Worauf Sie bei der digitalen Baudokumentation achten sollten
Wer statt Digitalkamera, Bleistift und Papier für die fotografische Erfassung von Baustellen oder haustechnischen Anlagen, für die Dokumentation von Tätigkeiten, Mängeln, Behinderungen oder des Baufortschritts eine Smartphone- oder Tablet-App - als Ersatz für das klassische Bautagebuch - einsetzt, kann seinen Zeit- und Organisationsaufwand erheblich reduzieren.
Die Auswahl der richtigen Software hängt allerdings sehr davon ab, was man konkret machen will: Einige Programme sind auf Bautagebücher oder Bautagesberichte spezialisiert, andere unterstützen die Aufnahme und Nachverfolgung von Mängeln. Manche können beides. Die Auswahl der passenden App für die digitale Baudokumentation hängt deshalb sehr davon ab, was man konkret machen will.
Baustellendokumentation: Apps optimieren Arbeitsabläufe
Die herkömmliche Baustellendokumentation, also die Dokumentation des Baufortschritts, von Behinderungen, Materialfehlern oder Ausführungsmängeln von Subunternehmen oder die Erstellung von Bautagesberichten war bisher zeit- und arbeitsaufwendig: Vor-Ort-Daten wurden schriftlich notiert und anhand von Fotos dokumentiert. Dokumentationen, Berichte oder Mängelrügen wurden später im Büro mit Office-Programmen erstellt und per Post an Projektbeteiligte verschickt. Kopien wurden in Ordnern abgelegt und auf Wiedervorlage gelegt. Das führte zu Mehraufwand, Fehlern und Verzögerungen in der Baustellendokumentation.
Mit speziellen Baustellen-Apps lassen sich diese Medienbrüche vermeiden und Arbeitsabläufe optimieren. Außerdem entfällt das umständliche Hantieren mit Notizblock, Plan, Diktiergerät und Fotoapparat auf der Baustelle. Stattdessen werden mit Smartphones oder Tablets und der entsprechenden App die Vor-Ort-Daten direkt in Wort und Bild digital erfasst und sofort zugeordnet.
Das erübrigt das nachträgliche Eintippen, Sortieren, Zuordnen und Verorten der Daten. Eingabemasken innerhalb einer App mit strukturierten Abfragen und Textbausteinen beschleunigen einerseits die digitale Erfassung, sorgen aber auch dafür, dass Wichtiges nicht vergessen wird.
Digitale Baudokumentation: Was sollte erfasst werden?
Damit Bau- und Montageabläufe später nachvollziehbar sind, müssen wesentliche Leistungen, Lieferungen und Tätigkeiten der verschiedenen Unternehmer sowie die jeweiligen Arbeitsbedingungen auf der Baustelle in der digitalen Baudokumentation dokumentiert werden.
Zu den wichtigen Daten der Dokumentation gehören unter anderem:
- anwesende (Sub-)Unternehmen
- ausgeführte Arbeiten
- Materialeingänge
- Mängel
- Behinderungen
- Nachträge und Änderungen
- Ergebnisse von Baubesprechungen
- Prüfungen und Messungen
- besondere Vorkommnisse
- die Witterungsverhältnisse (Bewölkung, Niederschlag, Temperatur, Wind etc.)
Vorteile der digitalen Baudokumentation
Die (digitale) Baustellendokumentation ist eine wichtige Informationsgrundlage bei Störungen des Bauablaufs oder bei eventuellen Streitigkeiten mit anderen Baubeteiligten, beispielsweise bei Nachtrags- oder Ersatzforderungen oder wenn Ursachen von Baumängeln oder Terminverzögerungen aufzuspüren sind etc. Dokumentationen wie das Bautagebuch unterstützten aber auch die Rechnungsprüfung oder Projektdokumentation. Weitere Vorteile der digitalen Baustellendokumentation sind deshalb unter anderem:
Fotos
Das digitale Bautagebuch sollte auch persönliche Notizen als Gedächtnisstütze oder kommentierte Fotos enthalten. Wird kontinuierlich dokumentiert, entsteht ein umfangreiches Protokoll der Bauausführung, das im Streitfall den Verfasser entlasten kann. Kann dieser Baustellenaktivitäten lückenlos dokumentieren, hat er bei gerichtlichen Auseinandersetzungen stets die bessere Position.
Informationsdatenbank
Mit der digitalen Dokumentation entsteht zudem quasi nebenbei eine Informationsdatenbank, die später für die Bewirtschaftung, Gewährleistungsdokumentation oder für Statistiken und zur Qualitätsverbesserung genutzt werden kann. Baustellendokumentationen sind deshalb wichtige Unterlagen, die sorgfältig und unbefristet aufbewahrt werden sollten.
Rechtssichere Unterlagen
Da bei der Mängelverfolgung oder Bautagesberichten auch rechtliche Aspekte zu beachten sind, unterstützt die Software Anwender auch beim Erstellen rechtssicherer Unterlagen oder der Verfolgung von Fristen.
Gescannte Pläne
Neben Dokumentationsfotos lassen sich auch gescannte Pläne, Planausschnitte oder Dokumente einbinden, teilweise auch Sprachnotizen oder Videosequenzen, Fotos können in einfacher Form bearbeitet (Größe, Ausschnitt ändern etc.) und mit Hinweispfeilen, Maßen und Bildkommentaren ergänzt werden. Wertet die Software GPS-Daten der mobilen Hardware aus, können Fotos auch verortet werden, sodass man auf Anhieb weiß, was auf welcher Baustelle fotografiert wurde.
Verwaltung wird vereinfacht
Aus den erfassten Daten lassen sich über individuell anpassbare Vorlagen sofort Bautagesberichte, Mängelprotokolle oder Mahnungen generieren und per E-Mail versenden. Fristen können zur Terminüberwachung an den Terminkalender, z. B. von Microsoft Outlook, übergeben werden. Beim Programmstart erinnert eine Wiedervorlagefunktion an Termine und wacht darüber, dass terminlich nichts anbrennt.
Digitale Technik auf der Baustelle
Aktuelle mobile Dokumentationslösungen machen sich die Popularität und die Vorteile der intuitiv bedienbaren Smartphones und Tablet-PCs zunutze: Die Apps lassen sich einfach per Fingergesten bedienen, Vor-Ort-Bedingungen über die integrierte Fotofunktion dokumentieren und über die Bildschirmtastatur oder per digitaler Sprachaufzeichnung kommentieren.
Ob sich Smartphones, die größeren Phablets, Tablets oder Convertibles mit drehbarer oder aufsteckbarer Tastatur besser eignen, muss jeder für sich entscheiden. Welche Hardware auch bevorzugt wird – sie sollte baustellentauglich sein oder durch eine Zusatzausstattung (Gummiarmierung, Gehäusehülle etc.) robust gemacht werden, damit Baustellenstaub und -nässe oder Stürze nicht zum Problem werden.
Auch die Display-Helligkeit spielt, etwa bei Dokumentationen auf dem Dach, eine wichtige Rolle. Bewährt haben sich spezielle Rugged Hardware wie Smartphones und -Tablets. Damit Mängelprotokolle von der Baustelle aus versandt werden können, ist eine mobile Internetverbindung Voraussetzung. Dann kann man auch gegebenenfalls auf Büro- und Projektdaten zugreifen oder mobil erfasste Daten sofort mit den Bürodaten abgleichen.
Aber: Eine App hat ihre Grenzen
Man sollte sich vorher Gedanken machen, was man konkret machen will. Einige Apps dienen primär der Erstellung von Bautagesberichten. Sie enthalten Angaben zur Witterung, beschäftigten Arbeitern, Fremdfirmen, Behinderungen, Änderungen oder besonderen Vorkommnissen und dienen der Dokumentation und Beweissicherung. Spezielle Lösungen für das mobile Mängelmanagement unterstützen die Aufnahme, Beschreibung, Zuordnung, Verteilung und Nachverfolgung von Mängeln und Mängelrügen.
Die meisten Apps sind allgemein einsetzbar, andere sind auf spezielle Bereiche, etwa die Brandschutzdokumentation, spezialisiert, viele sind kostenpflichtig, einige kostenfrei. Die Apps laufen auf Windows-, iOS- oder Android-Mobilgeräten, Web-Apps sind plattformunabhängig. Unterschiede gibt es in Bezug auf Dokumentations- und Auswertungsfunktionen, die Einsatzmöglichkeiten oder die Zielgruppe.
Nicht alle Apps sind in der Lage, Messdaten, etwa von Laser-Distanzmessgeräten, per Bluetooth-Funkstandard zu importieren. Die Zukunft gehört wohl den cloudbasierten Lösungen.
Damit können auf der Baustelle erfasste Daten direkt auf einem per Passwort zugänglichen Webserver gespeichert werden. Zugriffsberechtigte Projektbeteiligte, wie etwa Subunternehmer, haben dadurch die Möglichkeit, die für sie relevanten Berichte jederzeit online einzusehen, eigene Informationen beizusteuern und sich zeitnah über den aktuellen Stand zu informieren.
Worauf sollte man bei der digitalen Dokumentation achten?
Funktionelle Unterschiede liegen im Detail: Baustellen dokumentieren oder Mängel erfassen können alle dafür ausgelegten Apps mehr oder weniger gut. Entscheidend ist, welche Funktionen und Automatismen die Software für die daran anschließende Weiterbearbeitung, Verwaltung und Auswertung bietet, denn hier steckt der eigentliche Arbeits- und Organisationsaufwand.
Auch bei der Erfassung gibt es Unterschiede – etwa im Hinblick auf die Möglichkeit, beliebig lange Notizen anfügen, Spracheingaben beispielsweise per Google Docs zu erfassen oder zwischen Planungs-, Material- und Ausführungsfehlern unterscheiden zu können und so weiter.
Wichtig sind ferner eine intuitive Bedienung, aber auch Zusatzfunktionen. Dazu gehört etwa die Möglichkeit einer projektübergreifenden Mängelauswertung, um beispielsweise offene Mängel aus verschiedenen Baustellen ein- und desselben Unternehmens herausfiltern zu können.
Auch eine Einbindung in die bestehende Bürosoftware-Umgebung, funktionierende Schnittstellen für eine Datenübernahme/-übergabe, einen Datenabgleich etc. sind wichtig.
Hier gibt es noch Optimierungsbedarf. So werden in übergeordnete Programme, etwa branchenspezifische ERP-Software, integrierte Dokumentations-Apps kaum offeriert. Dabei hätte dies viele Vorteile: neben der einheitlichen Bedienung könnte man Projektdaten, wie beteiligte Firmen und Personen, Leistungen, Termine etc., übernehmen, erfasste Baustellendaten könnten direkt weiterverarbeitet werden und so weiter.
Wichtig bei mobilen App- und Cloudlösungen ist, dass sie auch offline funktionieren, weil die Verfügbarkeit einer (ausreichend schnellen) Online-Datenverbindung etwa im Kellergeschoss auf der Baustelle nicht immer gewährleistet ist.
Dieser Artikel von Marian Behaneck ist zuerst erschienen in SBZ/05-2018, bearbeitet von haustec.de. Dipl.-Ing. Marian Behaneck ist Fachautor zahlreicher Publikationen zu Hardware, Software und IT im Baubereich.