, bestätigt ein Positionspapier der Kommission Umweltmedizin am Robert Koch-Institut: „Wenn in Deutschland bei fast jedem Dritten im Laufe seines Lebens eine allergische Erkrankung auftritt und bei der Hälfte der Bevölkerung eine allergische Sensibilisierung nachgewiesen wurde, so muss von einer wichtigen, häufigen und die Lebensqualität vieler beeinträchtigenden Volkskrankheit gesprochen werden. Jede Verharmlosung des Problems verbietet sich angesichts der dokumentierten Situation.“

Die Filtration der Außenluft durch Lüftungsanlagen stellt somit einen Gesundheitsgewinn dar, der auf Sicht genauso elementar ist wie die wärmespendende Heizung oder die trinkwasserhygienisch optimierte Sanitärinstallation.

Auch aus diesem Grund hat der Gesetzgeber die Prüfung und Klassifizierung von Filtern für Lüftungsanlagen umgestellt. Die Effizienz der Partikelabscheidung wird seit 2017 nicht mehr nach der Norm EN 779 bewertet. Nun gilt die ISO 16890 und bildet in der Filterprüfung die Belastungen durch Schwebestoffe in der Außenluft realistischer ab – bis hin zu kleinsten Partikeln von 1 m. Sie kommen in der Luft in Form von Bakterien, Viren, Verbrennungsemissionen und anderen Nanopartikeln vor.

Belastete Raumluft zuverlässig abführen

Reichlich Emissionsquellen, die die Raumluft belasten, finden sich ebenso im Gebäude selbst. Baustoffe und Einrichtungsgegenstände geben in unterschiedlicher Konzentration Stoffe in die Luft ab. Eine noch größere Bedrohung für das Innenraumklima stellen außerdem Schimmelpilze dar. Immer häufiger treten verdeckte Schimmelbildungen in Neubauten auf.

Ein wesentlicher Grund ist, dass aus wirtschaftlichen Gründen die erforderlichen Trocknungszeiten einem frühzeitigen Bezugstermin geopfert werden. Und auch in sanierten Gebäuden mit neuen, gut abgedichteten Fenstern reicht in der Regel die manuelle Lüftung nicht mehr aus, um einen hygienisch notwendigen Luftaustausch sicherzustellen.

Als Konsequenz steigt die Luftfeuchtigkeit an, sodass dem Wachstum von Schimmelpilzen ein ideales Milieu geboten wird. Der hohe Feuchtigkeitseintrag durch Baustoffe im Zuge der Sanierungsarbeiten vergrößert das Problem zusätzlich.

Die hohe gesundheitliche Relevanz von Schimmelabsonderungen für das Innenraumklima unterstreicht in diesem Zusammenhang auch das UBA in einem Leitfaden zum Thema Schimmelbefall in Gebäuden (Stand: November 2017): „Bevölkerungsbezogene Studien haben hinreichend gezeigt, dass Menschen, die Feuchte/Schimmel in Innenräumen ausgesetzt sind, einem erhöhten Risiko vielfältiger Atemwegserkrankungen unterliegen. […]. Bei Kindern mit bestehendem Asthma wird nach neueren Studien ein kausaler Zusammenhang von Schimmelbefall mit einer Verschlimmerung der Erkrankung konstatiert.“ Fast 9% der Erwachsenen und nahezu 5% der Kinder in Deutschland sind Asthmatiker – Tendenz steigend. Eine kontrollierte Wohnungslüftung ist somit ein wesentlicher Beitrag zur Linderung, zum Teil sogar Prävention von allergischen Reaktionen des menschlichen Atmungsapparates.

Hier wirken Lüftungsanlagen gleich in mehrfacher Hinsicht einer gefährlichen Verunreinigung der Raumluft entgegen. Zum einen wird die mit Feuchtigkeit angereicherte Raumluft automatisch und kontinuierlich abgeführt. Zum anderen werden Schimmelsporen, die in den Raum abgegeben wurden, direkt nach draußen transportiert.

Außenlärm verursacht gesundheitliche Beeinträchtigung

Es gibt noch einen, oft unterschätzten positiven Aspekt für die Bewohner: Nach den Daten der Studie „Gesundheit in Deutschland aktuell“ (GEDA 2012) fühlte sich fast jeder zweite Erwachsene in Deutschland durch Umweltlärm belästigt. Eine Kernaussage lautet: „Eine starke bis äußerst starke Lärmbelästigung geht mit Beeinträchtigungen der körperlichen und psychischen Gesundheit einher.“ Auch diesbezüglich bietet das bedarfsgerechte, maschinelle Lüftungssystem einen Gesundheitsvorteil.

Fazit

Die Feinstaubdebatte hat die Bevölkerung in puncto Luftqualität sensibilisiert. Fakt ist aber, dass über dieses populäre Thema weit hinaus zahlreiche Ursachen die Innenraumluft belasten können und ernst zu nehmende Gesundheitsrisiken bergen.

Ob in einem Gebäude eine Lüftungsanlage eingebaut werden sollte oder nicht, ist also nicht in erster Linie unter den Aspekten der Energieeffizienz nach EnEV und des Lüftungskonzepts nach DIN 1946-6 zu bewerten. Die eigentliche Aufgabe einer Lüftungsanlage ist schließlich, ein ideales Raumluftklima herzustellen.

Und dabei stehen das Filtern schädlicher Stoffe aus der Außenluft und der Abtransport belasteter Innenluft im Vordergrund. Komfort und Gesundheit als Vorteile für die nachhaltige Gebäudenutzung sollten Planer daher mit den Bauherren und Investoren intensiv diskutieren.

Dieser Artikel von Carsten Dittmar ist zuerst erschienen in SBZ Ausgabe: 18-2018. Carsten Dittmar ist System & Application Manager/Vertrieb Wohnungslüftung bei Systemair,

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