Wie industrielle und handwerkliche Vorfertigung den Bauablauf optimieren
Unkomplizierte Montage, schnellere Arbeitsabläufe und durch optimierte Kostenstrukturen höhere Wirtschaftlichkeit: Die Vorteile der handwerklichen und industriellen Vorfertigung sind mannigfaltig. Dazu bietet die Fertigung in der Werkstatt oder im Werk eine hohe Präzision und Verarbeitungsqualität. Gleichwohl ermöglicht sie es, den aktuellen hohen Auftragsbestand, ausgelöst durch Bauboom und Facharbeitermangel in der SHK-Branche, etwas abzufedern.
In der Sanierung/Modernisierung und im Neubau von großen Wohngebäuden sind der exakt durchgetaktete Bauablauf und ein möglichst hoher Grad an Vorfertigung wichtige Bausteine für eine reibungslose und fristgerechte Baumaßnahme. Grundsätzlich gilt: Wichtig ist die Anzahl der baugleichen Sanitärräume. Je mehr, umso wirtschaftlicher wird die industrielle Vorfertigung, auch im Neubau. Schon ab fünf bis sechs identischen Grundrissen lohnt sich dieses Konzept.
Was heißt eigentlich Vorfertigung?
Der Begriff kommt ursprünglich aus dem Bauwesen. Dort wird Vorfertigung als fabrik- oder serienmäßige Produktion von Bauteilen definiert, die auf der Baustelle wie ein Mosaik zusammengeführt werden. Beispiele dafür sind Betonfertigteile für Decken und Wände; geschalt wird meistens nur noch bei speziellen Projekten. Auch Fertighäuser bestehen aus verschiedenen im Werk vorgefertigten Bauteilen, die später vor Ort zu einem Gesamtbauwerk zusammengefügt werden. Ein Beispiel aus der Sanitärtechnik sind Bäder, die komplett vorgefertigt, also mit Leitungen, Keramikteilen und mit Oberflächen versehen, mit einem Kran ins Gebäude gehievt werden. Anschließend muss nur noch der Übergang an das Leitungssystem des Gebäudes hergestellt werden.
Vorfertigung in der wasserführenden Gebäudetechnik
Diese Bauweise ist keine neue Erfindung. Ganz im Gegenteil: Die Premiere der industriellen Vorfertigung reicht in die Zeiten vor dem Fall der Mauer zurück. Die in den neuen Bundesländern weit verbreiteten sogenannten Wohnblocks in Plattenbauweise wurden in großer Zahl mit vorgefertigten Installationsregistern saniert. Diese Technik hat sich bewährt und war Basis für alle folgenden Entwicklungsschritte der industriellen Vorfertigung mit Installationssystemen.
Mehrere Hersteller boten damals eine Lösung an, darunter die Firma Pretec, Vorläufer der Geberit Lichtenstein GmbH (Sachsen). Die Grundkonstruktion bestand aus einer stabilen, selbsttragenden und maßgenau angefertigten Rahmenkonstruktion in Trockenbauweise. Im einbaufertigen, raumhohen Trockenbauelement war die komplette Gebäudetechnik integriert. So wurden die Register je nach Anforderungsprofil mit Ver- und Entsorgungsleitungen, Armaturen und Unterputzspülkasten bestückt. Als Option konnten Heizungsverteiler und Revisionsöffnungen integriert werden. Der Bauablauf war standardisiert:
- entkernen,
- Register – von unten nach oben – einbringen und befestigen,
- Rohrleitungen verbinden,
- Kalt- und Warmwasserverteilung anschließen,
- Brandschutzmaßnahmen durchführen,
- Schacht verschließen und verkleiden.
Der Trockenbau setzt sich immer mehr durch
Eine neue Ära im Trockenbau beginnt 1993: GIS, das Geberit-Installationssystem, kommt auf den Markt und revolutioniert die Sanitärwelt. Das erste komplette Trockenbau-Montagesystem mit einer stabilen, geprüften Grundkonstruktion für die individuelle Badgestaltung und der dazugehörenden Planungssoftware. Das Grundgerüst besteht aus einem Profil, das untereinander mit handverschließbaren Profilverbindern zusammengefügt und punktuell am Bauwerk, unter anderem auch an Holzbalken (zum Beispiel in der Dachschräge), befestigt wird. Zum Systemumfang gehören die Verbinder für das Tragsystem, Quertraversen und Montageelemente für alle sanitären Einrichtungsgegenstände (WC, Waschtisch etc.). Zusammen mit der einlagigen Systembeplankung (18 mm Stärke) entsteht eine stabile Wandkonstruktion. Die Rohrleitungen verschwinden körperschallentkoppelt in der Konstruktion.
Ein weiterer Vorteil dieser Technik: Die Gewährleistung ist eindeutig durch den Hersteller definiert. Das System gibt dem Installateur alle Möglichkeiten zur freien Gestaltung von Sanitärräumen mit teilhohen oder raumhohen Vorwandinstallationen, Raumteilern oder frei stehenden Insellösungen und Installationen in der Dachschräge. Zum Systemumfang gehören geprüfte Brandschutzlösungen für die komplette Bauart; der Schallschutz ist verbrieft. Basierend auf diesem Trockenbau-Installationssystem hat der Hersteller vorgefertigte Bauteilgruppen in verschiedenen Ausprägungen für SHK-Handwerksbetriebe oder Ausschreibungen entwickelt.
Installationswände mit handwerklicher Vorfertigung
Mit handwerklich vorgefertigten Installationswänden kann der ausführende SHK-Betrieb den Baustellenprozess beschleunigen und die Wirtschaftlichkeit deutlich erhöhen. Ein typisches Beispiel für deren Einsatz: ein Wohngebäude mit vier Wohnungen. Alle Badezimmer und Gäste-WCs haben identische Grundrisse. In diesem Fall macht handwerkliche Vorfertigung durchaus Sinn. Je nach Größe und Ausstattung kann die Vorfertigung des Installationssystems in verschiedenen Ausbaustufen – komplett mit Tragsystem, Verrohrung und Montageelementen oder in anderen Ausprägungen – in der Werkstatt oder an einem zentralen Ort auf der Baustelle erfolgen. Kleine Abweichungen auf der Baustelle können immer noch durch anpassungsfähige Befestigungstechnik ausgeglichen werden. Es stehen sogar spezielle Zubehörteile für diese Technik zur Verfügung.
Für die handwerkliche Vorfertigung sprechen ein kontinuierlicher Bauablauf, sprich unkomplizierte und schnelle Montage, weniger Verschnitt auf der Baustelle, weniger Lärm und Schmutz insbesondere bei bewohnter Sanierung und ein effektiver Personaleinsatz. Zeitintensive „Versorgungsfahrten“ auf die Baustelle entfallen. In Summe ermöglicht die handwerkliche Vorfertigung von Sanitärwänden auch kleineren Betrieben die Möglichkeit, sich an größeren Projekten zu beteiligen.
Industrielle Vorfertigung – Ausschubmodule
Die Ausschubmodule von Geberit eignen sich für die schnelle und einfache Erstellung von raumhohen Installationsvorwänden und -trennwänden im Objektgeschäft. Sie sind in zwei Bauhöhen erhältlich für eine Raumhöhe von 260 bis 280 cm und eine Raumhöhe von 280 bis 300 cm. Sie ermöglichen einen Fußbodenaufbau bis zu 30 cm. Das Sortiment umfasst die wesentlichen Ausschubmodule für das Wand-WC mit und ohne Befestigungsmöglichkeiten für die Raumentlüftung, für Waschtische sowie Badewanne oder Dusche. Für barrierefreie Anforderungen sind Ausschubmodule mit verschiedenen Montageplatten für Stütz- und Haltegriffe vorgerüstet.
Schnelle und einfache Installation: Die Ausschubmodule sind selbsttragende, raumhohe Montagerahmen zum passgenauen Einbau in Trockenbauwände mit UW-50-Profil. Eine Aussteifung und Anbindung zur rückwärtigen Wand sind nicht erforderlich, was sich positiv auf den Schallschutz auswirkt. Bei der Montage werden die Ausschubmodule in das Bodenprofil des Trockenbauers eingesetzt, die ausfahrbaren Deckenbefestigungen an das Deckenprofil eingeschoben und mit dem Baukörper verschraubt. Somit trägt diese Technik nicht nur zu einer einfachen Montage, sondern auch zu einem schnellen Baufortschritt bei. Zudem bietet sie genügend Flexibilität, um Anpassungen an die Bausituation in der Höhe und Anordnung der Sanitärausstattungsgegenstände vor Ort vorzunehmen. Ein großes Plus ist die kurze Lieferzeit von nur fünf bis zehn Werktagen. Nach der Montage in der Trockenbauwand werden die Ausschubmodule an die Verrohrung angeschlossen.
System inklusive aller Montageelemente – ohne Verrohrung
Diese Ausbaustufe ist eine Option, wenn der SHK-Betrieb in der Installationstechnik auf vorgefertigte Lösungen eines Herstellers setzt, die Verrohrung aber auf der Baustelle vornehmen will. Das Tragsystem wird gemäß der exakten Planung der Außendienstmitarbeiter und der anschließenden Fertigungsfreigabe durch den Installateur just in time auf die Baustelle geliefert. Das Aufmaß durch einen Techniker gehört zum Leistungsumfang des Herstellers.
System inklusive aller Montageelemente – Teilverrohrung
Je nach Kundenwunsch oder Ausschreibung kommen die vorgefertigten Installationswände auf die Baustelle. Bei der Ausstattung von Rohrleitungen gibt es viele Möglichkeiten; beispielsweise mit allen Versorgungsleitungen, aber ohne Abwasserleitungen und umgekehrt. Oder nur die stockwerksübergreifenden Leitungen ohne Anschlussleitungen und umgekehrt. Vorgefertigt wird die spezifizierte Lösung. Das Aufmaß durch Techniker ist auch hier im Service inbegriffen.
Komplett industriell vorgefertigtes Tragsystem
Die Lösung für größere Bauprojekte wie zum Beispiel Geschosswohnungsbau, Krankenhäuser, Hochhäuser und Hotels. Also dort, wo Einzellösungen nicht mehr wirtschaftlich sind, spielen komplett vorgefertigte Installationswände ihre Vorteile aus. Geringe Kapitalbindung, kurze Bauzeiten und zertifizierte Systemqualität geben dem Installateur Sicherheit und machen den Erfolg planbar. Alle gesetzlichen Vorgaben, Normen und Regeln der Technik werden erfüllt. Das Aufmaß durch Techniker des Herstellers gehört ebenfalls zum Leistungsumfang.
Lösungen für den vorbeugenden Brandschutz
Bei allen Vorfertigungsvarianten stehen zwei Möglichkeiten gemäß Muster-Leitungsanlagen-Richtlinie (MLAR) für den vorbeugenden Brandschutz zur Verfügung:
- Möglichkeit a): klassifizierte Rohrabschottungen R 30 bis R 90 (gemäß abP/abZ).
Möglichkeit a) gibt es mit folgenden Ergänzungen: mit bauseitiger Montage der Rohrschotts (AW), der Deckenschotts (Lüftung) und des Deckenverschluss-Systems (inklusive Deckenverguss). Streckenisolierungen (TW und HZ) können vormontiert werden. - Möglichkeit b): Installationsschächte I 30 und I 90 (gemäß aBG Geberit Quattro) und Installationswände F 30 und F 90 (gemäß abP Geberit Quattro).
Möglichkeit b) gibt es mit folgenden Ergänzungen: Bei F 30-/F 90-Wänden: bauseitige Mineralwollausstopfung und Einbringung der Dämmmatten. Bei I 30-/I 90-Installationsschächten: Mineralwollrohrschalen (alle Steigleitungen), Schachtschotts Typ Quattro können vormontiert werden, Deckenverschluss-System inklusive Deckenverguss bauseits.
Installationssystem als komplett geprüfte Brandschutzlösung
Möglichkeit b) entspricht Quattro, einem variablen Schacht- und Vorwandsystem. Mit der Zusammenführung von Sanitär-, Heizungs-, Abwasser-, Elektro- und Lüftungsleitungen, Tragsystem und der Systembeplankung erfüllt Geberit Quattro grundlegende Forderungen heutiger Bauaufgaben. Diese sind die Erfüllung der bauordnungsrechtlichen Grundanforderungen an den Brandschutz, den Schallschutz, den Feuchtigkeitsschutz und die Statik. Das ist durch Prüfung und Zulassung belegt (Anwendbarkeitsnachweise – zwei abPs für feuerwiderstandsfähige Installationswände F 30 und F 90, zwei aBGs für feuerwiderstandsfähige Installationsschächte I 30 und I 90 und eine abZ für die einsetzbaren Bauprodukte).
Zudem sorgt diese Systemlösung besonders für eine Vereinfachung und Beschleunigung des Bauablaufes – durch die in Anwendbarkeitsnachweisen verankerte/abgesicherte industrielle Vorfertigung und die daraus resultierende Ü-Kennzeichnung. Mit der Ü-Kennzeichnung der vorgefertigten Quattro Installationsschächte gibt der Hersteller seine Übereinstimmungserklärung ab.
Diese bestätigt, dass das von ihm hergestellte Bauprodukt für die Anwendung eines feuerwiderstandsfähigen industriell vorgefertigten Installationsschachtes geeignet ist, einer werkseigenen Produktionskontrolle unterliegt, alle maßgebenden technischen Regeln eingehalten werden und es insbesondere der allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung entspricht.
Auch dadurch erhält der Installateur deutlich mehr Sicherheit. Der durchgängige Brand- und Schallschutz macht das System für alle Bauaufgaben anwendbar. Planungs- und Ausführungssicherheit ergeben sich durch den Einsatz geprüfter Systeme im Wohnungsbau und Gebäuden mit besonderer Art und Nutzung.
aBG statt abZ: Anforderungen des Bauordnungsrechts erfüllen
Das Deutsche Institut für Bautechnik (DIBt) hat im Jahr 2015 die Anforderungen an Anwendbarkeitsnachweise für feuerwiderstandsfähige Installationsschächte deutlich erhöht. So wurden damals allgemeine bauaufsichtliche Zulassungen (abZ) anstelle der bisher gültigen allgemeinen bauaufsichtlichen Prüfzeugnisse (abP) gefordert. Durch die Novellierung des Bauordnungsrechts wurde ein weiterer Schritt vollzogen, sodass aus den bisherigen abZ für die feuerwiderstandsfähigen Installationsschächte mit der Verlängerung der Geltungsdauer bis Juni 2024 allgemeine Bauartgenehmigungen (aBG) wurden.
Die beiden neuen aBGs für Geberit Quattro ermöglichen dem Installateur beispielsweise die Erfüllung aller bauordnungsrechtlichen Anforderungen – auch bei der Verwendung vorgefertigter Installationsschächte. Die Verwendung von Lüftungsleitungen nach DIN 18 017-3, die Verwendung von Kabeln (Einzelkabel sowie Kabelbündel) und beim Einsatz im Bereich von Holzbalkendecken und allen anderen Arten von Sonderdecken sind möglich. Der Vorteil: Der Hersteller besitzt die Zulassungen im System, sodass keine klassifizierten Rohr- und Kabelabschottungen benötigt werden.
Fazit
Was einmal quasi als schnelle „Notlösung“ entwickelt wurde, ist heute aus der Welt der Sanitärtechnik nicht mehr wegzudenken. Schritt für Schritt wurde die Vorfertigung weiterentwickelt. Sie vereint viele Vorteile und ist unter allen Gesichtspunkten eine gute Option, wenn Installationswände und -schächte baugleich in größerer Stückzahl angefertigt werden sollen. Je nach Anforderung oder Ausschreibung kann unter mehreren Varianten für vorgefertigte Installationssysteme im Trockenbau ausgewählt werden. Ob im Neubau oder in der Modernisierung von Wohnblocks, speziell im bewohnten Zustand: Hier führt kein Weg an der industriellen Vorfertigung vorbei.
Dieser Beitrag von Mario Eschrich ist zuerst erschienen in SBZ 13/2021. Mario Eschrich ist Produktmanager für Sanitärsysteme und Brandschutzfachmann der Geberit Vertriebs GmbH in Pfullendorf.