Wie intelligente Energiemanager die Heizung von morgen steuern
Die Energiewende wirft für die Heizungsbranche derzeit vor allem Fragen auf: Wie werden sich die Kosten für die verschiedenen Energieträger in den nächsten Jahren und Jahrzehnten entwickeln? Welche Verordnungen sind zu erwarten, damit Deutschland die Klimaziele für die Jahre 2030 und 2050 erreicht? Und vor allem: Welche praktischen Folgen hat das heute und künftig für die Planung neuer Heizungsanlagen?
Zwei Szenarien für das Erreichen der Energiewende
Grundsätzlich gibt der Klimaschutzplan 2050 das Ziel eines nahezu klimaneutralen Gebäudebestands bis 2050 vor. Dazu soll der Ausstoß an CO2 insgesamt um 80 bis 95% gegenüber 1990 verringert werden. Um diese Ziel zu erreichen, setzt die Politik auf die Kombination von zwei wesentlichen Eckpfeilern: Effizienz und Einsatz erneuerbarer Energien. Welche Konsequenzen sich daraus für künftige Heizsysteme ergeben werden, ist derzeit noch in der Schwebe. Aktuell gibt es zwei unterschiedliche Szenarien:
- Die „GEAA-Gebäudestudie“ setzt auf einen breiten Mix an Heizungstechnologien. Dazu gehören u. a. noch mehr als zehn Millionen effiziente Öl- und Gasheizungen in Verbindung mit synthetischen Brennstoffen auf Basis erneuerbarer Energien, die bis 2050 die fossilen Brennstoffe zunehmend ersetzen sollen – also etwa Power-to-Gas- oder auch Power-to-Fuel-Technologien.
- In der im Januar 2018 veröffentlichten aktuellen Studie „Klimapfade für Deutschland“ (im Auftrag des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, BDI) stehen indes vor allem die Elektrowärmepumpe sowie die Nah-/Fernwärmeversorgung im Zentrum der künftigen Gebäudewärmeversorgung. Im Szenario der Studie sollen im Gebäudebereich bis 2050 etwa 14 Millionen Wärmepumpen installiert sein, die mit Strom aus erneuerbaren Energieträgern betrieben werden. Dies entspräche einem Anteil am Endenergieverbrauch (für Raumheizung und Warmwasser) von etwa 47 Prozent. Für einen effizienten Betrieb der Wärmepumpe im Gebäudebestand fordert die BDI-Studie eine deutliche Steigerung der durchschnittlichen Sanierungsrate von (derzeit) 1,1 auf 1,7 % und eine Sanierung der Gebäude auf KfW-70-Niveau.
Soweit die offiziellen Einschätzungen, aus denen vor allem die Erkenntnis folgt, dass die politische Diskussion um die Zukunft der Heiztechnik in vollem Gange ist. Mit Blick auf die Energie- bzw. Wärmewende zeichnen sich allerdings ein paar Tendenzen recht klar ab:
- Fossile Brennstoffe, allen voran Heizöl, treten immer weiter in den Hintergrund. Im Neubau spielt Öl heute schon keine wesentliche Rolle mehr.
- Erdgas gilt als effizienter, relativ sauberer Energieträger, allerdings sind auch dessen Preis und Versorgungssicherheit nicht auf Dauer in Stein gemeißelt. Technologien wie Power-to-Gas sind längst noch nicht markttauglich und wirtschaftlich.
- Erneuerbare Energieträger wie Photovoltaik und Windkraft werden mittelfristig immer mehr und immer variabler verfügbaren Strom liefern.
Energiemanager hilft beim Stromsparen
In immer mehr neuen und energetisch sanierten Wohngebäuden werden Wärmepumpen in Kombination mit einer Photovoltaikanlage installiert. Ist die PV-Anlage mit dem Heizsystem, inklusive einem üppig bemessenen Energiespeicher, über ein intelligentes Energiemanagement vernetzt, dann lässt sich nicht nur übers Jahr gerechnet ein Überschuss an Energie erwirtschaften.
Auf diese Weise ist auch eine weitgehende Autarkie der eigenen Energieversorgung machbar: In den Sonnenstunden wird der Strom aus der PV-Anlage genutzt, um den Wasserspeicher aufzuheizen. Das kann über eine Wärmepumpe passieren. Möglich ist aber auch, dass ein Heizschwert im Wasserspeicher zusätzlich den Sonnenstrom direkt in Wärme umwandelt.
In kleinen Einheiten mit überschaubarem Heizwärmebedarf kann sich diese Methode durchaus lohnen, um die Heizungstechnik klimafreundlicher zu gestalten. Je größer die Photovoltaikanlage, desto eher bietet es sich an, zusätzlich einen Batteriespeicher zu installieren, der tagsüber Strom speichert, um abends Wärmepumpe, Hausgeräte und Licht zu versorgen.
Haustechnik muss miteinander kommunizieren
Entscheidend für den Erfolg solcher Lösungen ist, dass die verschiedenen Komponenten miteinander kommunizieren. In Prosumer-Haushalten (Stromproduzenten und „Consumer“ in einem Wort) gehört ein Energiemanager fast schon zur Grundausstattung der Haustechnik. Dieses Gehirn der Stromverteilung kennt den Ertrag der Photovoltaikanlage und weiß, welche Temperatur der Heizungs-Wasserspeicher hat. Er kennt den Füllstand einer etwaigen Hausbatterie und kann im Idealfall anhand von Online-Wetterdaten vorhersehen, wie hoch morgen der Stromertrag vom eigenen Dach und wie groß der Heizwärmebedarf sein wird.
Mit diesen Daten koordiniert er die Verbraucher, Speicher und Wärmeerzeuger. Der Wasserspeicher wird bei überschüssigem Sonnenstrom bis zum Maximum beheizt, bei wenig Sonnenertrag bleibt seine Temperatur am unteren Limit. Ähnlich wird auch mit dem Batteriespeicher verfahren. Und sobald ein Elektroauto zum Haushalt gehört, werden auch dessen Ladestrom und Batterie in das Energiemanagement mit einbezogen.
Systeme müssen die gleiche Sprache sprechen
Was grundsätzlich erst einmal völlig logisch klingt, funktioniert in der Praxis nur, wenn alle Komponenten im Heimnetzwerk zumindest teilweise mit Strom funktionieren. Dazu erfordert das übergreifende Energienetzwerk im Haus eine gemeinsame Sprache zwischen allen beteiligten Komponenten, wie Photovoltaik, Heizung, E-Auto-Ladestation und etwa Hausgeräten.
Ein übergreifender Kommunikationsstandard ist hier sehr hilfreich: Denn wenn alle Systeme mit einer einheitlichen Schnittstelle ausgestattet sind, lassen sich die Geräte aus den unterschiedlichen Bereichen und Gewerken einfach (mit dem Heimnetzwerk, dem Smart Home) verbinden und dann mit dem Energiemanager übergreifend steuern.
Eine solche gemeinsame Sprache für vernetzte Energiesysteme entwickelt die Industrie im Rahmen der EEBus-Initiative. In diesem Verein sind beispielsweise alle großen Heizungshersteller und der Branchenverband BDH gemeinsam mit PV-Herstellern wie SMA engagiert, um Heizungssysteme herstellerübergreifend fit für das Energiemanagement im Haus zu machen. Die EEBus-Schnittstelle sitzt dabei in der Regel im Steuergerät der Heizung und lässt sich so sogar vielfach in bestehenden Heizungsanlagen nachrüsten.
Vernetzung dient auch der Smart-Home-Integration
Neben dem reinen Energiemanagement bietet die Vernetzung der Heizung und ihres Energiemanagements einen klaren Komfortgewinn für die Bewohner: Zur Netzwerkanbindung der Heizung gehört in der Regel auch eine Fernsteuerung per App und PC sowie die Möglichkeit einer bedarfsgerechten, energiesparenden Programmierung – inklusive spezieller Programmbausteine wie „Urlaub“, „Abwesenheit“ oder „Party“. Die Nutzer können aber auch das Haus aus der Ferne manuell aufheizen lassen, bevor sie aus einem verkürzten Urlaub nach Hause fahren.
Auch eine Verbindung zu umfassenden Smart-Home-Systemen ist in der Regel vorgesehen. Der EEBus-Standard sieht typische Fernbedienungsfunktionen selbst vor, immer mehr Heimsteuerungen nehmen diese in ihre Systeme auf oder bieten eigene Schnittstellen. So kommunizieren z. B. Gasheizgeräte und Wärmepumpen von Vaillant über EEBus mit drahtlosen Smarthome-Systemen wie Telekom Smarthome oder Homematic. Daneben bietet der Hersteller über die Connected-Comfort-Allianz auch eine Einbindung in KNX-Bussysteme von Gira oder Jung.
Auf ein flexibles Energieangebot reagieren können
Im nächsten Schritt wächst das Energienetzwerk aus den eigenen vier Wänden heraus – ins intelligente Stromnetz, sogenannte Smart Grids. Das Zauberwort heißt hier „Demand Side Flexibility“. Übersetzt: Wenn die Sonne scheint und der Wind bläst, dann wird das Stromnetz künftig immer mehr Energie übrig haben – und Verbraucher suchen, die sie günstig abnehmen. Damit passiert innerhalb des Netzes etwas Ähnliches wie im Prosumer-Haushalt mit seiner Photovoltaikanlage: Energie muss dann verbraucht, gespeichert oder in Wärme umgewandelt werden, wenn sie erzeugt wird.
Bedarf an flexiblen Verbrauchern steigt
Das passiert heute schon vielfach in der Industrie, doch der Bedarf an flexiblen Verbrauchern wird in den nächsten Jahren rasant steigen. In Zeiten der Überproduktion dürften künftig schlicht die Strompreise purzeln – kommuniziert über smarte Stromzähler, die mit variablen Tarifen Anreize dafür schaffen, dass man seinen Wärmespeicher, seine Hausbatterie oder den Akku seines Elektroautos auflädt oder seine Wäsche wäscht.
Ob der Warmwasserspeicher dann über eine Wärmepumpe geladen wird oder ob ihn statt des Gasbrenners ein elektrischer Heizstab aufheizt, ist eher zweitrangig. Wichtig ist vielmehr, dass das Gesamtsystem in der Lage ist, den elektrischen Heizanreiz aufzunehmen und umzusetzen.
Dieser Artikel von Reinhard Otter ist zuerst erschienen in SBZ/05-2018, bearbeitet von haustec.de. Reinhard Otter ist Fachjournalist für Themen rund um Smart Home und das „Internet of Things“.
So kommuniziert die Heizung mit EEBus
Der EEBus-Standard definiert bestimmte Anwendungen, für welche die beteiligten Geräte und Systeme miteinander kommunizieren. Daraus ergeben sich, anschaulich gesehen, typische Dialoge zwischen den Geräten, für die der EEBus-Standard eine gemeinsame Sprache festlegt.
- Anzeige- und Monitoringfunktionen: Die Heizung überträgt ihren Betriebszustand, ihre Leistungsaufnahme (Wärmepumpen) oder die Temperaturen im Raum bzw. im Wasserspeicher an den Energiemanager.
- Konfiguration / Einstellung: Der Energiemanager oder ein Smart-Home-System gibt der Heizung eine Betriebsart vor (z. B. On, Off, Eco, Auto) oder passt die Solltemperaturen je nach Nutzungssituation oder Energieverfügbarkeit an.
- Energiemanagement: Der Energiemanager schaltet den Wärmeerzeuger automatisch ein, wenn überschüssige Energie vorhanden ist – vom eigenen Dach oder aus dem Smart Grid.