Stromspeicher 2018: Wohin die Entwicklung geht
Der Speichermarkt wächst, und viele Hersteller kämpfen um ihre Anteile. Es gibt derzeit zu viele Firmen und Produkte, die ihre Kosten nicht decken. Das wird weiter zu Zusammenschlüssen, Übernahmen und vielleicht auch zu Insolvenzen führen. Der Markt für Batteriespeicher steht vor einer Konsolidierungswelle. Der Versorger EWE hat E3/DC bereits verkauft. Mit der Integration in die Hager Group sollen sich die Entwicklungschancen von E3/DC verbessern. Ein Blick auf die Mitarbeiterzahlen belegt das: In Osnabrück sind aktuell 80 Mitarbeiter beschäftigt, bei Hager weltweit insgesamt 11.400.
Auch der Hersteller Caterva aus Pullach sucht seit Anfang 2018 potente Geldgeber, um sich neu aufzustellen. Das Unternehmen hat vor Weihnachten beim Amtsgericht München einen Antrag auf Eigenverwaltung gestellt. Es laufen bereits Verhandlungen mit potenziellen Partnern, die am wachsenden Markt für solare Stromspeicher teilhaben möchten. Die neuen Gesellschafter sollen helfen, um die erforderlichen Investitionen in die Technologie zu leisten. Eine deutlich kompaktere dritte Geräteversion der Caterva-Sonne steht demnach kurz vor der Markteinführung.
Preise haben sich halbiert
Bereits 75.000 Heimspeicher arbeiten laut BSW-Solar gegenwärtig in Deutschland. Die Nachfrage nach den Stromspeichern steigt Jahr für Jahr kräftig an. Gleichzeitig haben sich die Preise solarer Heim- und Gewerbespeicher nach Erhebungen des Branchenverbands in den letzten vier Jahren halbiert.
Franz-Josef Feilmeier sieht für 2018 einen konstant weiter steigenden Markt und daneben neu entstehende Märkte in den Nachbarländern. Grundsätzlich erwartet der Geschäftsführer von Fenecon Verschiebungen von Kleinstspeichern zu etwas größeren oder zumindest erweiterbaren Systemen. Konkret heißt das: Systeme mit mehr Leistung sind gefragt. „Zudem erwarten wir einen höheren Marktanteil von notstromfähigen Systemen, weil alle anderen Märkte neben Deutschland ohnehin Notstromlösungen verlangen.“
Was wollen die Kunden?
Feilmeier erwartet, 2018 insgesamt rund 1.000 Systeme zu verkaufen, 60 Prozent davon in Deutschland. Kunden fragen meist nach Systemen „im Range von sieben bis 13 Kilowattstunden“. Wichtig sei für immer mehr Käufer, dass die Leistung entsprechend ausgelegt sei, also wie bei dreiphasigen Systemen mit fünf bis zehn Kilowatt Leistung.
Mittelfristig rechnet Wechselrichterhersteller SMA mit einem Wachstum der Speicheranwendungen von 20 Prozent hierzulande und einer höheren Nachfrage von insgesamt 60 Prozent. Ebenso wird die neu installierte Photovoltaikleistung steigen. Grund dafür sei die zunehmende Bedeutung von Batteriespeichern und die damit verbundene Nachfrage nach Speichersystemen. Das gilt sowohl für neue Eigenverbrauchsanlagen als auch für die Nachrüstung bereits bestehender Anlagen.
Eigene Versorgung als Motiv
Auch Solarwatt aus Dresden rechnet mit steigender Nachfrage: Insgesamt wird rund die Hälfte aller neuen Solarstromanlagen mit Batteriespeicher verkauft. Die Zielmarke für 2018 wird bei insgesamt rund 6.000 Speichern liegen, untergliederte Zahlen kommuniziert Solarwatt-Chef Detlef Neuhaus nicht. Die Relevanz der Selbstversorgung steige aber immer weiter.
E3/DC will ebenfalls mehr verkaufen: „Wir gehen von einem Zuwachs von 65 Prozent aus und planen insgesamt einen Absatz von über 7.200 Stück im Jahr 2018“, verkündet der Chef Andreas Piepenbrink. Mit einem Anteil von gut 90 Prozent werden demnach fast alle Speicher in Deutschland abgesetzt. Dabei handelt es sich meist um dreiphasige Geräte mit zehn Kilowattstunden Speicherkapazität. Aus seiner Sicht gewinnt die Sektorenkopplung mit Wärme und Mobilität künftig immer mehr an Bedeutung.
Fallen die Preise weiter?
Allerdings warnt Piepenbrink davor, auf einen starken Preisrückgang bei Batteriespeichern zu spekulieren. Denn eine steigende Nachfrage auch aus anderen Branchen könnte das verhindern. Bei den Komponenten eines Speichersystems wie etwa Leistungselektronik und Gehäuse sei nicht mit einer dramatischen Kostensenkung zu rechnen, sagt er.
20 Prozent Preisnachlass oder mehr in den nächsten fünf Jahren sind demnach nicht sicher. Denn die Nachfrage aus der Automobilbranche steige immer stärker an, weiß Piepenbrink, der selbst aus der Autobranche kommt. Trotz des geplanten Ausbaus der Batterieproduktion werde es für die Hersteller stationärer Speichersysteme schwieriger, Batterien zu bekommen. Daimler, VW, BMW und allen voran Tesla brauchen die Lithiumzellen künftig selbst.
Kombination Speicher - Stromdienstleistung
Sonnen aus Wildpoldsried im Allgäu erhebt den Anspruch, schneller als der Markt zu wachsen. Die meisten Kunden würden Speicher mit acht, gefolgt von zehn Kilowattstunden Kapazität bestellen. „2017 wurden bereits die meisten der Sonnenbatterien zusammen mit unseren Stromdienstleistungen wie der Sonnen Community und einem Stromtarif verkauft“, analysiert Vertriebschef Philipp Schröder. Dieser Trend werde sich auch 2018 weiter fortsetzen. „Darüber hinaus wächst die Vernetzung durch Smarthome in den Haushalten weiter“, meint Schröder.
Schneller Laden
Fenecon-Chef Feilmeier sieht einen weiteren Trend: „Es wird Strommodelle für Speicher geben, wobei die neuen Modelle nicht von den Speicherherstellern selber kommen, sondern auf vielen Speichern aufsetzen“, erklärt er. Entsprechend rücke die tatsächliche Leistungsfähigkeit des jeweiligen Speichers für das Geschäftsmodell des Versorgers mehr in den Mittelpunkt. Es geht mehr um die Lade- und Entladeleistung des Speichers.
Bei einem live Bilanzkreisausgleich oder auch bei der Nutzung von flexiblen Stromtarifen kommt es jeweils mehr darauf an, was der Speicher in der Viertelstunde an Leistung kann, weniger auf die eigentliche Kapazität dahinter. „Während beispielsweise ein Gerät mit zwei Kilowatt gerade mal 0,5 Kilowattstunden verschieben könnte, schafft ein System mit zehn Kilowatt ganze 2,5 Kilowattstunden“, verdeutlicht Feilmeier die Entwicklung.
Flexibilität und Sicherheit
Immer mehr Speicherkunden wollen Elektromobilität und Wärmepumpenheizungen einbinden. Sie erwarten laut SMA ein effizientes und zuverlässiges Speichersystem, das sich entsprechend ihren Bedürfnissen anpassen beziehungsweise erweitern lässt. Die Flexibilität sei entscheidend. Nur flexible Lösungen können in den nächsten zehn Jahren den Änderungen entsprechend angepasst werden.
Neben Flexibilität steht auch die Sicherheit bei vielen im Fokus. „Das ist eine Grundvoraussetzung, ohne die sich kein Speicher verkaufen lässt“, weiß Solarwatt-Chef Neuhaus. Und dies schließt auch die IT-Sicherheit ein, was gerade durch aktuelle Diskussionen über die neuen Sicherheitslücken an Aktualität gewinnt. Vor dem Hintergrund vernetzter, über das Internet ansteuerbarer Speichersysteme hält Solarwatt das Thema nach wie vor für heikel. Deswegen habe sich das Unternehmen dafür entschieden, dass Speicher nicht von extern über das Internet erreichbar sein sollten. Dieses Sicherheitskonzept des Batteriespeichers My Reserve ist gerade von der Marktüberwachungsbehörde für Heimspeicher in einem Prüfbericht gewürdigt worden.
Der italienische Markt ist momentan die Nummer zwei in Europa. Er wuchs im vergangenen Jahr zweistellig. Etwa 10.000 Speicher wurden 2017 in Italien installiert, 2018 werden es ungefähr 15.000 Stück sein. Zurückzuführen ist dieser Zuwachs auf staatliche Förderungen und sinkende Investitionskosten.
Wie sieht es außerhalb Deutschlands aus?
Fenecon-Chef Feilmeier sieht den italienischen Markt stark von lokalen Herstellern bei der Leistungselektronik geprägt. Seine Firma bedient diese Hersteller entsprechend mit Batterielösungen. Notstrom gehöre hier zwingend zur Speicherausstattung. Der italienische Markt ist auch für Sonnen der wichtigste EU-Markt außerhalb Deutschlands. Das Unternehmen sieht eine stark anziehende Nachfrage. „Wir waren als einer der ersten Anbieter am Markt“, sagt Schröder. „Wir haben ein starkes Partnernetz aufgebaut.“
Weitere sich entwickelnde Länder sind Portugal und Spanien, die mit hervorragenden Erträgen aus Solarstrom locken. Allerdings steht in diesen Märkten deutlich weniger Kapital bereit, um die hohen Kosten für die Speicher und ihre Finanzierung durch Banken zu stemmen. Deshalb wird es nicht schnell gehen.
Der hohe Anteil an Elektroautos in skandinavischen Ländern fördert das Modell der Netzentlastung durch Batteriespeicher. Die Förderung der Speichersysteme ist in diesen Ländern maßgeblich für den Erfolg und den Markteintritt.
SMA sieht in Österreich und England Märkte mit großem Potenzial für Heimspeichersysteme. Fenecon stimmt bei Österreich zu und nennt noch Tschechien als jungen Markt. Franz-Josef Feilmeier prophezeit: „Beide Märkte werden – nicht zuletzt wegen der entsprechenden Förderungen – deutlich Fahrt aufnehmen.“
Neue Investoren gesucht
Mit Plänen für eine Restrukturierung startet der Münchener Speicherhersteller Caterva ins neue Jahr. Das Unternehmen setzt auf ein Konzept mit vernetzten, multifunktionalen Stromspeichern. Den Kunden wurden Rückflüsse aus Erlösen im Geschäft mit Regelenergie fürs Stromnetz versprochen. Doch dieser Markt löst sich langsam auf: Die Preise für Regelleistung sind dramatisch gesunken.
Deshalb hat Caterva vor Weihnachten beim Amtsgericht München einen Antrag auf Insolvenz in Eigenverwaltung gestellt. Und muss nun neue Investoren finden. Neue Gesellschafter sollen helfen, eine deutlich kompaktere dritte Version der Caterva-Sonne in den Markt einzuführen. Für die Kunden ergibt sich nach Angaben des Unternehmens durch die vorläufige Eigeninsolvenz keine wesentliche Änderung: Die Verträge würden zunächst unverändert fortgeführt. Auch die Löhne und Gehälter der Beschäftigten seien gesichert.
Während der Sanierungsphase werde Carlos Mack die Geschäftsführung von Caterva als Generalbevollmächtigter unterstützen. Das Management wird durch Rechtsanwalt Christian Knittel von der Kanzlei Brinkmann & Partner beraten. Als vorläufigen Sachwalter hat das Amtsgericht den Rechtsanwalt Christian Gerloff bestellt.
Allgäuer erschließen Spanien
Der spanische Speichermarkt sieht allmählich Sonne. Das hat auch der gleichnamige Anbieter von Lithiumbatterien aus dem oberbayerischen Wildpoldsried erkannt. Sonnen paktiert nun mit dem Installateursverbund Webatt, eine dreistellige Anzahl der Sonnenbatterie sei im ersten Quartal 2018 bestellt.
Spanien verfügt in Europa nach Deutschland und Italien über ein größeres Potenzial für erneuerbare Energien und dezentrale Stromlösungen. „Spanien entwickelt sich, trotz der regulatorischen Hindernisse bei der Nutzung von erneuerbaren Energien, geradezu rasant“, sagt Philipp Schröder, Vertriebschef bei Sonnen. Mit Webatt Energía, einem Zusammenschluss aus Installateuren für Solarstromversorgung in Eigenheimen, steht ein Partner bereit, der den iberischen Markt aus dem Effeff kennt. Den sich langsam belebenden Markt bestätigen auch andere Hersteller.
Mit Spanien setzt Sonnen die Internationalisierung fort. Die Sonnenbatterie stehe unter anderem in Spanien, Portugal sowie den skandinavischen Ländern, Malaysia und den Philippinen bereit, verkündet das Unternehmen. Auch die firmeneigene Plattform für Stromsharing versorgt bereits Kunden in Deutschland, Österreich, Italien, den USA und Australien.
Deutsche Fabrik für Lithiumzellen im Aufbau
19 Firmen und Forschungsinstitute haben in Reutlingen bei Mainz angefangen, ein Werk für Lithiumzellen aufzubauen. Dort soll eine Produktion mit einer Kapazität von rund sechs Gigawattstunden pro Jahr entstehen.
Geleitet wird das Forschungsprojekt Fab4Lib von der Terra E Holding mit Sitz in Frankfurt. Das Projekt will Lösungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette erforschen und diese „in Demonstratoren validieren“, teilt Terra E mit. Die Produktion soll demnach dort modular und vielfach aufgebaut werden, wo die entsprechende Kapazität benötigt wird.
Das Vorhaben wird mit Geld des Bundesforschungsministeriums unterstützt. Damit soll die Grundlage für den Aufbau einer Großserienfertigung von Lithiumzellen in Europa geschaffen werden. Mit von der Partie sind unter anderem: Streetscooter, BMZ, SGL, Siemens sowie Leclanché und die Forscher vom ZSW.
Dieser Artikel von Niels Hendrik Petersen ist zuerst erschienen in photovoltaik Ausgabe: 01-2018.