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Rätselhafte Korrosion in Kupferleitungen: Studie nennt erste Ursachen

Jürgen Wendnagel

In mehreren Wasserversorgungsgebieten in zahlreichen Bundesländern wurden und werden Schäden durch Kupferlochkorrosion in kalten und warmen Trinkwasser-Installationen registriert. Eine aktuelle Untersuchung konnte nun ausschließen, dass die Korrosionserscheinungen an halbharten Kupferrohren ursächlich mit der Trinkwasserbeschaffenheit verbunden sind. haustec.de hatte darüber bereits berichtet.

Doch welche Ergebnisse, Erkenntnisse und Schadensursachen lassen sich aus der Untersuchung ableiten, die das IWW Rheinisch-Westfälisches Institut für Wasserforschung (Mülheim) in einem vom Deutschen Verein des Gas- und Wasserfaches (DVGW) geförderten Forschungsprojekts durchgeführt hat?

Wir zitieren nachfolgend aus dem im September 2017 veröffentlichten Management Summary „Untersuchung zur Aufklärung von neuartigen Schäden durch Lochkorrosion an Trinkwasser-Installationen aus Kupfer“ von Dr.-Ing. Angelika Becker (IWW GmbH, Mülheim/Ruhr)

Die Untersuchungsergebnisse im Überblick

Für die Untersuchungen standen 100 schadhafte Rohre aus 75 Trinkwasser-Installationen aus 23 Versorgungsgebieten zur Verfügung. Es handelt sich um Rohre verschiedener Hersteller, die für den Einsatz im Trinkwasserbereich geeignet sind und eine entsprechende Zertifizierung aufweisen.

Die Untersuchungsergebnisse der schadhaften Rohre und die Typisierung der Erscheinungsformen wurden im Management Summary wie folgt zusammengefasst:

  • Die Schäden an halbharten Rohren sind im Gegensatz zu den hartgelöteten harten Kupferrohren unabhängig von der Verbindungstechnik. Sie treten sowohl bei waagerecht als auch senkrecht verlegten Rohren in der gestreckten Rohrlänge auf.
  • Das Neuartige an diesen Schäden besteht somit darin, dass es nunmehr keines direkten Auslösers mehr bedarf, wie z.B. einer massiven Wärmebehandlung bei der Verarbeitung („hartgelötete harte Kupferrohre“), um Lochkorrosion zu erzeugen.
  • Besondere Erscheinungsformen an halbharten Kupferrohren, wie die Verästelung der Korrosionsangriffe und die Tunnelbildung, können im kalten Trinkwasser nicht bestimmten Wässern zugeordnet werden […]. Bei den halbharten Rohren entspricht die Morphologie der Lochfraßstellen in Struktur und Zusammensetzung im weiteren Verlauf des Lochwachstums im Wesentlichen derjenigen von Lochkorrosion Typ 1.
  • Verzweigte und zur Untertunnelung neigende Korrosionsangriffe im ersten Stadium des Lochwachstums können sowohl an harten, hartgelöteten (ausschließlich in der Wärmeeinflusszone) als auch an halbharten Kupferrohren festgestellt werden.
  • Die Intensität der Schäden, d.h. die Anzahl der Schäden pro m Rohrlänge, war bei den halbharten Rohren in der Regel deutlich größer.
  • Im Gegensatz zu den Schäden im kalten Trinkwasser bleibt die einmalgebildete verästelte Struktur der Korrosionsangriffe sowie die Tunnelbildung im erwärmten Trinkwasser (Lochkorrosion Typ 2) in der Regel bis zum Durchbruch der Rohrwand erhalten. Erklärungsmodelle für die Ausbildung dieser Strukturen sind nicht bekannt.
  • Die beobachtete Wellenbewegung der Schadensmaxima und das Auftreten von ersten Schäden nach langer Betriebszeit bei hartgelöteten Kupferrohren können darauf zurückzuführen sein, dass ein zyklischer bzw. alternierender Wachstumsprozess der Lochfraßzellen vorliegen

Erste Anhaltspunkte für die Ursache der Schäden

Bei den halbharten Rohren fehlen bisher Erklärungsmodelle für den Schritt der Initiierung von Lochkorrosion (Lochkeimbildung), wie dies z.B. die besondere (korrosionskritische) Struktur der Oxidschicht nach dem Hartlöten darstellt.

Zur Untersuchung der Werkstoffoberfläche (Oxidschichten) wurden Rohre aus dem Handel gekauft und von Installateuren Rohrstücke aus alten Bauvorhaben zur Verfügung gestellt, die noch keinen Kontakt zu Trinkwasser hatten.

Die orientierenden Untersuchungen der Werkstoffoberfläche können in folgenden Kernpunkten zusammengefasst werden:

  • Die beim Herstellungsprozess applizierten Oxidschichten können eine Morphologie aufweisen, wie sie in ähnlicher Weise bei hartgelöteten harten Kupferrohren nachgewiesen wurde.
  • Die Oxidschicht weist Mikrodefekte, wie Risse, Abplatzungen, freiliegende Korngrenzen, Spalten und Hohlräume auf, die Ausgangspunkte für Lokalkorrosion sein können. Die teilweise großflächig fehlende Oxidschicht und das Auftreten von Rissen in der Oxidschicht entlang der Ziehriefen weisen auf das Ablösen der Schicht (ggf. Erzeugung von Druckspannungen, Risse) beim Ziehprozess hin.
  • Die Randbedingungen, wann diese Oberflächenstruktur als kritisch zu bewerten ist, ist durch weitere Untersuchungen zu überprüfen.
  • Aufgrund der Lagerung und des Transportes an den Rohrenden nicht verschlossener Kupferrohre und der Verarbeitung unter Baustellenbedingungen ist nicht auszuschließen, dass Fremdpartikel und Verschmutzungen auf die Kupferoberfläche gelangen.

Die Wechselwirkung der Partikel/Verschmutzungen mit Kondenswasser (Druckprüfung mit Druckluft), kann grundsätzlich die Lochkeimbildung bereits vor und während der Inbetriebnahme der Installation fördern.

  • Inwieweit diese Lochkeime zu aktivem Lochfraß stabilisiert werden können, ist dann auf die Zeit zwischen Inbetriebnahme und Regelbetrieb (längere Stagnation) sowie auf die Betriebsbedingungen zurückzuführen.
  • Der im Kaltwasserbereich auch bei Rohren in Steigleitungen anzutreffende Halbschaleneffekt der Deckschichten bei halbharten Kupferrohren ist vermutlich auf eine unterschiedliche Oxidschichtdicke und -struktur zurückzuführen. Die Ursache dieser Erscheinungsformen ist wahrscheinlich eine ungleichmäßige Oxidation der Innenoberflächen im Zuge des Herstellprozesses.

Bei der Bewertung der Untersuchungsergebnisse ist zu berücksichtigen, dass sich diese Erkenntnisse ausschließlich auf morphologische Untersuchungen der Kupferoxidschicht stützen. Zur Absicherung dieser Ergebnisse ist noch Forschungsbedarf vorhanden.

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