Forschung: Neues Herstellungsverfahren für Solarsilizium
In der Photovoltaik dominiert nach wie vor die kristalline Siliziumtechnik den Markt. Hierbei werden aus metallurgischem Silizium in einem energetisch aufwändigen chemischen Prozess mit hohen Abfallströmen hochreine Siliziumblöcke (Ingots) hergestellt. Diese werden in Scheiben (Wafer) von circa 180 Mikrometer (µm) zersägt, geschliffen, zu Solarzellen prozessiert, elektrisch verschaltet und zu einem Photovoltaikmodul verkapselt.
Die hochreinen Siliziumwafer machen einen hohen Kostenanteil von etwa 40 Prozent am fertigen Solarmodul aus. Bei der Herstellung der Siliziumwafer aus einem Silizium-Ingot entstehen Sägeverluste, welche in etwa der Waferdicke entsprechen, d.h. die Hälfte des Wafers wird zu Sägestaub. Aus physikalischen Gründen wäre eine Dicke von circa 20 µm (Dünnschichttechnik) ausreichend, ist aber im gängigen Herstellungsverfahren nicht produzierbar.
Neue Technologie zur Solarsilizium-Erzeugung
In dem vorangegangenen Projekt (AZ 32495/01) wurde, fachlich und finanziell gefördert von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt, die grundsätzliche Machbarkeit einer völlig neuartigen Technologie zum direkten Erzeugen von Solarsilizium auf Glassubstraten mit einer Schichtdicke von circa 20 µm untersucht und die grundsätzliche Machbarkeit bestätigt. Hierbei wurden die Glasscheiben unter einem Druck von circa zwei Bar und einer Temperatur von circa 600 Grad Celsius mit Aluminium in Kontakt gebracht. Bei der sich einstellenden Redoxreaktion von Aluminium mit Siliziumoxid wird aus der Glasschicht heraus kristallines Silizium synthetisiert. Zwischen der Siliziumschicht und dem Glas ergeben sich eine für die Prozesssicherung vorteilhafte dünne Schicht mit hoher Aluminiumkonzentration sowie eine Aluminiumoxidschicht.
Das Verfahren spare in großem Umfang Energie für die Ingot- und Waferherstellung ein, nach Abschätzung des Antragstellers rund 87 Prozent. Hinzu kommt eine Reduktion des Materialbedarfs um circa 90 Prozent. Im Gegensatz zum derzeitigen Herstellungsverfahren von Solarsilizium ‒ bei dem 19 Kilogramm Neben- und Abfallstoffe pro Kilogramm Silizium entstehen ‒ handelt es sich hier um ein völlig abfallfreies Verfahren.
In der zweiten Phase des vorangegangenen Projektes wurden Proben mit einer Fläche von circa einem Quadratzentimeter auf einfachem Floatglas hergestellt. Dass dieser neuartige Syntheseprozess unterhalb der Aluminium-Schmelztemperatur durch ein Zusammenwirken von oxidierten Grenzflächen bestimmt wird, ist dabei eine grundlegende Erkenntnis. Hierüber wurde ein internationales Patent angemeldet und bereits veröffentlicht. Die physikalisch chemischen Untersuchungen belegen sowohl die sehr gute Kristallinität der Siliziumschicht als auch deren hohe Reinheit. Nachfolgende Reinigungsverfahren erscheinen nicht notwendig. Für die bisherige Entwicklung wurden der Antragsteller zusammen mit dem Kooperationspartner für den Innovationspreis Niedersachsen 2018 im Bereich Kooperation nominiert.
Hauptziel des nun gestarteten Folgeprojektes ist die Entwicklung eines robusten Verfahrens zur reproduzierbaren Herstellung von Proben mit einer homogenen Siliziumfläche von zwei mal zwei Quadratzentimetern. Hierzu sollen die physikalisch chemischen Prozessabläufe weiter untersucht werden, um die Aluminium-Dotierung noch weiter zu reduzieren und das epitaktische Kristall-Wachstum weiter zu verbessern. Insbesondere ist die Funktionalität von Diffusionskanälen in der Aluminiumoxid-Barriere von Bedeutung sowie die Funktionalität des Oxidlayers als Epitaxieschicht. Mit den hergestellten optimierten Probenkörpern sollen erste Solarzellen am Helmholtz-Zentrum Berlin prozessiert werden, um den potentiellen Wirkungsgrad durch Vergleiche zu bestehenden kristallinen Silizium-Dünnschicht-Ansätzen nachzuweisen. Abschließend erfolgt die wirtschaftliche Bewertung im Hinblick auf eine großtechnische Herstellung.