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Wie funktioniert eine Nennweitenermittlung für Heizungsrohrnetze?

Elmar Held
Inhalt
Welche Rohrdimension ist denn ausreichend zur Versorgung eines Heizkörpers? Diese Frage und interessante Zusammenhänge klären wir in diesem Bericht

Fakt ist , dass die Heizungsrohrnetzberechnung immer noch keiner einheitlichen Rechenvorschrift unterliegt. Wildwuchs, was Design und Funktion angeht, ist natürlich trotzdem nicht gewünscht. Selbstverständlich soll letztlich ein Gesamtkunstwerk genannt „Zentralheizung“ nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik entstehen .

Denkbar ist natürlich auch eine funktionierende Heizungsanlage, ohne dass man über die Rohrdimensionen gegrübelt hat. Dem nicht unterkellerten, zweigeschossigen Einfamilienhaus mit Wärmeerzeuger im Erdgeschoss spendiert man maximal eine 22-er Leitung ins Obergeschoss. Das hat bisher immer ausgereicht. Und wenn es dann mal in einem Raum eng – oder besser kalt – blieb, dann wurde zuerst die Heizkurve angehoben oder eine dickere Pumpe installiert.

Nun wird schon an diesem platten Beispiel klar, dass eine echte Berechnung vor solchen Überraschungen schützt. Die Überraschung trifft im Zweifel natürlich den Anlagenbetreiber. Der muss dann wegen einiger Planungs-Dicker-Daumen-Fehler anschließend einen unnötig hohen Energieverbrauch beim Wärmeerzeuger oder der Pumpe hinnehmen.

Fehler in diesem Bereich werden dem Image unserer Branche natürlich nicht gerecht, sind wir doch angetreten als Streiter gegen CO2-Emissionen und für schonenden Umgang mit Energie. Wird der Rohrquerschnitt zu groß geschätzt, also auf der oft zitierten „sicheren Seite“, dann kann die Anlage auch schlicht zu teuer werden. Denn es gilt ja nicht nur, das Rohr entsprechend auszuführen, sondern auch die Fittings, Dämmung, Befestigungen und was sonst noch zum Bau benötigt wird.

Beispiel: Bitte einmal ein Stück Heizungsanlage

Um das Dilemma klarzumachen, beschreibe ich kurz umgangssprachlich die Ansichten der Beteiligten beim Bau einer Heizungsanlage, also SHK-Betrieb und Bauherr. Zu einem Festpreis von genau 15.000 Euro soll „Ein Stück funktionsfähige Heizung“ geliefert werden, bestehend aus einem Gas-Brennwertgerät und Heizkörpern.

Drei Sichtweisen

SHK-Betrieb

Als SHK Betrieb kann ich maximalen Gewinn erwirtschaften, wenn ich die Heizkörper klein wähle, ebenso wie das Rohrnetz. Theoretisch kann es mir doch egal sein, wenn die winzigen Heizkörper dann bei 90 °C betrieben werden müssen und es in den 3-Millimeter-Rohren rauscht wie im Windschatten eines ICE. Für mich als SHK-Betrieb bleiben von den 15.000 Euro rund 7500 übrig. Tolles Geschäft.

Bauherr

Als Bauherr hätte ich gerne ein üppiges Rohrnetz, das aber trotzdem nicht auffällt und im Estrich verschwindet. Die Heizungsanlage sollte im Zweifel auch im Schwerkraftbetrieb arbeiten. Wenn es denn sein muss, werfe ich aber auch mal die winzig kleine Pumpe an, die in gleicher Ausführung gerade ausreicht, einen kleinen Zimmerbrunnen zu betreiben.

Die Heizkörper sind derartig fett, dass selbst an kalten Tagen eine Vorlauftemperatur von 40°C ausreicht. Meine Therme läuft daher ganzjährig satt im Brennwertbereich. Wenn ich will, kann ich bei derart geringen Anforderungen irgendwann auch umsatteln und eine Wärmepumpe installieren. Gegenwert der Anlage liegt bei 24.000 Euro. Tolles Geschäft.

Treffen auf der Mitte

Sie merken an der übertriebenen Beschreibung, dass man sich einigen muss. Der SHK-Betrieb sollte letztlich eine Anlage gemäß den anerkannten Regeln der Technik liefern, der Kunde diese Anlage entsprechend bezahlen. Wenn der Kunde besondere Wünsche erfüllt sehen möchte, so sollte er diese frühzeitig nennen und, falls erforderlich, entsprechend draufzahlen.

Heizlast sowie Vor- und Rücklauftemperaturen

Wir bleiben gedanklich bei einer Installation mit Heizkörpern. Die Anforderungen an ein Heizungsrohrnetz lassen sich aber auch auf eine Flächenheizung übertragen. Vor dem geistigen Auge wächst also eine Heizungsanlage, bei der jeder Heizkörper seinen geeigneten Schluck Heizungswasser bekommt, um den Raum entsprechend zu erwärmen.

Da ist der riesige, dreilagige Flachheizkörper unter dem Wohnzimmerfenster genauso wie der einlagige Winzling im Gäste-WC. Der Riese will 2500 Watt leisten und der Kleine eben nur 250 Watt. Diese Leistungsanforderungen werden nicht etwa geschätzt. Die stammen aus der Heizlastberechnung nach DIN EN 12831. Die Heizlast eines Raumes sagt aus, welche Leistung notwendig sein wird, diesen Raum auf Temperatur zu halten. Die Heizlast hängt von den Außenwänden und allen anderen Umschließungsflächen ab und von dem, was durch Kaltluft an Lasten entsteht.

Nach der Bestimmung der Heizlast erfolgt die Vorgabe für die Heizkörper, was die Betriebsbedingungen angeht. Das bedeutet konkret die Festlegung, unter welchen Temperaturen die Heizkörper den Dienst versehen sollen. Anhand von zwei Extrembeispielen wird dieser Zusammenhang schnell klar.

Um 1000 Watt Leistung zu erbringen, kann die Vorlauftemperatur für einen Heizkörper auf 90°C festgelegt werden bei einer Rücklauftemperatur von ca. 70 °C. In der Mitte hätte dieser Heizkörper eine Temperatur von ca. 80 °C.

Mit gleichen Anforderungen an die Leistung, also wiederum 1000 Watt, könnte ein Heizkörper mit 55°C zu 45°C gewählt werden. In der Mitte hätte dieser eine Temperatur von ca. 50°C. Der eine Heizkörper mit mittig 80°C Oberflächentemperatur kann bei gleicher geforderter Leistung kleiner ausfallen als jener mit nur 50°C mittlerer Temperatur.

Massenstrom ermitteln

Also, nach Bestimmung der Heizlast und Wahl der Vor- und Rücklauftemperaturen ist für das zuständige Rohrnetz die Anforderung gewissermaßen formuliert. Denn abhängig von Leistung und zugehöriger Spreizung ergibt sich der notwendige Massenstrom zu diesem Heizkörper mit der oft genutzten Formel:

Und den Massenstrom, den ein Rohrnetz transportieren soll, ermittelt man nach Umstellung der Urformel in dieser Form:

Für einen Raum mit einer Heizlast von 1000 Watt und einem Heizkörper, der bei einer Vorlauftemperatur von 55 °C und einer Rücklauftemperatur von 45 °C betrieben werden soll, ergibt sich dann der Massenstrom von

gerundet 86 kg Heizwasser pro Stunde.

Zu einem Heizkörper mit 1000 Watt Leistung müsste man unter diesen Voraussetzungen eben die 86 kg/h prügeln und dieser würde bestimmungsgemäß funktionieren. Bei einer geforderten Leistung von nur 500 Watt wären es eben nur 43 kg/h, nämlich die Hälfte und bei 2000 Watt immerhin schon 172 kg/h, also das Doppelte.

Druckdifferenz bestimmen

Es stellt sich als Nächstes noch die Frage, wie viel Pumpendruck man für den Transport aufwenden möchte. Kleine Rohrquerschnitte erfordern bei gleichem Massenstrom eine höhere Druckdifferenz als große Querschnitte. Hier ist zu bedenken, dass der Pumpendruck, der zum Transport des Heizungswassers aufgewendet werden soll, mindestens für die nächsten 30 Jahre erforderlich ist, an ca. 2500 Heizstunden im Jahr. Als wirtschaftlich für eine Standardanlage hat sich ein Druckverlust zwischen 0,5 bis 1,5 Millibar je Meter des eingesetzten Rohres ergeben.

Wie ermittelt man den Rohrreibungsdruckverlust?

Unsere Rohrhersteller haben für das von ihnen produzierte Heizungsrohr die so genannten Rohrreibungsdruckverluste in Tabellenform (s. Bildergalerie) aufgelistet. Hier findet man sehr schnell das für die jeweilige Anforderung richtige Rohr. Daher sei beispielhaft nochmals eine Berechnung mit anschließender Auslegung des Rohrquerschnitts beschrieben.

In einem Einfamilienwohnhaus soll die zentrale Steigleitung für die Heizung im Obergeschoss dimensioniert werden. Das Strangschema ist dazu in der Bildergalerie ausschnittsweise und nur für das Obergeschoss dargestellt. Es sind 4570 Watt bei einer Spreizung von 10 Kelvin anzusetzen.

Ziel ist es, den Druckverlust unter 1,5 Millibar je Meter zu halten, damit ein ausgewogenes Verhältnis zwischen notwendiger Pumpenleistung und Aufwand zur Herstellung der Anlage gewährleistet bleibt. Die Tabelle mit dem Rohrreibungsdruckverlust gibt Aufschluss über die gewählte Dimension.

Jeder Meter des Rohres mit dem Außendurchmesser von 14 Millimetern würde bei diesem Massenstrom einen Druckverlust von 26,1 Millibar je Meter hervorrufen, also deutlich zu viel. Das 16er Röhrchen käme immer noch auf 10,7 mbar/m und ist daher auch zu klein. Der laufende Meter Rohr 17 x 2,0 bringt es auf 7,2 mbar/m und scheidet ebenfalls aus. Das 20er Rohr will noch 2,6 mbar/m und kommt dem Zielwert schon nahe.

Aber erst das Rohr mit dem Außendurchmesser von 25 mm und einer Wanddicke von 2,0 mm erfüllt mit einem Wert von 0,9 mbar/m die Bedingung für die von uns gestellte Anforderung an die maximale Rohrreibung. Das 32er Rohr würde über das Ziel hinausschießen und wäre nicht notwendig. Die geforderte Pumpenleistung würde beim 32er Rohr allerdings ein wenig geringer ausfallen als mit dem nächstkleineren 25er Rohr. Zuletzt prüft man noch die Geschwindigkeit, mit der das gewählte Rohr durchströmt wird.

Im Beispiel mit den 4570 Watt bei einer Spreizung von 10 Kelvin wird das Rohr mit der Dimension 25 x 2,0 mm die wirtschaftlichste Lösung darstellen. Die Geschwindigkeit beträgt laut Tabelle 0,36 Meter pro Sekunde, was völlig unkritisch für eine Geräuschentwicklung ist.

Nochmals zum Verständnis: Die Heizlast eines Raumes gibt an, was ein Heizkörper leisten soll. Die Festlegung der Auslegungsspreizung für diesen Heizkörper gibt an, welchen Massenstrom der Heizkörper für diese Leistung bekommen soll. Und die Wahl des entsprechenden Rohres für diesen Massenstrom entscheidet über den Druckverlust, den die Pumpe während des Betriebes erbringen muss.

Wie geht es weiter?

In Fließrichtung des Vorlaufs bis zum Heizkörper A sind 4570 W zu liefern. Hinter dem Abzweig zu diesem Heizkörper müssen 1000 W weniger, also nur noch 3570 W transportiert werden. Das ergibt eine Anforderung von 307 kg/h. Dann nimmt der Heizkörper B seine 500 W und nach diesem T-Stück sind folglich nur noch 3070 W oder umgerechnet 264 kg/h zu transportieren. So wird das Rohrnetz bis zum letzten Heizkörper dieser Etage immer schlanker.

Und die endgültige Pumpen­leistung?

Die hier genannten Fakten stellen für die zu dimensionierende Umwälzpumpe nur einen Teil der Last dar. Natürlich muss diese Pumpe sämtliche Rohrleitungen, die nach dieser Anleitung ausgewählt wurden, durchströmen. Es kommen aber noch weitere Widerstände hinzu. Jeder Bogen und jedes T-Stück ruft zusätzliche Verwirbelungen hervor.

Diese Verwirbelungen bremsen den Fluss des Heizwassers zum Heizkörper. Die Pumpe muss also auch diese Energie in Form von Druckdifferenz liefern. Solche Faktoren werden mit dem sogenannten Widerstandsbeiwert beschrieben, den man auch als Zeta-Wert bezeichnet.

Zur Regelung eines Heizkörpers ist dann noch ein Thermostatventil im Strömungsverlauf des Heizwassers verbaut. Damit dieses Ventil ordentlich regeln kann, soll es sich auch auf den Druckverlust im System entsprechend heftig auswirken. Diese „Auswirkung“ schlägt sich in der fachlich ausgedrückten Ventilautorität nieder. Das Rohrnetz kann also nach den genannten Kriterien ausgelegt werden, der gesamte Widerstand des Rohrnetzes ist auf diese Weise noch nicht ermittelt. Widerstände aus Zeta-Werten und die notwendige Ventilautorität kommen noch hinzu.

Fazit

Um ein wirtschaftliches Heizungsrohrnetz zu dimensionieren, sind einige gedankliche Schritte nötig. Über die Heizlast zur Heizflächenauslegung zur Festlegung der Spreizung sind einige Vorgaben zu bedenken. Da letztlich ein funktionsfähiges und wirtschaftliches Rohrnetz daraus entstehen soll, ist trotz fehlender normativer Vorgabe eine gewisse Planung notwendig. Eine Überdimensionierung ist im Gegensatz zur Trinkwasserrohrnetzberechnung technisch völlig unschädlich. Im Zusammenhang mit den dadurch entstehenden Kosten sollte dies jedoch vermieden werden.

Trotz fehlender Bestimmungen seitens einer Norm sind also einige Dinge zu beachten, aber insgesamt ist die Planung etwas freier als jene in Trinkwassersystemen.

Dieser Artikel von Elmar Held ist zuerst erschienen in SBZ Monteur Ausgabe 2/2021. Dipl.-Ing. (FH) Elmar Held ist verantwortlicher Redakteur des SBZ Monteur. Er betreibt ein TGA-Ingenieurbüro, ist Dozent an der Handwerkskammer Münster und Hochschule Düsseldorf, sowie öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger.

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