LichtBlick: So werden Stromkunden getäuscht
Ökostromanbieter LichtBlick hat erstmals die Stromkennzeichnung aller deutschen Energieunternehmen unter die Lupe genommen und den Strommix von insgesamt 1.171 Stromanbieter untersucht. Die Daten wurden bis Mitte Februar 2019 auf den Versorger-Websites abgerufen. Das erste Ergebnis: Rund 20% kamen ihrer Pflicht nicht nach und haben keine aktuelle Stromkennzeichnung auf ihrer Internetseite veröffentlicht, 7% der aktuellen waren fehlerhaft. Zudem ist der Strommix für den Kunden häufig nicht leicht auffindbar. Dabei ist die Kennzeichnung der Stromqualität in Deutschland Pflicht – jedes Energieunternehmen muss jeweils bis zum 1. November den Unternehmensstrommix veröffentlichen. „Die Untersuchung zeigt, dass vielen Versorgern die transparente Information über den Strommix nicht sonderlich wichtig ist. Wir fordern die Bundesnetzagentur auf, eine solche vollständige Übersicht jährlich zur Verfügung zu stellen und damit eine echte Vergleichbarkeit zu gewährleisten“, fordert Gero Lücking, Geschäftsführer Energiewirtschaft bei LichtBlick.
20% der Versorger haben keine aktuelle Stromkennzeichnung
Wie bereits die Recherche 2018 unter den 50 größten Anbietern aufgezeigt hat, beschaffen die meisten Energieanbieter deutlich mehr Kohlestrom, als in der gesetzlichen Stromkennzeichnung angegeben wird. „Die vom Gesetz her vorgeschriebene Darstellung zeigt leider nicht den tatsächlichen beschafften Strom der Unternehmen“, so Gero Lücking. Grund dafür ist ein – aus Verbrauchersicht – komplizierter Mechanismus: Jeder Versorger muss in seinem individuellen Strommix den Anteil von EEG-gefördertem Ökostrom mit angeben. Dieser stieg 2017 für viele Versorger sogar erstmalig über die 50%-Marke.
Der Versorger kauft diesen Strom aber tatsächlich gar nicht für seine Kunden ein. „Dem Kunden soll vermittelt werden, welchen Anteil er durch die Zahlung der EEG-Umlage am Ausbau der Erneuerbaren hat“, sagt Lücking. „Die jetzige Regelung suggeriert aber, dass der Versorger einen hohen Anteil an Ökostrom einkauft und liefert“. Daher hat LichtBlick den jeweiligen Strommix aller deutschen Stromversorger ohne den virtuellen und rein finanziellen EEG-Anteil ausgerechnet. „Nur so wird der Strommix – also der tatsächliche Stromeinkauf des jeweiligen Anbieters – transparent.“ Die virtuelle Anrechnung des klimafreundlichen EEG-Stroms verbessert auch die CO2-Bilanz der Stromtarife – allerdings nur auf dem Papier.
Null Prozent Anteil von Ökostrom im bereinigten Unternehmensmix
Die Ergebnisse dieser Berechnung sprechen für sich: 30% der gelisteten Versorger haben in ihrem Unternehmensmix weniger als 5% Anteil an erneuerbaren Energien. Noch-RWE-Tochter Innogy weist zum Beispiel in der Unternehmens-Stromkennzeichnung einen Ökostromanteil von insgesamt 46,6% an. Tatsächlich hat der Versorger nur 2,91% Ökostrom für die Kunden beschafft. Der Anteil an fossiler und Atom-Energie beträgt hingegen offiziell nur 53%, liegt aber faktisch bei 97%. Bei weiteren, großen Anbietern ist die Situation ähnlich: EnBW hat einen Ökostromanteil von nur 7,01% (statt wie angegeben 56,2%), bei Eon sind es 8,45% (statt 55,6%), bei E wie einfach 17,6% (statt 61,2%).
Besonders dreist ist der gesetzlich verordnete Etikettenschwindel bei knapp 40 Anbietern in Deutschland: Sie weisen den EEG-Anteil in ihrem Strommix aus, haben aber gar keinen eigenen Ökostrom in ihrem Portfolio, sondern ausschließlich fossile oder Atom-Energie. Auf der anderen Seite sind mittlerweile rund 19% der gecheckten Unternehmen reine Ökostromanbieter.
LichtBlick fordert weiterhin von der Bundesregierung, sich für eine transparente und ehrliche Stromkennzeichnung einzusetzen. Künftig sollen die Versorger nur die Energiemengen ausweisen dürfen, die sie auch tatsächlich für ihre Kunden beschaffen. „Es muss auch drin sein, was draufsteht“, so Lücking.
Eine Übersicht aller Energieversorger ist unter www.lichtblick.de/strommix verfügbar.