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Wärmepumpen sind oft zu groß dimensioniert

Wolfgang Schmid
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Seit Langem gilt die Schweiz als europäischer Vorreiter bei Wärmepumpengeräten und der qualitativ hochwertigen Umsetzung in die Anlagentechnik. Warum das so ist, erklärt Peter Hubacher, Qualitätsverantwortlicher der Fachvereinigung Wärmepumpen Schweiz.

Herr Hubacher, Sie sind über die Grenzen der Schweiz hinaus seit über einem Jahrzehnt als Wärmepumpen-Doktor bekannt. Ist Ihre Hilfe immer noch gefragt? Die Wärmepumpen-Geräte sind heute wohl nicht mehr der Grund, Sie anzurufen. 

Sicher konnten wir die Qualität der Wärmepumpen-Systeme in den vergangenen mehr als zehn Jahren anheben und verbessern. Wir zeigten ja immer wieder von Neuem auf, wie ein solches WP-System zusammengestellt und gebaut werden soll, respektive wie man Fehler vermeiden kann.

Es ist jedoch immer noch wichtig und notwendig, dass das Fachwissen und die Erfahrungen rund um die Wärmepumpe weiter verbreitet werden. Dabei geht es nicht nur um die Planung und Umsetzung der Anlagen, sondern auch um die Regelung und den Betrieb. Trotzdem werde ich immer noch und wohl auch weiterhin wegen Problemen kontaktiert, die man bei einigermaßen normalem Wissensstand verhindern könnte. Dabei spielt sicher auch der enorme Preisdruck, der in der Branche herrscht, eine nicht zu unterschätzende Rolle. Aus meiner Sicht sollte man gerade bei einem niedrigen Anlagenpreis darauf achten, dass man sich damit nicht nachgelagerte Probleme einhandelt.

Kaum ein Wärmepumpen-Fachmann kennt die Tücken von Wärmepumpenanlagen besser als Peter Hubacher. Sein Credo: kleiner Temperaturhub, knappe Dimensionierung.

Was hat sich über die Jahre verändert?

Wenn ich meine heutige Tätigkeit derjenigen vor einigen Jahren gegenüberstelle, sind viele Probleme immer noch gleich gelagert. Es beginnt bei der Hydraulik und Dimensionierung sowie auch bei der Regelung und Steuerung und setzt sich fort im Betrieb. Mit dem Aufkommen der außen aufgestellten Luft/Wasser-Wärmepumpen haben zudem die Schallprobleme deutlich zugenommen. Leider hat die Fachbranche immer noch ein generelles Wissensmanko.

Da heute die Bauherren, respektive die Anlagenbesitzer, besser informiert sind und auch sein wollen, ist es immer wichtiger, dass eine auf richtigem Niveau angesiedelte Fachinformation dieser Zielgruppe über die Medien erfolgt.

Bislang heißt es immer, den Temperaturhub in einem Wärmepumpenheizsystem möglichst klein zu halten, sprich eine Fußbodenheizung einzubauen. Jetzt mehren sich die Stimmen, dass Fußbodenheizungen und Betonkerntemperiersysteme in hoch wärmegedämmten Häusern und Gebäuden wegen ihres sehr trägen Regelungsverhaltens – energetisch gesehen – kontraproduktiv sein können. Wie sehen Sie das?

Physikalisch betrachtet stimmt es immer noch, dass der Temperaturhub bei Wärmepumpensystemen eine zentrale Größe ist und meine fast in jedem Vortrag dozierte Grundregel „je kleiner der Temperaturhub, desto größer die Effizienz“ gilt jedenfalls immer noch. Es ist jedoch heute klar, dass der Heizwärmebedarf in hoch wärmegedämmten Häusern deutlich kleiner geworden ist und somit der spezifische Anteil der Trinkwassererwärmung einen größeren Einfluss auf die Jahresarbeitszahl hat. Das von Ihnen angesprochene Regelverhalten bei Fußbodenheizungen oder auch Betonkern-Heizflächen wird regelungstechnisch schwieriger, je kleiner die Heizleistung ist. Diese Regelabweichungen sind dann bei Wohneinheiten oft unangenehm bzw. unhaltbar. Doch muss man auch hier – gesamtheitlich betrachtet – festhalten, dass bei solchen Objekten eben auch der Fremdwärmeanteil zu Temperaturschwankungen führt, die dann oft einer schlechten Systemwahl angelastet werden.

Betonkern-Heizflächen sind in erster Linie dann angebracht, wenn diese zum Heizen und Kühlen eingesetzt werden. Diese Tendenz ist bei Wohnobjekten seit einigen Jahren zunehmend. Aufgrund von Simulationen zeigt es sich, dass bei solch trägen Heiz- und Kühlsystemen eigentlich eine relativ zuverlässige Meteo-Voraussage notwendig wäre, um trendmäßig richtig zu regeln.

Flinke Niedertemperatur-Heizkörper seien effizienter, hört man auf einschlägigen Veranstaltungen. Welche Erfahrungen liegen Ihnen dazu vor?

Dass man mit flinken Niedertemperaturheizkörpern die Raumtemperatur regeltechnisch schneller und vermutlich auch genauer kontrollieren, also konstant halten kann, ist absolut klar. Solche Niedertemperaturheizkörper benötigen jedoch eine interne Luftumwälzung, da sie sonst viel zu große Abmessungen haben oder auch träge sind. Damit keine Geräuschprobleme entstehen, sind sehr leise Gebläse erforderlich. Zudem ist der Wartungsaufwand solcher Gebläseheizkörper deutlich größer.

Bleiben wir beim Temperaturhub: Für die Trinkwassererwärmung werden aus wasserhygienischen Gründen Speichertemperaturen von mindestens 60°C und Zirkulations-Rücklauftemperaturen von 55°C gefordert bzw. in Verordnungen vorgeschrieben. Nun wird gerade im hoch wärmegedämmten Haus der prozentuale Heizenergiebedarf für die Trinkwassererwärmung immer größer, das heißt, der COP der Wärmepumpe wird mehr und mehr von der Trinkwassererwärmung beeinflusst. Welche Lösung empfehlen Sie?

Der Anteil des Transmissions- und Lüftungswärmebedarfs ist kleiner geworden. Dadurch ist der Anteil für die Warmwasserbereitung, relativ betrachtet, größer geworden und beeinflusst deshalb die Gesamteffizienz einer Wärmepumpenanlage negativ. Immerhin dürfen wir festhalten, dass es heute kein Problem mehr ist, mit einer richtig gewählten Wärmepumpe Warmwassertemperaturen von bis zu 60 °C ohne Heizstab zu erreichen.

Die Entwicklung bei der Trinkwassererwärmung steht ja auch nicht still. So haben wir heute aufgrund wasserhygienischer Vorgaben eine große Anzahl von Frischwassersystemen auf dem Markt. Gemäß den Vorschriften und Untersuchungen der Trinkwasserhygiene ist Vorsicht geboten, wenn warm stehendes Trinkwasser nicht innerhalb von 24 Stunden gebraucht wird. Deshalb müssen wir die bestehenden Dimensionierungsvorgaben für Trinkwasser, welche immer total auf der sicheren Seite waren und heute noch sind, infrage stellen. Wir konnten bei mehreren Objekten feststellen, dass der wirkliche Verbrauch von Trinkwarmwasser bis zu 50 % niedriger war als geplant. Solche Anlagen benötigen dann eine Legionellenprävention. Doch diese umfasst praktisch in jedem Wohnbauobjekt nur den Warmwasserspeicher. Die Verteilleitungen und die vorhandene Zirkulation sind in den wenigsten Fällen in den Legionellenschutz integriert.

Es ist unabdingbar, dass bei der Trinkwassererwärmung weitere Entwicklungen folgen müssen. Dazu gehören auch besser funktionierende Speichersysteme.

Besonders bei Großobjekten besteht bei der Trinkwassererwärmung noch erheblicher Optimierungsbedarf. Die meisten Bestandsanlagen sind überdimensioniert und entsprechen nicht mehr den heute gültigen wasserhygienischen Vorgaben.

Was halten Sie mit Blick auf die Wärmepumpeneffizienz davon, die Gebäudebeheizung von der Trinkwassererwärmung zu trennen?

Für Einzelobjekte steht aus meiner Sicht die Trennung von Heizung und Trinkwassererwärmung nicht im Vordergrund. Wenn aber bei einem Nahwärmeverbund die Warmwasserbereitung ebenfalls zentral erfolgt, habe ich schon meine Mühe. Es macht wenig Sinn, in solchen Objekten den Nahwärmeverbund für die Trinkwassererwärmung auf ein deutlich höheres Temperaturniveau hochzufahren, um die Warmwasserspeicher zwei- bis viermal am Tag aufzuladen. Hier ist eine separate Warmwasserbereitung je Gebäude eine deutlich effizientere Lösung.

Zu überlegen wäre, ob im Einzelfall die Trinkwassererwärmung direkt mit dem Heißgas ab Verdichter erfolgen kann. In der Kältetechnik, beispielsweise bei Kühlräumen und anderen kältetechnischen Anlagen, praktiziert man dieses Verfahren bereits seit langer Zeit. Da die Heißgastemperatur im Bereich von 60 bis 80 °C liegt, ist dieses Verfahren rein physikalisch betrachtet sinnvoll. Die technische Umsetzung ist dann aber deutlich schwieriger, da die Wärmepumpe im Werk nicht mehr fertiggestellt und geprüft werden kann, weil der Kältekreislauf – je nach System – erst vor Ort fertiggestellt wird.

Die Auslegung von Wärmepumpen ist für den Planer bzw. den Installateur ein Dilemma: Legt er sie exakt aus, beklagt sich der Nutzer womöglich über zu lange Aufheizzeiten nach einer längeren Abwesenheit. Eine zu groß gewählte Wärmepumpe führt dagegen zu rund 20 % mehr an Stromverbrauch. Brauchen wir bei Wärmepumpen Leistungsreserven für unkalkulierbare Betriebssituationen oder einfach mehr Klarheit darüber, was eine Wärmepumpe kann und was nicht?

Diese Bemerkung ist absolut angebracht. Es braucht Fachkenntnisse und Erfahrung, um die Dimensionierung der Wärmepumpe richtig vorzunehmen. Wie wir beim Feldanalyseprojekt des BFE festgestellt haben, sind die Wärmepumpen oft 30 bis 50 % zu groß dimensioniert. Dies ist darin begründet, dass einerseits die Berechnung der Gebäudeheizleistung ohne die passiven Wärmegewinne erfolgt und andererseits bei der Bestimmung der Heizleistung noch Sicherheitszuschläge gemacht werden.

Dass die Heizleistung einer Wärmepumpe zu knapp ist, kommt sehr selten vor, da dies nur bei der für die Dimensionierung maßgebenden Auslegungs-Außentemperatur der Fall wäre und diese kommt – statistisch betrachtet – sehr selten vor. Bei Absenkung der Raumtemperatur bei längerer Abwesenheit sollte man ohnehin berücksichtigen, dass für die Erreichung eines behaglichen Raumklimas einige wenige Stunden nicht genügen, sodass man mindestens am Vortag der Rückkehr den Aufheizvorgang einleiten sollte.

Eine zu groß gewählte Wärmepumpe führt vor allem in der Übergangszeit der Heizperiode zu deutlich mehr Schaltzyklen. Daraus resultiert eine schlechtere Effizienz im Betrieb, die durchaus bei 15 bis 20 % liegen kann.

Welche Vorgehensweise bei der Wärmepumpen-Dimensionierung empfehlen Sie?

Eine Wärmepumpe sollte aus den genannten Gründen möglichst genau nach der notwendigen Heizleistung dimensioniert werden. Auch im Sanierungsfall ist es notwendig, dass die Dimensionierung möglichst exakt erfolgt. Es genügt nicht, sich am Richtwert des bisherigen Energieverbrauchs zu orientieren, den der Anlagenbetreiber notiert hat. Dieser Wert muss analysiert und hinterfragt werden. Aus meiner Sicht sollten die Verbrauchszahlen mindestens der letzten drei Jahre vorliegen und diese auch auf mittlere Meteodaten (Heizgradtage) „normiert“ werden. Wenn die Heizleistung einer Wärmepumpe die benötigte Nutzwärmeleistung nur knapp erreicht, muss deswegen nicht ein größeres Modell eingesetzt werden. Die Leistung könnte in einem solchen Fall zwar bei der maßgebenden Auslegungs-Außentemperatur knapp werden. Da diese minimale Außentemperatur jedoch statistisch nur alle paar Jahre an wenigen Tagen erreicht oder unterschritten wird, ist dies für die Dimensionierung eher belanglos. Die Erfahrung zeigt, dass die Gebäudemasse kurze Tieftemperaturphasen praktisch ohne Einbuße der Behaglichkeit überbrückt.

 

Mehr neue Wärmepumpen finden Sie in unserer Marktübersicht:

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