Eigenstrom nutzen: Wärmepumpen in EEBUS-Verteilsystemen
In diesem außerordentlichen Jahr gab es auch eine außerordentliche Zahl abseits von Corona: Laut Bundesverband Wärmepumpe BWP wird 2020 die millionste Wärmepumpe in Deutschland eingebaut. Dass Wärmepumpen mittlerweile die dominierende Heiztechnologie im Neubau sind, steht außer Frage. 2019 entschied sich fast jeder zweite Bauherr für sie.
Parallel dazu gibt es die Entwicklung, Photovoltaikanlagen auf dem Dach unter dem Gesichtspunkt Eigenstromnutzung zu installieren und deutlich weniger als früher zum Zweck der kompletten Einspeisung des Stroms ins öffentliche Netz. Verschiedene Treiber geben den Anlass.
In der Hauptsache sind es steigende Strompreise und die Möglichkeit, eine PV-Anlage mit einem Solarstromspeicher zu kombinieren. Mittelfristig wird auch die Elektromobilität ein ernstzunehmender Faktor sein, der Hausbesitzer zur Installation einer PV-Anlage motiviert, um den erzeugten Strom selbst zu nutzen.
Fakt ist, dass mittlerweile jede zweite neu installierte PV-Anlage mit einem Stromspeicher kombiniert wird. Fakt ist auch, dass die neue Aufgabendefinition von PV die Nachfrage anzieht. Eine Hochrechnung des Bonner Marktforschungsinstituts EuPD Research zeigt den deutschen Markt für PV-Kleinanlagen (bis 10 kWp) erstmals mit mehr als 1 GWp Neuinstallationen in 2020. Corona hat dieser Entwicklung im zweiten Halbjahr übrigens keinen Abbruch getan.
Sektorkopplung
Die viel beschriebene Sektorkopplung von Strom aus erneuerbaren Energien findet somit zunehmend auch auf der Gebäude-Ebene statt: Er wird nicht nur zum Betrieb elektrischer Geräte genutzt, sondern auch zum Heizen (Strom zum Betrieb von Wärmepumpen, Speichern überschüssigen Stroms in Warmwasserspeichern via Heizstab) und als Treibstoff fürs E-Auto.
Dafür muss der Eigenstrom allerdings bedarfsoptimiert auf die jeweiligen Nutzer verteilt werden, um eine größtmögliche Autarkiequote zu erzielen.
EEBUS gewinnt Schlüsselrolle
Eine Schlüsselrolle in der optimalen Verteilung und bestmöglichen Nutzung selbst erzeugten Stroms gewinnt EEBUS, eine Kommunikationsschnittstelle, die herstellerunabhängig ist.
Aufbau, Sinn und Zweck erläutert Martin Bauer, Wirtschaftsingenieur für Wärmepumpen beim Heizungs- und Lüftungshersteller Wolf: „EEBUS ist ein Zusammenschluss von Herstellern aus den Bereichen der vernetzten Haustechnik, Elektromobilität und Energie. In diesem Netzwerk wird ein gemeinsames Verständnis entwickelt, welches die Grundlage für neue Anwendungsszenarien und Geschäftsmodelle schafft. So können beispielsweise im Bereich des Energiemanagements die Entwicklung von Apps vorangetrieben werden, welche den Eigenverbrauch selbst produzierten Stroms optimieren. Die gemeinsam entwickelte Kommunikationssprache lässt sich technologieunabhängig von jedem Gerät und jeder Plattform lizenzkostenfrei nutzen – sei es zur Anbindung an das lokale Energiemanagement oder von einem Smart-Home-System. Mit einer zukunftssicheren, wartbaren und einfachen Geräteschnittstelle wird ein effizientes und nachhaltiges Energiesystem möglich, welches auch die intelligente Einbindung der Haus- und Wärmetechnik umfasst.“
Wenn beispielsweise eine Wärmepumpe EEBUS-kompatibel ist, dann lässt sie sich per LAN-Kabel heizungsseitig vom EEBUS-Gateway zum Router in ein Energiemanagement-System integrieren.
Bei Wolf werden auf diesem Weg mehrere Daten an den Energiemanager übermittelt: Wann die Wärmepumpe bereit ist und ihr Betrieb eingeplant werden darf, außerdem die Mindesteinschaltzeit sowie die maximale und aktuelle Leistungsaufnahme. Wenn alle Anforderungen des Energiemanagers erfüllt sind, kann der Heizbetrieb mit PV-Strom starten.
Im „Automatikbetrieb“ der Wärmepumpe erhöht die Einstellung „PV-Anhebung“ automatisch die aktuellen Solltemperaturen von Warmwasser und Heizwasservorlauf, um mehr Solarenergie im Warmwasser- bzw. Puffer-Speicher zwischenlagern zu können. Sind die Anforderungen später nicht mehr erfüllt, gibt es einen Ausschaltbefehl. Dadurch werden die Solltemperaturen auf das normale Niveau zurückgestellt.
Eindrucksvoller Feldversuch
Ein Feldversuch von Wolf hat hier in der Praxis eindrucksvolle Ergebnisse hervorgebracht. Die für den Nutzer interessante Autarkiequote, also das Verhältnis von PV-Eigenstromversorgung zum Netzbezug, stieg mit der EEBUS-Kopplung erheblich und zwar von 42 auf 96%.
Diese Auswertung im Sommer ergab, dass für die Warmwasserbereitung (fast) kein Netzstrom mehr benötigt wurde. Durch eine Temperaturerhöhung bei der Zwischenspeicherung, die vom Fachhandwerker eingestellt wird, entfallen die Speicherladungen zu den Zeiten, in denen wenig Solarertrag herrscht.
In der Winter- und Übergangszeit wurde das Warm- und Heizwasser mit erhöhtem Temperaturniveau gespeichert, sodass für einige Stunden kein Netzstrombezug nötig war. Im Beispiel war dies von etwa 13 bis 18 Uhr der Fall. Die Autarkiequote, bezogen auf die Wärmepumpe, kletterte mit EEBUS-Kopplung von 19 auf 48 %.
Gemessen wurde in einem Eigenheim mit ca. 110 m² Wohnfläche, in dem ein Monoblock (Wolf CHA-Monoblock Wärmepumpe) mit 7 kW Heizleistung zum Einsatz kam, ein 1.000 l Schichtenspeicher (BSP 1000), als Energiemanager der Sunny Home Manager 2.0 von SMA und eine PV-Anlage mit 9,9 kWp Leistung.
Fazit: Luft nach oben
Die Ergebnisse sind wissenschaftlich zwar nicht valide, aber als eine beispielhafte Untersuchung zu sehen. Selbst diese zeigt im Ergebnis schon, dass die Eigenstromnutzung deutlich optimiert werden kann.
Dittmar Koop ist Journalist für erneuerbare Energien und Energieeffizienz.