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Warum Großbatteriespeicher großes Potenzial bergen

Niels H. Petersen
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Im Landkreis Schleswig-Flensburg entsteht ein gigantischer Strompuffer: Mit 103 Megawatt Leistung und 238 Megawattstunden Kapazität ist er einer der größten Batteriespeicher hierzulande. Die Stromversorgung wird so grüner, sicherer und billiger. Das Projekt in Bollingstedt ist nur der Auftakt zu einer Serie von mehreren Gigawatt an Batteriespeicherwerken, die das deutsch-norwegische Unternehmen Eco Stor in den kommenden Jahren in Deutschland realisieren wird.

Auf einem rund 1,2 Hektar großen Grundstück im Gewerbegebiet Gammelund werden zwei Blöcke mit jeweils rund 51,7 Megawatt Leistung und 119 Megawattstunden Speicherkapazität entstehen. Jeder Block besteht jeweils aus einem 110-Kilovolt-Umspannwerk, 16 Containerstationen für Wechselrichter und Transformatoren sowie 32 Containerstationen mit Lithiumakkus.

Netzentgelte bedrohen Projekte

Der Speicher soll zweimal täglich Überschüsse von Wind- und Solarstrom über das Hochspannungsnetz des Netzbetreibers Schleswig-Holstein Netz aufladen – und so mit dem gespeicherten Strom die Nachfragespitzen am Morgen und Abend ausgleichen. Zur Veranschaulichung: Rechnerisch werden rund 170.000 Haushalte für jeweils zwei Stunden morgens und abends mit Strom versorgt.

Gerade für die großen Projekte war es sehr wichtig, dass die Bundesregierung die Netzentgeltbefreiung bis 2029 verlängert hat. Ansonsten wären viele Planungen wie im hohen Norden in Bollingstedt vermutlich gar nicht fortgeführt worden. „Dennoch muss hier auch eine längerfristige Folgeregelung gefunden werden, die diese Netzentgeltbefreiung irgendwann ablöst“, betont Ingenieur Hans Urban, der die Firma Eco Stor berät. Bei einer vollen Befreiung werde es vielleicht dann nicht bleiben.

„Es muss auch gar nicht sein, dass alle Speicher zu allen Zeiten von allen Netzentgelten befreit sind“, weiß Urban. Es sollte nur langfristig eine sinnvolle Steuerungssystematik geben, die dafür sorgt, dass die Speicher auch immer möglichst netzentlastend betrieben werden.

Viel Potential: Bis 2030 könnten in Deutschland 57 Gigawattstunden Kapazität entstehen.

15 Gigawatt Speicherleistung bis 2030

Dann werden künftig immer mehr Großspeicher bei Solarparks entstehen. Der Energiekonzern EnBW hat sogar angekündigt, dies zu einer grundsätzlichen Regel zu machen. Die Bedeutung von Großbatteriespeichern für das Stromsystem wird künftig stark zunehmen. Analysen von Frontier Economics zeigen, dass das Volumen der Großbatteriespeicher hierzulande bis 2030 auf 15 Gigawatt beziehungsweise 57 Gigawattstunden steigt – wenn die politischen Rahmenbedingungen stimmen. Dies entspricht der 40-fachen Speicherkapazität von Großpuffern im Vergleich zu heute. Bis 2050 kann der Bestand an Großbatteriespeichern in Deutschland dann sogar bis auf 60 Gigawatt und 271 Gigawattstunden wachsen.

Der Zubau wird demnach durch eine wachsende Nachfrage nach Flexibilität im Stromsystem sowie fallende Kosten für Großbatteriespeicher getrieben. Bei der Kostendegression und Zubaurate versprechen Batteriespeicher eine ähnlich dynamische Entwicklung wie Photovoltaikanlagen in den vergangenen Jahren – mit dem Unterschied, dass Großbatteriespeicher ohne staatliche Förderung und rein marktgetrieben zugebaut und wirtschaftlich betrieben werden können. Die Studie wurde im Auftrag von unter anderem Baywa r.e., Eco Stor und Kyon Energy erstellt.

Im Landkreis Schleswig-Flensburg entsteht ein Strompuffer mit 103 Megawatt Leistung.

Batteriespeicher senken Großhandelspreis

Großbatteriespeicher können einen erheblichen volkswirtschaftlichen Mehrwert generieren. Dies geschieht durch die Verschiebung der Verfügbarkeit von Strom aus Zeiten mit Stromüberschuss in Zeiten mit einem Strommangel. Frontier Economics beziffert den Mehrwert aus Einsparungen am Großhandelsmarkt allein auf etwa zwölf Milliarden Euro bis zum Jahr 2050 – sogar ohne den zusätzlichen Nutzen für Systemdienstleistungen, die Vermarktung am Intradaymarkt oder weitere volkswirtschaftliche Folgeeffekte zu berücksichtigen.

Ein Treiber dieser Einsparungen sind die gesparten Brennstoff- und CO2-­Kosten. So helfen Großbatteriespeicher, im Jahr 2030 rund 6,2 Millionen Tonnen Kohlendioxid und 2040 rund 7,9 Millionen Tonnen zu vermeiden. Das zeigt eine Vergleichsrechnung mit einem Stromsystem, in dem in Deutschland statt Großbatteriespeichern überwiegend Gaskraftwerke eingesetzt werden.

Großbatterien sparen Gaskraftwerke ein

Die Studie zeigt zudem, dass Großbatteriespeicher eine dämpfende Wirkung auf Strompreise im Großhandel haben. Sie können den Großhandelspreis zwischen 2030 und 2050 im Schnitt um rund einen Euro pro Megawattstunde reduzieren. Wenn keine Möglichkeit besteht, stationäre Batteriespeicher durch zusätzliche Gaskraftwerke zu ersetzen, wäre im Durchschnitt von 2030 bis 2050 sogar mit einem um vier Euro pro Megawattstunde höheren Großhandelspreis zu rechnen.

Der Ausbau von großen Batteriespeichern kann außerdem wesentlich dazu beitragen, den Investitionsdruck bei Gaskraftwerken zu reduzieren. In einem Szenario ohne Speicherausbau reichen die geplanten 26 Gigawatt aus neuen Gaskraftwerken bis 2030 nicht aus und es müssen weitere neun Gigawatt gebaut und betrieben werden. Die Modellierung der Studie zeigt, dass Großspeicher den Zubau von Gaskraftwerken zwar nicht vollständig ersetzen können, aber wesentlich dazu beitragen, den Investitionsdruck bei neuen Gaskraftwerken bis 2030 zu reduzieren.

Hemmnisse abbauen

„Großbatteriespeicher werden aktuell ohne staatliche Förderung gebaut und können den Bedarf am Aufbau oder den erforderlichen Brennstoffeinsatz in neuen wasserstofffähigen Gaskraftwerken reduzieren“, erklärt Studienautor Christoph Gatzen von Frontier Economics. Es sei absehbar, dass die Stromnachfrage und auch die Spitzenlast in Deutschland deutlich ansteigen werden. Daher brauche es neue Großbatteriespeicher und Kraftwerke in Ergänzung zum Ökoenergieausbau. Es gelte, bürokratische Hemmnisse und regulatorische Barrieren beispielsweise bei den Genehmigungsverfahren abzubauen.

Baukostenzuschuss weiter Damoklesschwert

Denn nach wie vor besteht die Situation, dass die mögliche Erhebung von Baukostenzuschüssen momentan in verschiedenen Regionen die Weiterentwicklung von Speicherprojekten entweder behindern oder sogar verhindern kann. Es gibt zwar ein Urteil vom Oberlandesgericht Düsseldorf, dass die Erhebung dieser Baukostenzuschüsse sogar als generell nicht rechtmäßig anzusehen ist. „Gegen dieses Urteil wurde aber Beschwerde eingelegt und es ist somit derzeit nicht abzuschätzen, ob dieses Urteil Bestand hat oder vonseiten der Netzbetreiber angefochten werden kann“, erklärt Berater Urban.

Aus diesem Grunde bleibt für alle Projekte nun wieder die Rechtsunsicherheit, dass im Nachhinein Baukostenzuschüsse doch wieder erhoben werden könnten, die die Wirtschaftlichkeit der Projekte stark einschränken oder gar zunichtemachen würden. An dieser Stelle wäre eine generelle und vor allem rechtssichere Klarstellung ganz dringend nötig. Dabei ist laut Urban insbesondere für einen mehr oder weniger flächendeckenden Speicherausbau auch wichtig, dass die Baukostenzuschüsse, sofern sie denn in Zukunft doch wieder erhoben werden, nicht nur in einer vernünftigen, moderaten Größenordnung bleiben, sondern dass sie dann auch regional gleich verteilt sind.

Gewerbesteuersplitting für Speicher ermöglichen

Damit eine Standortgemeinde wie in Bollingstedt auch selbst vom Projekt finanziell profitieren kann, muss das Gewerbesteuersplitting geändert werden. Zusammen mit dem kürzlich beschlossenen Solarpaket wurde nun ein Entschließungsantrag verabschiedet, der unter Punkt 16 einen Absatz zum Gewerbesteuersplitting für Speicher enthält. Dieser Absatz sei nach allgemeinem Verständnis wohl auch so zu interpretieren, dass das für Windenergieanlagen und Solaranlagen schon geltende Verfahren auch für Speicher angewendet werden soll, meint Urban. Mit dieser Regelung wäre den Standortgemeinden eine angemessene Beteiligung am Steueraufkommen möglich, was wiederum für die Akzeptanz neuer Projekte ganz dringend notwendig ist.

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