Praxisbericht: Was bringt die Bad-Vorfertigung in der Werkstatt?
Für die in Deutschland installierten Bäder ist beim Handwerk erhebliches Marktpotenzial entstanden. Nach Erhebungen des Verbandes der Sanitärwirtschaft VDS sind beispielsweise knapp 18 Millionen Bäder noch nie renoviert worden. Ihr Durchschnittsalter beträgt fast 20 Jahre.
Hinzu kommt der Renovierungsboom aufgrund der demografischen Entwicklung. Etwa 6 Millionen Bäder sind nicht barrierefrei, im Alter also nicht uneingeschränkt nutzbar. Selbst wenn nur 11% der Betroffenen tatsächlich renovieren wollen, sind das immer noch etwa 1,8 Millionen (neue) Bäder.
„Dieses Marktpotenzial wird aber zu erheblichen Teilen am SHK-Handwerk vorbeigehen, weil es kapazitätsmäßig darauf gar nicht reagieren kann“, zeigt sich Ulrich Bergmann überzeugt. Einen Lösungsweg sieht der Handwerksmeister aus Mosbach in der weitgehenden Vorfertigung von Bädern in der Werkstatt.
Bergmann: „Dafür habe ich präzise analysiert, welche Arbeiten und Prozesse im Sinne eines optimalen Ablaufs verbessert werden können. Als Ergebnis nehmen wir mit der Vorfertigung einen `kleinen BIM-Prozess´ vorweg, also das konsequente Arbeiten am digitalen Modell.“
Das digitale Modell
Basis dafür sind die entsprechende Viega-Planungssoftware und das Steptec-Vorwandsystem des Herstellers – sowie eine absolut präzise Vermessung des zu sanierenden Bades im Bestand: „Beim Profiling-Aufmaß (Erstellung eines Gesamtbildes) geht es zentimetergenau nicht nur um die Räume, um Türen und Fenster oder vorhandene Anschlüsse, sondern natürlich auch um die Zuwegung in das künftige Traumbad. Denn danach richtet sich letztlich, wie groß die vorgefertigten Module für eine problemlose Einbringung überhaupt sein dürfen.“
Nach der Abstimmung mit dem Kunden über seine Vorstellungen vom neuen Bad und der Gestaltungsplanung kann mit den Daten sofort die detaillierte CAD-Planung starten. Am 3D-Modell werden dabei schon mögliche Schnittstellen definiert, bevor der Datenstamm zur passgenauen Vorfertigung der Vorwand-Elemente an CAD-gesteuerte Maschinen übergeben wird. Das verhindert Fehl- und Überplanungen, ist also sehr wirtschaftlich. Ulrich Bergmann: „Außerdem ist so die Ausführungsqualität besser als wenn, wie bei vielen Sanierungsprojekten, erst mit dem Baufortschritt geplant wird.“
Vor allem, weil nicht nur die Vorwandkonstruktion inklusive Verrohrung und Anschlüssen vorgefertigt wird, sondern auch die dazu passenden Trägerplatten und sogar großformatige Fliesen. Damit passt, wie aus einem dafür entwickelten Baukasten, später auf der Baustelle alles zentimetergenau zusammen, bis hin zu den Aussparungen für Leuchten und Spiegel oder den Bohrungen für Armaturen.
Dass die detailliertere Vorplanung dabei auch wirtschaftliche Vorteile hat, versteht sich fast von selbst: Durch das akribische Aufmaß, die der Detailplanung folgende Mengenermittlung und letztlich die Vorfertigung in der Werkstatt werden vor allem zeitraubende Beschaffungsfahrten während des Bauablaufs vermieden. Auch zeitraubende Unterbrechungen mit Verzögerung des Baufortschritts, weil einzelne Komponenten fehlen, gibt es deutlich seltener.
Das Ergebnis sind in jedem Fall weitgehend fertiggestellte Vorwandmodule, die „nur noch“ auf die Baustelle gebracht und für die Feininstallation aufgestellt und mit den ebenfalls vorgefertigten MuroLive!-Platten beplankt werden müssen.
So profitiert der Kunde davon
Ulrich Bergmann sieht die Vorteile einer solchen Arbeitsweise aber nicht nur beim Handwerk: „Der Endkunde profitiert genauso, weil wir ihm vor allem eines nehmen – die Angst vor den baulichen, zeitlichen und letztlich auch finanziellen Unwägbarkeiten, die sonst jede Badsanierung mit sich bringt. Die akkurate Bestandsaufnahme zu Anfang, die abgestimmte Bedarfsplanung in der Folge und letztlich die computergestützt entwickelten Module geben dem Endkunden ein deutliches Plus an Ausführungssicherheit auf einem gleichmäßig hohen Qualitätsniveau.“
Wie sehr diese Vorteile im Beratungsgespräch überzeugen, bestätigte sich für Ulrich Bergmann beim Sanierungsprojekt der Familie Diemer, ebenfalls aus Mosbach. „Ursprünglich“, so Bergmann, „sollten wir die Badsanierung gar nicht machen, sondern nur die Planung dafür. Es war also unsere Expertise gefragt, im Dachgeschoss eines Hauses aus den 30er Jahren ein 16 m² Traumbad zu bauen.“
Als die CAD-Planungen auf dem Tisch lagen und fast zwangsläufig auch über die Modul-Bauweise mit Steptec in der Vorfertigung diskutiert wurde, war das Interesse der Endkunden aber schnell geweckt: „Neben der Zeitersparnis in der Umsetzung war es vor allem die Genauigkeit des Arbeitens, die speziell die Bauherrin überzeugte. Und zwar bis zur Auswahl und digitalen Darstellung der finalen Ausstattungsgegenstände, die dem neuen Bad später einmal seinen besonderen Ausdruck geben.“
Der willkommene Nebeneffekt ist in diesem Zusammenhang, dass sich der planende Bäderbauer vor Ort auf diese Weise dem Vergleich und damit dem Preisdruck entzieht, den konkurrierende Internet-Anbieter aufbauen. "Bei uns sieht der Endkunde von Anfang an das Gesamtpaket der Leistung, kann so den tatsächlichen Anteil vermeintlich deutlich günstigerer Online-Ausstattungskomponenten einstufen und weiß damit am Ende deutlich besser die Gesamtleistung zu würdigen, die wir ihm bieten“, so Bergmann.
Dieses Argument wird immer wichtiger, da „speziell die Generation 30+ von Anfang an sehr preisorientiert und preisinformiert in ein Gespräch geht. Wir müssen also unsere Planung allein deswegen schon weitgehend digitalisieren, um auch diesen Anspruch so frühzeitig wie möglich bedienen zu können“, so Bergmann.
Schließlich stehen hinter einem 30.000-Euro-Bad grob kalkuliert etwa 30 Stunden Planungsaufwand: „Da spielt es bei einer Erfolgsquote von etwa 4:1 schon eine entscheidende Rolle, wie präzise man von Anfang an die Bedürfnisse der Kunden trifft und wie überzeugend die Pläne sind, die wir für die endgültige Kaufentscheidung vorlegen können.“
Vorfertigung steigert Attraktivität für Azubis
In der digital-gestützten Vorfertigung in der Werkstatt sieht Bergmann aber nicht nur grundlegende Marktchancen für die Unternehmen der SHK-Branche, die zweifelsfrei bestehende Nachfrage nach Badsanierungen qualifiziert zu bedienen.
Mindestens genauso interessant ist für ihn die Möglichkeit, über diese Arbeitsweise dem Nachwuchsmangel zu begegnen: „Unabhängig von ihrer schulischen Ausbildung sind junge Menschen heute computer-affin und arbeiten lieber in der Werkstatt oder am Schreibtisch als auf einer zugigen Baustelle. Beides, das Computerinteresse wie eine komfortablere Arbeitsumgebung, bedienen wir mit dem Ansatz der Vorfertigung.“
Der planerische Ansatz am PC, die enge Abstimmung mit den Kunden, die technische Umsetzung inklusive Ansteuerung der Maschinen und letztlich die dann doch wieder konkrete handwerkliche Umsetzung auf der Baustelle mit einem im wahrsten Sinne des Wortes fassbaren Arbeitsergebnis – das ist für Ulrich Bergmann ein Ablauf, der künftig auch für handwerklich nicht unbedingt so konditionierte junge Menschen eine Tätigkeit im SHK-Handwerk viel interessanter machen dürfte, als dies heute noch der Fall ist.
Dieser Beitrag ist zuerst erschienen in SBZ Monteur 11/2018.