So nützen alte Solaranlagen den Betreibern und der Energiewende
Betreiberinnen und Betreiber von Solaranlagen, die ab 2021 aus der Vergütung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) fallen, sollten ihren Solarstrom sowohl selbst verbrauchen als auch rechtssicher einspeisen können.
Hierfür sollte allerdings bei kleinen Anlagen kein teurer intelligenter Stromzähler verlangt werden, wie es die aktuellen Regularien und der Entwurf für das EEG 2021 vorschreiben – was die Anlagen schnell unwirtschaftlich macht. Stattdessen kann eine Ergänzung des bestehenden Systems von Standardlastprofilen um ein Solarstrom-Prosumer-Standardlastprofil eine günstige Alternative zur Zählerumrüstung sein.
Nötig wäre dafür nur eine Neuverdrahtung des Hausanschlusskastens in der gleichen Weise, wie sie bei den meisten neuen Kleinanlagen praktiziert wird. Diese Variante für den Weiterbetrieb von Solarstromanlagen hat Agora Energiewende gemeinsam mit der auf Strommarktregulierung spezialisierten Beratungsorganisation Regulatory Assistance Project in einer Studie umrissen.
Dilemma für Anlagenbetreiber: Abschalten oder Draufzahlen
Der geplante EEG-Entwurf 2021 stellt Betreiberinnen und Betreiber kleiner Anlagen nach Ende der 20-jährigen EEG-Förderung vor ein Dilemma: Entweder sie akzeptieren sehr niedrige Vermarktungserlöse des Netzbetreibers für ihren Strom, die im Zweifel gerade so die Versicherungs- und Wartungskosten decken. Oder sie rüsten den Hausanschlusskasten um, um den Solarstrom direkt im Hausnetz zu verbrauchen, – so wie es bei den meisten Neuanlagen der Fall ist – müssen dann aber einen teuren Smart Meter anschaffen und ihren Überschussstrom am Strommarkt vermarkten.
Hierfür stehen aktuell jedoch kaum Dienstleister am Markt bereit, die Solarstrom von Anlagen mit weniger als 60 Kilowatt Spitzenleistung direktvermarkten – die typischen Anlagen aus den Anfangsjahren der Photovoltaik in Deutschland leisten jedoch häufig nur bis zu fünf Kilowatt.
„Dass Häuslebesitzer mit 20 Jahre alten Solar-Dachanlagen künftig teure intelligente Stromzähler einbauen müssen, um den Strom vom eigenen Dach zu verbrauchen, ist den Leuten nicht zu vermitteln. Schon gar nicht, wenn die Nachbarn sich gleichzeitig eine neue, auf den Eigenverbrauch optimierte Solaranlage bauen, und zwar ohne teuren Smart Meter. Wir sind uns sicher, dass das besser geht“, sagt Dr. Patrick Graichen, Direktor von Agora Energiewende.
Unsinnige Doppelbeschaffung von Strom vermeiden
Als Ausweg schlägt Agora Energiewende eine Erweiterung des Systems der sogenannten Standardlastprofile um ein Prosumer-Standardlastprofil vor. Standardlastprofile bestimmen bereits heute für unterschiedliche Gruppen von Stromverbrauchern – etwa Haushalte und Gewerbe – welche Strommengen in jeder Stunde des Jahres im Mittel in der jeweiligen Gruppe benötigt werden.
Auf Basis dieser synthetischen Angaben beschaffen Stromvertriebe dann Strom für ihre Kundinnen und Kunden. Das System ist seit Jahrzehnten bewährt, allerdings berücksichtigt es den Verbrauch von selbst erzeugtem Solarstrom bisher nicht – mit unerwünschten Konsequenzen: „Weil mein Stromvertrieb gar nicht weiß, dass ich eine Solaranlage betreibe, beschafft er auch dann Strom für mich, wenn ich diesen gar nicht verbrauchen kann, weil gerade die Sonne scheint“, erklärt Andreas Jahn vom Regulatory Assistance Project. „Diese unnötig beschafften Mengen müssen ausgeglichen werden – im schlimmsten Fall werden sie vernichtet. Das ist wirtschaftlich und ökologisch komplett unsinnig.“
Im Gegensatz dazu würde das Prosumer-Standardlastprofil den Eigenverbrauch von Solarstrom beinhalten. Damit könnten Betreiberinnen und Betreiber kleiner Solaranlagen dann sowohl Solarstrom vom eigenen Dach beziehen und dadurch den um ein Mehrfaches teureren Netzstrom sparen als auch bei Bedarf Netzstrom zukaufen. Unsinnige Doppelbeschaffungen würden weitgehend vermieden.
Wann sich der Smart Meter lohnt
Unvermeidbare Abweichungen zwischen dem Prosumer-Standardlastprofil und dem tatsächlichen Stromverbrauch der Prosumer, die bei den Netzbetreibern erfasst werden, können durch zwei weitere Maßnahmen klein gehalten werden. Anders als heute sollten die Netzbetreiber zum einen Anreize erhalten, die Standardlastprofile jährlich zu aktualisieren, um ein sich veränderndes Verbrauchsverhalten besser zu berücksichtigen. Zum anderen sollten die Netzbetreiber verpflichtet werden, die Differenzbilanzkreise transparent und aktiv zu bewirtschaften.
Die Studie schränkt die Prosumer-Lastprofile allerdings auf einfache Anwendungsfälle ein. „Das Prinzip kommt an seine Grenzen, wenn jemand ein Elektroauto, einen Stromspeicher oder eine Wärmepumpe mit seinem eigenen Solarstrom betreibt. Diese Anwendungsfälle sind kaum in einer generellen, statistischen Betrachtung zu fassen, deshalb kommt man hier nicht um den Einsatz eines Smart Meters herum. Dann lohnt er sich aber auch“, sagt Jahn.
Die Studie „Wie weiter nach der EEG-Förderung? Solaranlagen zwischen Eigenverbrauch und Volleinspeisung“ steht unter www.agora-energiewende.de zum kostenlosen Download bereit. Sie enthält neben Vorschlägen zum Standard-Lastprofil auch eine weitergehende Betrachtung zur Gleichstellung der Eigenerzeugung von alten und neuen Solaranlagen.