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Effizienzsteigerung von Wärmepumpen in Mehrfamilienhäusern

Arne Kähler, Joachim Klein, Jochen Ohl, Holger Hallmen
Inhalt

Wie hoch ist der Energieverbrauch in unseren Mehrfamilienhäusern? Welche Emissionen stehen damit in Verbindung? Welche Potenziale für die Senkung von Verbrauch und Emissionen sehen wir? Wie können wir die Energieversorgung bezahlbar machen? Wie schaffen wir es, aktuelle Herausforderungen zu bewältigen und gleichzeitig Bedürfnisse zukünftiger Generationen fest im Blick zu behalten? Antworten auf diese Fragen liefert die aktuelle Techem Verbrauchskennwerte-Studie (VKW-Studie).

Sie basiert auf Erhebungen aus dem Jahr 2022 und bietet Auswertungen und Analysen zum Verbrauch, zu den Emissionen sowie zu den Kosten für Heizung und Warmwasser aus 1,4 Millionen deutschen Wohnungen in rund 120.000 Mehrfamilienhäusern. Mit ihrer Datenfülle trägt sie nicht nur zu einer gründlichen Bestandsaufnahme bei, sondern zeigt außerdem auf, wo wir hin müssen und was wir realistisch erreichen können.

Zur Bewertung der heutigen Ausgangslage in Deutschland ist der Blick auf den Mix der Energieträger unerlässlich. Es hat sich herauskristallisiert, dass Erdgas mit einem Anteil von 51 Prozent an der Heizenergie in Mehrfamilienhäusern dominierend bleibt – wobei Wärmepumpen an Boden gewinnen. Die fossile Wärmeversorgung mit Heizöl und Erdgas ist bereits rückläufig, beträgt aber immer noch gut 61 Prozent.

Wärmepumpen gelten als große Hebel, um die CO 2 -Emissionen von Mehrfamilienhäusern deutlich senken zu können – wenn sie ­effizient funktionieren.

Emissionsziele um 60 Prozent überschritten

Das ist wichtig zu wissen. Doch neben dem Wissen über grundsätzliche Trends benötigen wir einen Blick in die Details, damit wir eine kompetente politische Debatte führen und auch konkrete zielführende Ableitungen treffen können. Der neue Techem CO2-Index liefert dazu wichtige Anhaltspunkte. Er zeigt das Verhältnis zwischen den tatsächlichen jährlichen CO2-Emissionen und den Emissionszielen für 2030 in Mehrfamilienhäusern in Deutschland. Damit liegt eine Maßzahl vor, mit der wir die Fortschritte bei der Reduzierung der CO2-Emissionen im Wärmebereich für Mehrfamilienhäuser einfach verfolgen und bewerten können.

Der Index zeigt, dass unser Weg noch weit ist, denn er liefert alleine für den Techem-Abrechnungsbestand im Jahr 2022 einen durchschnittlichen Wert von 160 Prozent. Das bedeutet, dass die deutschen Emissionsziele für 2030 im MFH-Sektor im vergangenen Jahr um 60 Prozent überschritten wurden.
Anders ausgedrückt: Bis 2030 müssen wir die CO2-Emissionen im Schnitt um gut ein Drittel reduzieren. Der für 2022 ermittelte Wert des Techem CO2-Index korrespondiert mit einer mittleren Emission über die Energieträger Erdgas, Fernwärme, Heizöl und Strom von 25 Kilogramm CO2 je Quadratmeter Wohnfläche.

Da der Index jedoch je nach Energieträger variiert, lohnt eine genauere Betrachtung: Für Heizöl liegt er bei 230 Prozent, für Fernwärme bei 155 Prozent und für Erdgas bei 150 Prozent. Für Gebäude, die elektrisch betriebene Wärmepumpen nutzen, liegt er jedoch bereits bei rund 90 Prozent, basierend auf dem deutschen Strommix. Holzpellets werden im Emissionshandelsgesetz nicht berücksichtigt und daher nicht betrachtet.

1 Eignung von Heizungsanlagen in Mehrfamilienhäusern für Wärmepumpen: Heizkörper­leistungsreserve im MFH-Gebäudebestand

Neun von zehn Mehrfamilienhäuser lassen sich mit Wärmepumpen versorgen

Wie kommen wir nun zu einer spürbaren Dekarbonisierung des Wohngebäudebestands? Aus unserer Sicht sind dafür folgende Schritte erforderlich:

  • grüne Elektrifizierung der Wärmeversorgung mit Wärmepumpen und Ausbau grüner Fernwärmenetze,
  • Ausbau der Infrastruktur für eine elektrische und bezahlbare Energieversorgung,
  • flächendeckender Einsatz fernablesbarer Zähler im Gebäudeanschluss und in den Wohnungen, etwa durch fernablesbare Heizkostenverteiler (Digitalisierung!),
  • flächendeckender Einsatz von automatisch ablesbarer Funkmesstechnik und anderen intelligenten Messsystemen (Smart-Meter-Gateway) für die Fernablesung aller Zähler und Heizkostenverteiler sowie
  • flächendeckende Einführung von automatisierten Systemen für Monitoring und optimierte Betriebsführung der Energie- und Wärmeversorgung.

„Minimieren, Substituieren, Kompensieren: Diese Schlagworte bilden nicht nur den strategischen Dreiklang auf dem Weg zu einer treibhausgasneutralen Gesellschaft bis 2045, sondern die Reihenfolge gibt auch Prioritäten vor“, schreibt Professor Markus Tritschler, Prorektor Gebäude und Infrastruktur an der Hochschule Esslingen, in einem Gastkommentar zur VKW-Studie. Die Transformation und Dekarbonisierung der Energie- und Wärmeversorgung des Wohngebäudesektors wird offenkundig nur mit einem hohen Einsatz von Wärmepumpen gelingen.

Daher haben wir uns gemeinsam mit Professor Tritschler die Aufgabe gestellt, auf Basis der uns vorliegenden Daten zu überprüfen, welche Radiator-Heizungsanlagen im Mehrfamilienhausbestand bereits heute über ausreichend Heizflächen und Heizleistungsreserven für den Einsatz von Wärmepumpen verfügen. Wir haben uns dabei von dem Grundgedanken leiten lassen, dass für einen effizienten Betrieb von Wärmepumpen die Heizflächen der Heizkörper ausreichend groß dimensioniert sein müssen, um einen Betrieb mit möglichst niedrigen Systemtemperaturen sicherzustellen.

Die Auswertung der Daten von mehr als 120.000 Mehrfamilienhäusern in Deutschland zeigt, dass bereits die Hälfte der Heizungsanlagen über die notwendige Heizkörperleistungsreserve für einen effizienten Wärmepumpenbetrieb verfügt und sich folglich für deren Einsatz eignen (Abb. 1). In den Gebäuden, in denen das nicht der Fall ist, kommt der Wechsel auf Heizkörpertypen mit einer höheren Leistung in Betracht. Es ist denkbar, unter Beibehalt des Nischenmaßes die Anzahl der Heizflächen der Heizkörper zu vergrößern. Etwa 40 Prozent der Gebäude ließen sich auf diese Weise zusätzlich für den Einsatz von Wärmepumpen vorbereiten.

Somit könnten insgesamt bis zu 90 Prozent der Heizungsanlagen des Gebäudebestands von Mehrfamilienhäusern mit Wärmepumpen ausgestattet und wärmetechnisch versorgt werden. Übergangsweise können Hybridlösungen zum Einsatz kommen, also eine Kombination neu montierter Wärmepumpen mit den bereits installierten Heizkesseln, die dann nur noch für die Spitzenlast betrieben werden.

Der kontinuierlich steigende Anteil und die große Bedeutung von Wärmepumpen für die Wärmeversorgung von Mehrfamilienhäusern erfordert ganz im Sinne einer angemessenen Wirtschaftlichkeit eine hohe Betriebssicherheit und eine hohe Wärmeerzeugungseffizienz. Darüber hinaus spielt der Strompreis eine entscheidende Rolle für den wirtschaftlichen Betrieb. Zudem setzt der flächendeckende Betrieb von Wärmepumpen eine entsprechende Infrastruktur für die sichere Versorgung mit Elektroenergie voraus.

2 Anlagen nur zur Heizung: Jahresarbeitszahlen von Wärmepumpen in Mehrfamilienhäusern 2022

Monitoring und Betriebsführung müssen verbessert werden

Werfen wir einen Blick in die Bestandsanlagen: Der Betrachtungszeitraum 2022 belegt, dass Wärmepumpen zwar ordentliche Effizienzwerte (Abb. 2 und Abb. 3), jedoch meist noch nicht den optimalen Betriebszustand erreichen. Unsere Auswertungen zeigen ein mittleres Optimierungspotenzial von etwa 25 Prozent, bei einem Drittel der Anlagen noch deutlich mehr.

Die Jahresarbeitszahl hängt neben der Bauart vor allem von den Betriebsbedingungen ab. Je niedriger die Temperaturdifferenz zwischen Wärmequelle und Wärmeübergabe, desto effizienter arbeitet eine Wärmepumpe. Gute Werte liegen im Bereich über drei. Wir haben monovalente Anlagen ausgewertet, in denen die Wärmepumpe alleiniger Wärmeerzeuger ist und in denen die Wohnungen mit Wärmezählern ausgestattet sind. Die Jahresarbeitszahlen haben wir aus dem mit den Wohnungswärmezählern gemessenen Wärmeverbrauch der Gebäude und dem zugehörigen Stromverbrauch der Wärmepumpe ermittelt. Dabei wurden mittlere Verteilverluste von 25 Prozent angesetzt. Der Wert wurde zuvor durch eine Auswertung fernwärmeversorgter Gebäude ermittelt, die ebenfalls mit Wohnungswärmezählern ausgestattet sind.

Es liegt nahe, dass sowohl das Monitoring als auch die Betriebsführung von Wärmepumpen verbessert werden müssen. Der Aufwand lohnt sich, denn im Vergleich zu Heizkesseln mit einem Potenzial von etwa zehn bis 15 Prozent für die Energieeffizienzverbesserung ist der Hebel für die Betriebsoptimierung bei Wärmepumpen deutlich größer. So kann eine professionelle Betriebsführung, zum Beispiel im Rahmen eines Wärmecontractings, die Effizienz von Wärmeerzeugungsanlagen erheblich steigern. Monitoring und Betriebsoptimierung, beispielsweise durch den digitalen Heizungskeller, bieten zusätzliches Potenzial. So sind infolge der höheren Abhängigkeit der Leistungszahl von der Vorlauftemperatur allein durch die Optimierung der Vorlauftemperatur Effizienzpotenziale von gut 30 Prozent realisierbar (Abb. 4).

Beim technischen Monitoring erscheint es zudem von Vorteil, etablierte Standards einzuhalten, etwa die des AMEV [1] und die VDI-Richtlinien 4645 [2] und 4650 [3], die sich als Schlüssel zur effizienten Nutzung von gebäudetechnischen Anlagen im Allgemeinen und von Wärmepumpen im Besonderen erweisen. Indem diese Standards konsequent angewandt werden, wird Transparenz für Betreiber und Nutzer geschaffen und so Vertrauen in die Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit von Wärmepumpen gebildet.

3 Anlagen zur Heizung und Warmwasserbereitung: Jahresarbeitszahlen von Wärmepumpen in Mehrfamilienhäusern 2022

Bedeutende Reduktion von Treibhausgasemissionen möglich

Effizienzsteigerung und professionelle Betriebsführung in deutschen Mehrfamilienhäusern könnten eine zusätzliche Reduktion der Treibhausgasemission von etwa vier Millionen Tonnen CO2 pro Jahr bewirken. Die durch Monitoring plus Betriebsoptimierung ermöglichte Reduktion des Endenergieverbrauchs führt in der Regel zu einer besseren Emissionsklasse eines Gebäudes. Wir stellen erhebliche Einsparpotenziale fest: allein bei Bestandsanlagen mit fossil betriebenen Heizkesseln zwischen 66 und 142 Euro pro Jahr und Wohnung für Mieter:innen sowie erhebliche CO2-Einsparungen für Vermieter:innen. Es besteht daher ein Anreiz für Vermieter:innen, in diese Effizienzmaßnahmen zu investieren.

Damit die bei Monitoring und Betriebsoptimierung anfallenden Datenmengen einen Mehrwert bieten, müssen sie mit modernen Methoden ausgewertet werden. Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) in der Gebäudetechnik ermöglicht präzise Vorhersagen über das Betriebsverhalten, intelligente Steuerung von Betriebsparametern sowie zielgerichtete Nutzerinformationen. Durch schnelle Informationsverarbeitung mithilfe von KI-Methoden wird der Anlagenbetrieb signifikant verbessert und die Betreiber können frühzeitig auf mögliche Ineffizienzen im Anlagenbetrieb hingewiesen werden.

4 Temperaturabhängigkeit der Leistungszahl von Wärmepumpen (Coefficient of Performance, COP)

Gebäude- und Verbrauchsdaten

Die Debatte über unsere künftige Energieversorgung ist in den Fokus gerückt, getrieben vom Klimawandel und steigenden Energiepreisen. Die neue VKW-Studie gibt Einblick in die aktuellen Verbrauchs- und Emissionswerte und zeigt das Potenzial für Effizienzsteigerungen durch Monitoring und Betriebsoptimierung. Der Techem CO2-Index hilft, Fortschritte bei der Reduzierung der CO2-Emissionen im Wärmebereich für Mehrfamilienhäuser sichtbar zu machen. Die zunehmende Verwendung von Wärmepumpen und das damit einhergehende höhere Optimierungspotenzial erfordert eine bessere Nutzung und Betriebsführung. Es wird deutlich, dass die Energieeffizienz weiter verbessert werden muss, weil sie zu einer sicheren, nachhaltigen und bezahlbaren Energieversorgung beiträgt.

Neben bereits etablierten digitalen Produkten und Services spielen Gebäude- und Verbrauchsdaten eine entscheidende Rolle bei der verlässlichen Bilanzierung und Planung einer zukunftsfähigen Wärmeversorgung. Vor diesem Hintergrund ist es umso wichtiger, dass die Digitalisierung der Gebäudewirtschaft weiter an Fahrt aufnimmt. Auch eine offene Datenökonomie und die damit einhergehende verbesserte, automatisierte Datennutzung sind unerlässlich, um Energieeffizienzpotentiale zu heben und erneuerbare Energien in der Breite zu etablieren. Nur so kann der Gebäudesektor seiner hohen Verantwortung für die zukunftsfähige Energieversorgung in Deutschland gerecht werden.

Dr.-Ing. Arne Kähler leitet das Techem Research Institute on Sustainability (TRIOS), das der Serviceanbieter 2022 gegründet hat. Joachim Klein bilanziert als Expert Energy & CO2 Figures den CO2-Fußabdruck von Techem. Dr.-Ing. Jochen Ohl arbeitet als Data Analyst bei Techem. Holger Hallmen arbeitet als Data Scientist bei Techem.

Literatur

[1] AMEV: Wärmeversorgungsanlagen (WVA) Teil 1: Planung und Bau 2021

[2] VDI 4645: Heizungsanlagen mit Wärmepumpen in Ein- und Mehrfamilienhäusern – Planung, Errichtung, Betrieb

[3] VDI 4650: Berechnung der Jahresarbeitszahl von Wärmepumpenanlagen

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