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Warum die Stromspeicher-Inspektion der HTW Berlin so wichtig ist

Dittmar Koop
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Kaum einer hätte am Ende des vergangenen Jahres wohl je für möglich gehalten, dass es neben einer noch lange nicht ausgestandenen Corona-Pandemie zusätzlich eine Katastrophe geben würde, mit dem vom Zaun gebrochenen Überfall Putins auf die Ukraine und dem damit verbundenen unendlichen Leid.

Der Krieg in der Ukraine beschleunigt aber auch Transformationsprozesse und das im Zeitraffer, für die es sonst vermutlich noch Jahrzehnte gebraucht oder die es nie gegeben hätte. Auf einmal ist alles möglich: Aus Nord-Stream 2 wird jetzt nichts mehr und die Abnabelung von fossilen Brennstoffen wird forciert, gleichzeitig die Umstellung der Energieversorgung auf erneuerbare Energien. Das findet im Großen statt auf nationaler und EU-Ebene und im Kleinen, z. B. auf der Ebene Eigenheimbewohner. Der Krieg in der Ukraine wird das Autarkie-Denken hierzulande beschleunigen und ggf. auch die Gebäudeplanung, und das nachhaltig.

Die Stromspeicher-Inspektion der HTW ist in die fünfte Runde gegangen. Seit 2018 erscheint sie jährlich und sie gibt über die Jahre mittlerweile auch einen guten Überblick, wie sich die Technik und der Markt von damals bis heute weiterentwickelt hat.

Speichermarkt zieht stark an

Die sich schon seit längerem zuspitzende Energiekrise hat bspw. den Markt der Solarstromspeicher boomen lassen. Im vergangenen Jahr wurden laut Bundesverband Solarwirtschaft (BSW) mehr als 140.000 neue Heimspeicher installiert – ein Zuwachs um rund 60 Prozent, verglichen zum Vorjahr. Der geschätzte Bestand an Solarstromspeichern erhöhte sich damit laut BSW auf über 400.000 Anlagen. Der Verband registriert derzeit ein weiteres Anziehen der Nachfrage nach Solartechnik und Solarspeichern unter Eigenheimbesitzer.

Der Bundesverband Energiespeicher-Systeme (BVES) kommt in seiner Übersicht zu den Branchenzahlen 2021/2022 u.a. zu dem Resümee, dass fast 86 Prozent der vom BVES befragten Branchenvertreter die Marktaussichten für 2022 als „sehr positiv“ oder „eher positiv“ einschätzen – nahezu gleich verteilt auf die drei Marktsegmente Haushalt, Industrie/Gewerbe sowie Systeminfrastruktur.

Die positiven Aussichten sind laut BVES jedoch deutlich abhängig und begrenzt durch die bestehenden Lieferkettenprobleme sowie steigende Rohstoff- und Produktionspreise. Auch hier wird man abwarten müssen, wie sich der Krieg in der Ukraine auf den Speichersektor auswirkt, möglicherweise in Form von Lieferengpässen und Wartezeiten.

Die effizientesten Solarstromspeicher, die als Testsieger aus der Stromspeicher-Inspektion 2022 hervorgehen.

Run auf die Autarkie

Beflügelt wird die Solartechnik- und PV-Speicher-Nachfrage auch durch die starke Verbreitung von E-Autos und Wärmepumpen. Zu beobachten ist auch, dass die betriebswirtschaftliche Betrachtung eines PV-Systems, das mit einem Solarstromspeicher kombiniert wird, als entscheidendes Argument für oder gegen den Kauf an Kraft bzw. zumindest im Eigenheimsektor an Gewicht verliert. Stattdessen gewinnt die Aussicht auf Autarkie an Wert, sich von den Unsicherheiten der Energiepreis-Entwicklungen und der Verfügbarkeit von Energie abnabeln zu können.

Rangliste und Effizienzklassen der 19 mit dem System Performance Index (SPI) bewerteten Stromspeichersysteme in der aktuellen Speicher-Inspektion 5.0 der HTW Berlin.

Effizienz der Stromspeicher: Vorsicht Falle

Doch der interessierte Kunde trifft am Batterie-Markt nach wie vor auf einen Dschungel an Hersteller Angaben und ggf. auch Nichtangaben. Mit Hilfe von Solarakkus kann man verallgemeinert gesagt den Eigenstromanteil im Haus auf mehr als 60 oder 70 Prozent verdoppeln. Auch durch spezielle Kniffe kann der Hauseigentümer einiges tun, um mehr Solarstrom selbst zu nutzen: Zum Beispiel durch Zeitschaltuhren, die den Geschirrspüler oder die Waschmaschine starten, wenn die Solarerträge am höchsten sind.

Aber die Solarbatterie ist zugleich selbst auch ein elektrischer Verbraucher – z. B. gibt es den Standby und viel bedeutsamer: den Leistungsbedarf. Außerdem benötigt auch der Wechselrichter Strom und wie hoch oder gering sind dort die Umwandlungsverluste? Am Ende gibt das System dann in der Praxis möglicherweise doch gar nicht so viel her, wie in den Datenblättern versprochen wird. Die tatsächliche Effizienz eines Systems ist aber entscheidend dafür, ob es sich überhaupt lohnt, es zu kaufen.

Stromspeicher-Inspektion der HTW

Wie also bei der Vielzahl der mittlerweile an Herstellern und verfügbaren Geräte und Kombinationen einen Überblick bekommen bzw. die Qualitäten einschätzen können? Zwar haben BSW und BVES gemeinsam vor Jahren bereits einen Effizienzleitfaden für PV-Speichersysteme herausgebracht, um eine bessere Vergleichbarkeit der Systeme zu fördern, und dieser ist auch eine der Grundlagen der Stromspeicher-Inspektion der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin (HTW Berlin), die nun bereits das fünfte Jahr in Folge in diesem Jahr erschien.

Das Team um den renommierten Erneuerbare-Energien-Professor Volker Quaschning setzt sich jedes Jahr zum Ziel, möglichst viele Solarstromspeicher-/Wechselrichterkombinationen zu untersuchen, sie objektiv zu vergleichen und am Ende ein Ranking aufzustellen.

Da die Hersteller umfangreiches Datenmaterial zur Verfügung stellen müssen, die Teilnahme freiwillig ist und mancher vielleicht auch den Vergleich scheut, bewegt sich das getestete Teilnehmerfeld in den letzten Jahren bei um die 20 Speicher/Wechselrichterkombinationen. In der nun aktuellen Ausgabe 5.0 sind es 21 Systeme.

Kritiker mögen monieren, dass damit geschätzt deutlich weniger als die Hälfte der Anbieter vertreten sind, die es aktuell am Markt gibt. Doch diesen mag entgegnet sein, dass hier Marktführer teilnehmen, in dieser Ausgabe u. a. BYD und Sonnen, teilweise wechselnd auch, wie zuvor z. B. E3/DC, die einen Großteil des Speichermarkts auf sich vereinen und damit aber, trotz möglicher Zu- und Wegwechsel, über die Jahre ein ganz gutes Bild bzgl. der Qualität und der Speicherentwicklung am Markt zeichnen.

Referenzfälle für die simulationsbasierte Bewertung der PV-Speichersysteme mit dem SPI.

Aktuell bester Vergleichsleitfaden

Auch hält es manchen möglicherweise davon ab daran teilzunehmen, weil das zugrunde liegende Prüfverfahren der Stromspeicher Inspektion nur die HTW Berlin selbst anbietet und damit nicht überprüft werden kann, ob ein anderes Labor bei denselben Vorgaben ggf. zu anderen Ergebnissen kommen würde.

Drei Gründe sprechen trotzdem pro Studie. Der erste ist in der Realität oft tatsächlich gar nicht profan: Die HTW wird in diesen Untersuchungen nicht von Sponsoren finanziert. Der zweite ist, dass sich die HTW in ihren Prüfverfahren vom Effizienzleitfaden leiten lässt – aber diesen durch eigene Prüfparameter weiterentwickelt. Der dritte ist, dass es am Markt derzeit auf dem Weg zu einer möglichen Norm nichts Vergleichbares gibt. Das macht die Inspektion überhaupt nicht zur Krücke – ganz im Gegenteil. Mit ihr hält man derzeit den besten Vergleichsleitfaden für Solarstromspeicher in der Hand.

 

SPI (10 kW) und Effizienzklassen der untersuchten PV-Speichersysteme in der aktuellen Speicher-Inspektion 5.0 der HTW Berlin.

Zur Stromspeicher-Inspektion 5.0 der HTW Berlin geht es hier. Eine Zusammenfassung der Inspektions-Ergebnisse 5.0 gibt es auf haustec.de hier 

Der System Performance Index (SPI)

Zu den HTW-Eigenentwicklungen zählt auch der System Performance Index (SPI). Eine Kennzahl, die zur Bewertung und zum Vergleich der Energieeffizienz von PV-Speichersystemen dient, indem das Betriebsverhalten einer Anlage über den Zeitraum von einem Jahr simuliert wird. Der SPI wird für zwei Referenzklassen ermittelt: Referenzfall 1 für den SPI ist eine PV-Anlage mit 5 kWp Leistung und ein Haushalt, der 5010 kWh Strom pro Jahr verbraucht. Referenzfall 2 für den SPI ist eine doppelt so große PV-Anlage, 10 kWp, dazu ein Haushalt, der 5010 kWh Strom im Jahr verbraucht, aber zudem auch noch eine Wärmepumpe betreibt (+ 2664 kWh/a) und ein Elektroauto fährt (+ 1690 kWh/a). Wie der SPI konkret berechnet wird und welche Größen darin einfließen, ist in der ersten HTW-Speicher Inspektion 2018 beschrieben. Diese, wie alle bis heute folgenden auch, gibt es zum Download.

 

 

Dittmar Koop ist Journalist für erneuerbare Energien und Energieeffizienz.

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