Etikettenschwindel: Aus Kohlestrom wird Ökostrom
Am 1. November haben über 1.100 Versorger die Stromkennzeichnung für rund 15.000 Stromprodukte veröffentlicht. Aufgrund einer gesetzlichen Regelung werden die Verbraucher dabei über den tatsächlichen Stromeinkauf ihres Anbieters getäuscht.
Denn Versorger müssen auf ihrem Strom-Etikett bis zu 60 Prozent EEG-Ökostrom ausweisen – obwohl sie diesen Strom nicht für ihre Kunden einkaufen. Dieser EEG-Pflichtanteil in der Kennzeichnung steigt seit Jahren an und erreicht in diesem Jahr eine neue Rekordhöhe.
„Auf jedem Stromprodukt steht heute ein großer Anteil Ökostrom. In den meisten Fällen ist aber viel weniger oder gar kein Ökostrom drin“, bilanziert Ralph Kampwirth vom Klimaschutz-Unternehmen LichtBlick. Die Stromkennzeichnung finden Verbraucher auf den Internetseiten der Anbieter und in Rechnungen.
"Gesetzlich verordnetes Greenwashing"
LichtBlick nennt dazu ein Beispiel: Ein Versorger kauft für das Stromprodukt seiner Kunden 75 Prozent Kohlestrom und 25 Prozent Atomstrom ein. Auf dem Strom-Etikett sinkt der Kohleanteil auf 30 Prozent, der Atomanteil auf 10 Prozent. Stattdessen werden dort 60 Prozent als EEG-Ökostrom ausgewiesen.
„Das ist gesetzlich verordnetes Greenwashing. Niemand würde akzeptieren, wenn ein Fleischprodukt, das vollständig aus konventioneller Massentierhaltung stammt, als 60 % Biofleisch ausgezeichnet würde“, so Kampwirth.
Grund für die Verbrauchertäuschung ist die Kennzeichnungspflicht in den Energiegesetzen. Sie vermischt die Angaben zum tatsächlichen Stromeinkauf des Versorgers mit einem rechnerisch ermittelten Wert, wie viel EEG-Ökostrom Kunden über die Zahlung der EEG-Umlage finanzieren.
LichtBlick fordert die Einführung eines Strom-Etiketts, das den tatsächlichen Stromeinkauf der Versorger transparent darstellt.