Direkt zum Inhalt
Anzeige
Anzeige
Anzeige
haustec.de
Das Fachportal für die Gebäudetechnik
Ad placeholder
Anzeige
haustec.de
Das Fachportal für die Gebäudetechnik
Ad placeholder
Print this page

Serielles Sanieren: Wie das SHK-Handwerk vom Trend profitieren kann

Dittmar Koop
In Hameln (Niedersachsen) wurde erstmals in Deutschlands nach dem Energiesprong-Prinzip seriell saniert. Die Wohnsiedlung stammt aus den 1930er Jahren und war stark sanierungsbedürftig.

Der prominenteste Begriff im Zusammenhang mit dem Thema serielles Sanieren ist „Energiesprong“, der ursprünglich in den Niederlanden, etwa um 2013 herum, kreiert wurde. Energiesprong/Energiesprung bedeutet allgemein, auf der Baustelle binnen kürzester Zeit Gebäude-Effizienzklassen zu heben, z. B. von „H“ auf „A“. Es geht um Reduktionen auf 40% der Zeit im Vergleich zu herkömmlichen Sanierungen und funktioniert über in Werken vorgefertigte Elemente, die auf der Baustelle dann nur noch zusammengefügt werden. Eine wichtige Rolle spielt in diesem Zusammenhang die Digitalisierung (z. B. Building Information Modelling BIM).

Der Markt für serielles Sanieren in Deutschland

In Deutschland ist die Deutsche Energie-Agentur Dena, ein bundeseigenes Unternehmen mit Sitz in Berlin, mit der Marktverbreitung des Energiesprong-Konzepts betraut. Die ersten seriell sanierten Projekte in Deutschland sind bereits fertiggestellt (ein aktueller Stand dazu findet sich auf der Plattform https://www.energiesprong.de). Laut Dena sind mittlerweile große Player wie Saint-Gobain, Knauf, Sto, Vaillant, Vonovia und LEG in den seriellen Sanierungsmarkt eingestiegen. 

Nach Dena-Angaben ist inzwischen der nächste große Meilenstein in der Marktentwicklung erreicht, der Sprung von Pilotprojekten zu Portfolios. So will bspw. die Gewobau Erlangen bis 2027 mehrere Quartiere mit tausenden Wohneinheiten seriell sanieren. Weitere Wohnungsbaugesellschaften sind laut Dena dabei, in Pilotprojekten gewonnene Erkenntnisse sukzessive auf die Sanierung größerer Bestände zu übertragen.

Beim Energiesprong-Konzept handelt es sich um einen Bauprozess, der mit vorgefertigten Elementen für Fassade, Dach und Haustechnik arbeitet, um in kürzester Sanierungszeit Altbestand um mehrere Effizienzklassen nach oben zu liften.

Fördermöglichkeiten bei KfW und BEG

Über die Bundesförderung effiziente Gebäude (BEG) wird seit Januar 2023 das serielle Sanieren gefördert, in Form von Tilgungszuschüssen und in Form von zinsgünstigen KfW-Krediten. Das hat zum Ziel, die sich derzeit noch über dem Marktniveau bewegenden Kosten dieser Sanierungsmethode im Vergleich zu konventionellen zu egalisieren und dann bei vergleichbaren Kosten u. a. die Zeitersparnis in die Waagschale werfen zu können. 

Die zweite Bundesförderung, „Serielles Sanieren“, liegt derzeit laut zuständiger Behörde, dem BAFA, für Neubauvorhaben aktuell auf Eis (Der Grund ist eine Haushaltssperre, Stand: Ende Juni 2024).

Vorfertigung in der TGA

Letztere Bundesförderung gibt einen Fingerzeig, dass das Thema Vorfertigung und serielles Bauen ganz bewusst baupolitisch gewollt mittlerweile auch im Neubau Einzug hält. Zu beobachten ist dabei, dass die Vorfertigung mehr und mehr auch die technische Gebäudeausrüstung im Inneren erreicht. 

So hat der Sanitärhersteller Geberit bspw. für eine Großbaustelle, auf der seit Anfang 2022 ein ganzes Quartier mit 354 Wohneinheiten im Karlsruher Stadtteil Daxlanden entsteht, insgesamt rund 3.500 vorgefertigte Sanitärständerwände geliefert, bestehend aus Grund- und Aufsatzrahmen. Die Vorgabe war, möglichst gleiche Badtypen zu entwerfen, um den Vorfertigungsfaktor zu erhöhen. Die Bäder sind trotz unterschiedlicher Größen alle ähnlich aufgebaut. Die Sanitärwände werden werksseitig vorgefertigt und dann Just-in-Time auf die Baustelle geliefert.

Bisher wird serielles Sanieren meist mit Maßnahmen an der Gebäudehülle in Verbindung gebracht, so z. B. werksseitig vorgefertigte Vorwandfassaden.
Serielles Sanieren nach dem Energiesprong-Prinzip setzt im Kern auf den Baustein energetische Sanierung, wobei Photovoltaik eine große Rolle spielt, verbunden mit Dämmung.

Chancen und Herausforderungen für das SHK-Handwerk

Pascal Lehmler, Leiter Produktmanagement Rohrleitungssysteme und industrielle Vorfertigung bei Geberit, ist davon überzeugt, dass auch SHK-Betriebe vom Thema profitieren können – allerdings unter bestimmten Voraussetzungen: „Profitieren werden die Betriebe, die bereit sind, neue Technologien und Prozesse zu adaptieren und zu implementieren. Dabei spielt die Verlagerung von den Tätigkeiten auf der Baustelle zur Werkstatt hin eine besondere Bedeutung“, sagt er. Viele Tätigkeiten und Arbeitsvorbereitungen ließen sich in der Werkstatt bereits erledigen und könnten so zu einem optimaleren Ablauf auf der Baustelle beitragen. „Die Unternehmen, die dieses Verständnis entwickelt haben, berichten bereits über ihre positiven Erfahrungen. Mit der gleichen Anzahl an Mitarbeitenden, konnten durch die Vorfertigung mehr Volumen gleichzeitig abgearbeitet werden“, berichtet er. Durch den Einsatz von Vorfertigung könne auch dem Fachkräftemangel entgegengewirkt werden. 

Allerdings besteht für Betriebe, die sich darauf einlassen wollen die Herausforderung, sich in Planungs- und Ausführungsprozessen umstellen bzw. weiterentwickeln zu müssen. „Die Umsetzung erfordert spezialisiertes Know-how. Es ist wichtig, dass Fachkräfte geschult sind, um die neuen Technologien effektiv einzusetzen“, meint Pascal Lehmler.

Blick auf die Großbaustelle im Karlsruher Stadtteil Daxlanden. Hier entsteht seit Anfang 2022 ein ganzes Quartier mit 354 Wohneinheiten. Die serielle Vorfertigung spielt hier eine große Rolle.
Die Großbaustelle in Karlsruhe ist ein Beispiel dafür, dass das Thema serielle Vorfertigung immer tiefer in die technische Gebäudeausrüstung einzieht.

Kunden und Handwerk profitieren von kürzeren Bauphasen

Im Grunde genommen spricht serielle Sanierung oder auch Vorfertigungen im Neubau eine grundsätzliche Thematik an, die nicht nur TGA-Planer, sondern vermehrt auch das SHK-Handwerk beschäftigen dürfte: Planungs-, Herstellungs- und Vorfertigungs-Prozesse vermehrt zu digitalisieren. Andreas Müller, Geschäftsführer Technik beim ZVSHK, sieht das als themaübergreifend an. Er glaubt einerseits, dass bei allen Vorteilen das serielle Sanieren für das SHK-Handwerk ein Nischenmarkt bleiben wird. Der Grund: „Viele Objekte eignen sich aufgrund bestimmter baulicher und bauseitiger Gegebenheiten nicht dafür, in serielle Prozesse integriert zu werden. Die meisten Kunden wünschen eben sehr individuelle Lösungen, sozusagen keine handwerklichen Leistungen von der Stange“, sagt er.

Digitalisierung zieht mehr und mehr in die TGA und auch das SHK ein. Betrieben, die sich darauf einlassen, bieten sich hier große Wettbewerbsvorteile.
Im neuen Karlsruher Stadtteil Daxlanden wurden von Geberit insgesamt rund 3.500 vorgefertigte Sanitärständerwände geliefert, bestehend aus Grund- und Aufsatzrahmen.

Doch selbst wenn es für das SHK eine Nische bleiben sollte, ist es Teil einer allgemeinen Entwicklung: „Der ZVSHK rät seinen SHK-Mitgliedsbetrieben, sich stärker mit der digitalen Planung und den vielfältigen Möglichkeiten der Vorfertigung zu befassen“, sagt Andreas Müller und ergänzt: „Schon seit vielen Jahren sind Betriebe mit einer ausgeprägten und hocheffizienten Vorfertigung schneller und wirtschaftlicher unterwegs als ihre Mitbewerber. Der Nutzen für den Kunden entsteht auch durch schnelle bzw. kürzere Bauphasen. Die Installationszeiten für ein perfekt geplantes Bad oder eine neue Wärmepumpenanlage sind Dank perfekter Planung und Vorfertigung kürzer.“

Zwar werden viele Kunden weiter individuelle Lösungen wünschen, doch die Grenzen zwischen Vorfertigung, die „von der Stange“ liefert und den Möglichkeiten, darüber auch individuelle Lösungen bedienen zu können, verwischen.

Digitale Planung und Vorfertigung: Einstieg lohnt sich

Das Energiesprong-Prinzip (und andere Konzeptionen des seriellen Sanierens) wird an Fahrt aufnehmen, weil immer mehr Marktteilnehmer auf diesen Zug aufspringen und diese Form der Sanierung auch politisch gewollt ist. TGA-Planer und SHK-Handwerker müssen im Einzelfall für sich prüfen, ob es sich in dieses Marktfeld einzusteigen lohnt bzw. ob und wie dieses konkret dann möglich ist. Selbst wenn es betrieblich kein Thema sein sollte, so reiht es sich doch in eine grundsätzliche Entwicklung ein: Weitere Digitalisierung von Prozessen im Betrieb, damit verbunden mehr Vorfertigung, die am Ende immer auch sehr individuell sein kann.

Dittmar Koop ist Journalist für erneuerbare Energien und Energieeffizienz.

Mehr zu diesem Thema
Anzeige
haustec.de
Das Fachportal für die Gebäudetechnik
Ad placeholder