Brandabschottung mit elastomeren Dämmstoffen
Technische Installationen, wie Leitungs- und Lüftungsanlagen, stellen im Gebäude aus brandschutztechnischer Sicht eine mögliche Schwachstelle dar. Sie durchdringen raumabschließende Bauteile und haben so einen erheblichen Einfluss auf die Sicherheit. Nur korrekt geplante und sauber ausgeführte Rohrabschottungssysteme verhindern die Weiterleitung von Feuer und Rauch in benachbarte Räume. Wie dies mit elastomeren Dämmstoffen fachgerecht gelingt, erläutert der dieser Beitrag.
Nicht abnahmefähige Wand- und Deckendurchführungen können zu kostspieligen Verzögerungen im Bauablauf führen. Und eine nachträgliche Mängelbeseitigung kommt Planer und ausführende Betriebe wesentlich teurer zu stehen als die vorgeschriebene fachgerechte Ausführung. In den vergangenen Jahren konnten erhebliche Fortschritte in der Entwicklung von Abschottungssystemen erreicht werden, die eine hohe Zuverlässigkeit in der Baupraxis bieten. Aufgrund der einfachen Verarbeitung in einem breiten Anwendungsbereich erhöhen elastomere Dämmstoffe mit intumeszierenden Eigenschaften die Ausführungssicherheit und minimieren das Risiko der Abnahmeverweigerung deutlich.
Welche Dämmstoffe eignen sich für Rohrabschottungen?
Für eine fachgerechte planerische und handwerkliche Umsetzung steht heute eine Vielzahl unterschiedlichster Produkte zur Abschottung von Leitungsanlagen zur Verfügung. Neben den brandschutztechnischen Anforderungen müssen für eine den technischen Regeln entsprechende Leitungsinstallation jedoch auch die Anforderungen des Schall- und des Wärme- bzw. Kälteschutzes beachtet werden. So muss die Dämmung z.B. die EnEV und die EN 806 [1] erfüllen.
Bei Kältedämmungen ist es oft nicht möglich, auf die Verwendung brennbarer Dämmstoffe zu verzichten. Hintergrund dafür sind besondere Anforderungen wie Geschlossenzelligkeit, Wasserdampf-Diffusionswiderstand und Verarbeitbarkeit. Dank ihrer molekularen Struktur empfehlen sich deshalb insbesondere elastomere Dämmstoffe. Sie schmelzen nicht und tropfen somit im Falle eines Brandes nicht ab (vor allem: nicht brennend). Elastomere Dämmstoffe sind selbstverlöschend. Sie zeichnen sich zudem durch eine hohe Elastizität in einem breiten Temperaturbereich aus und verschließen bei Erwärmung daher mögliche Öffnungen in Bauteilen im Falle eines Brandes.
Die Einsatzmöglichkeiten von „normalen“ elastomeren Dämmstoffen als Rohrabschottung sind jedoch limitiert. Insbesondere bei der Verwendung auf Kupferrohrleitungen führt die gute Wärmeleitfähigkeit von Kupfer schnell zu einer unzulässigen Temperaturerhöhung auf der brandabgewandten Seite, sodass nur relativ kleine Rohrdurchmesser sicher brandschutztechnisch abgeschottet werden können. Das gilt insbesondere unter den europäischen Prüfbedingungen bei einem Ofendruck von 20 Pascal. Auch die Durchführung von Rohrleitungen durch Leichtbauwände ist allein mit elastomeren Dämmstoffen in der Regel nicht erfolgversprechend. Ebenso wenig wie die Abschottung von Kunststoffleitungen.
Bei höheren Temperaturbeanspruchungen ist daher eine zusätzliche Unterstützung durch intumeszierende Materialien erforderlich, um ein breites Spektrum im Bereich der Rohrleitungsabschottung abzudecken. Bewährt haben sich dabei zum einen Brandschutzbandagen, die im Bereich der Durchführung zusätzlich um die elastomere Dämmung gewickelt werden, und zum anderen Produkte, bei denen die intumeszierende Wirkung direkt in den Dämmstoff integriert ist, wie z.B. bei Armaflex Protect. Durch die Kombination der bewährten Eigenschaften des flexiblen Elastomerschaums mit intumeszierenden Bestandteilen ist eine Brandübertragung ausgeschlossen. Die Brandschutzbarriere erreicht nach EN 13501-2 [2] bzw. DIN 4102-11 [3] einen Feuerwiderstand von 90 Minuten.
Dämmstoffe mit aufschäumender Wirkung
Weil der Ausführungssicherheit von Rohrabschottungen eine zentrale Bedeutung zukommt, bieten die Baustoffe mit integrierter aufschäumender Wirkung aufgrund ihrer recht einfachen Anwendung und Handhabung eine hohe Zuverlässigkeit in der Baupraxis. Sogar in F-90-/REI-90-Wänden in Leichtbauweise (Gipskartonständerwänden) sind damit feuerwiderstandsfähige Rohrdurchführungen praxisgerecht realisierbar (Bild 1). Für die Praxis heißt das: Egal, ob Heizungs-, Trinkwasser-, Kälte-, Kühlwasser- oder Prozessleitungen zur Druckluft oder Stickstoffversorgung – sie können alle mit einem Produkt abgeschottet werden.
Auch Kabel, wie z.B. Steuerkabel von Split-Klimageräten, können ohne weitere Vorkehrungen direkt auf dem Brandschutzschlauch anliegend durch Wand- und Deckendurchführungen mit hindurchgeführt werden. Ebenso lassen sich Begleitheizungssysteme direkt gemeinsam mit den Rohrleitungen in einem Armaflex-Protect-Schlauch brandschutztechnisch abschotten. Wie das Deutsche Institut für Bautechnik in der allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung (abZ) bestätigte, ist das Brandabschottungssystem darüber hinaus auch zur Abschottung von Kunststoff-Gasrohrleitungen gemäß DVGW-Arbeitsblatt G 600 zugelassen (Bild 2). Nach der europäischen Prüfnorm schneiden Rohrabschottungen mit Armaflex Protect bei den in der TGA überwiegend gebräuchlichen Rohrdimensionen trotz des höheren Ofendrucks vergleichbar mit den Prüfungen gemäß DIN 4101-11 ab.
Von Nachteil ist allerdings, dass gemäß ETA keine sogenannten Stellvertreterprüfungen zulässig sind. Werden also z.B. Mehrschichtverbundrohre eines bestimmten Herstellers geprüft, so gelten die Ergebnisse der Prüfungen somit nur für das geprüfte Rohrsystem. Das bedeutet für Mehrschichtverbundrohre, dass die Prüfung nur für Produkte gleicher Dicke und identischen Aufbaus, also z.B. mit gleich dicker Aluminiumeinlage, gültig ist. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass in Deutschland beide Zulassungen – ETA und abP (allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis) bzw. abZ (allgemeine bauaufsichtliche Zulassung) – nicht parallel verwendet werden dürfen. Es muss entweder das eine oder das andere angegeben werden (Bild 3).
Sicherheit bei der Verarbeitung
Ein Abschottungssystem sollte vielseitig sein; insbesondere dann, wenn es im Gebäudebestand zum Einsatz kommt. Von Vorteil ist dabei, dass sich die Verarbeitung von Brandschutzsystemen wie Armaflex Protect kaum von der Verarbeitung herkömmlicher elastomerer Dämmstoffe unterscheidet.
Zudem kann die Brandschutzbarriere zueinander im „Null“-Abstand installiert werden. Gemäß ETA sind lediglich bei der Rohrdimension 89mm Abstände von 100mm einzuhalten. Diese Abstandsregelungen sind insbesondere – aber nicht nur – bei nachträglichen Abschottungen von Vorteil, weil die Platzverhältnisse hier oft sehr eng sind.
Auch wenn viele der angebotenen Systeme mit einem „Null“-Abstand ausgestattet sind, sollte dies nicht als Einladung verstanden werden, Leitungsanlagen von vornherein ohne Abstände zu planen. Vielmehr soll es dem Fachhandwerker in Ausnahmefällen möglich sein, eine Rohrabschottung aus brandschutztechnischer Sicht auch ohne Abstandsrestrisiko herstellen zu können.
Abstandsregelungen zu fremden Abschottungen
Grundsätzliche Angaben zu Abständen von Rohrabschottungen findet man in der Muster-Leitungsanlagen-Richtlinie (MLAR [4]). Dort heißt es unter Abschnitt 4.1.3: „Der Mindestabstand zwischen Abschottungen, Installationsschächten oder -kanälen sowie der erforderliche Abstand zu anderen Durchführungen (z. B. Lüftungsleitungen) oder anderen Öffnungsverschlüssen (z. B. Feuerschutztüren) ergibt sich aus den Bestimmungen der jeweiligen Verwendbarkeits- oder Anwendbarkeitsnachweise; fehlen entsprechende Festlegungen, ist ein Abstand von mindestens 50mm erforderlich.“ Verwendbarkeits- oder Anwendbarkeitsnachweise sind abP, abZ, ETA oder ZiE (Zustimmung im Einzelfall).
Für Kabel- und Rohrabschottungen mit allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassungen (abZ) hat das Deutsche Institut für Bautechnik (DIBt [5]) die Mindestabstände allerdings neu festgelegt. In den betroffenen Zulassungen findet man daher jetzt folgende Angaben: Der Abstand der zu verschließenden Bauteilöffnungen (Anmerkung: Maß der fertig erstellten Abschottung, nicht das Rohbaumaß!) zu anderen Öffnungen oder Einbauten muss mindestens 20cm betragen. Abweichend davon darf der Abstand bis auf 10 cm reduziert werden, sofern die zu verschließende Bauteilöffnung oder Einbauten nicht größer als 20 x 20 cm sind.
Der Abstand zwischen Bauteilöffnungen für Kabel- oder Rohrabschottungen gleicher oder unterschiedlicher Bauart darf ebenfalls bis auf 10 cm reduziert werden, sofern diese Öffnungen jeweils nicht größer als 40 x 40 cm sind.“ (Bild 4).
Ein geringerer Abstand ist nur noch dann gestattet, wenn die Systeme gegenseitig geprüft wurden. Die DIBt-Abstandsregelungen gelten nicht für Rohrabschottungen mit abP und anderen fremden Abschottungen mit abZ oder abP, die mit den Buchstaben L, I, E, K und T gekennzeichnet werden (Bild 5). Selbstverständlich sind die beschriebenen Abstandsregelungen Mindestmaße. Sollten im Prüfzeugnis oder in der Zulassung größere Maße angegeben sein, so gelten diese Abstandsmaße.
Feuerwiderstandsklassen im Vergleich
Der Feuerwiderstand von Rohrabschottungen wird nach DIN EN 1366-3 [6] geprüft und nach EN 13501-2 [2] bzw. in Deutschland nach DIN 4102-11[3] klassifiziert. Kriterien zur Beschreibung des Feuerwiderstandes sind: R (Tragfähigkeit), E (Raumabschluss) und I (Wärmedämmung). Bei den Prüfungen für Rohrabschottungen wird zudem noch angegeben, ob die Rohrenden während der Prüfung offen oder geschlossen (uncapped/capped) sind.
Die Feuerwiderstandsklasse wird unter den Bedingungen eines Vollbrandes ermittelt. Dabei wird der zeitliche Brandverlauf nach der international genormten Einheitstemperaturzeitkurve gesteuert, die Eingang in die EN 1363-1 [7] sowie die DIN 4102-2 [8] gefunden hat. Ein wesentlicher Unterschied besteht jedoch im Ofendruck: Gemäß EN 1366-3 ist der Ofendruck mit 20 Pa und nach DIN 4102-2 mit 10 Pa vorgegeben. In der Praxis bedeutet dies, dass eine Prüfung nach der europäischen Norm viel schwieriger zu bestehen ist als nach der deutschen DIN 4102. Das europäische Klassifizierungssystem für Bauteile ist im Vergleich zum deutschen System wesentlich „feiner“ aufgebaut und ermöglicht eine Vielzahl von Klassifizierungen in verschiedenster Kombination.
Fazit
Der vorbeugende gebäudetechnische Brandschutz ist eine Herausforderung an die brandschutztechnische Fachplanung und die darauf aufbauende Umsetzung durch kompetente Ausführungsfirmen. TGA-Fachplaner und ausführender Fachbetrieb tragen gemeinsam die Verantwortung für den Einsatz und die Ausführung der Brandschutzlösungen. Der Einsatz einfach anwendbarer Lösungen für Rohrabschottungen mit Produkten auf elastomerer Basis kann bei der Planung und fachgerechten Umsetzung äußerst hilfreich sein.
Dieser Beitrag von Dipl. Ing. Michaela Störkmann ist zuerst erschienen in SBZ 6/2019. Michaela Störkmann ist Technical Manager bei Armacell.
Literatur
[1] Technische Regeln für Trinkwasser-Installationen – Teil 2: Planung; Deutsche Fassung EN 806-2:2005
[2] EN 13501-2: 2007+A1:2009 „Klassifizierung von Bauprodukten und Bauarten zu ihrem Brandverhalten – Teil 2: Klassifizierung mit den Ergebnissen aus den Feuerwiderstandsprüfungen, mit Ausnahme von Lüftungsanlagen“
[3] DIN 4102-11:1985-12 „Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen; Rohrummantelungen, Rohrabschottungen, Installationsschächte und -kanäle sowie Abschlüsse ihrer Revisionsöffnungen; Begriffe, Anforderungen und Prüfungen“
[4] Muster-Richtlinie über brandschutztechnische Anforderungen an Leitungsanlagen (Muster-Leitungsanlagen-Richtlinie MLAR) Stand: 17. November 2005
[5] Deutsches Institut für Bautechnik (DIBt), Referat III 2 – Grundsätzliche Regelungen zu Abständen bei Kabel- und Rohrabschottungen
[6] EN 1366-3:2009-07 „Feuerwiderstandsprüfungen für Installationen – Teil 3: Abschottungen“
[7] EN 1363-1:1999 „Feuerwiderstandsprüfungen – Teil 1: Allgemeine Anforderungen“
[8] DIN 4102-2:1977-07 „Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen, Teil 2: Bauteile, Begriffe, Anforderungen und Prüfungen“