Tests zu Leitungswasserschäden beweisen: Natürliche Trocknung reicht nie
Trotz zunehmender Kosten für die Behebung von jährlich mehr als einer Million Leitungswasserschäden in Deutschland gab es bisher kaum systematische wissenschaftliche Untersuchungen zur technischen Trocknung der betroffenen Bauteile. Dies veranlasste den Verband öffentlicher Versicherer VöV unter Federführung der Sparkassenversicherung dazu, eine Reihe von Versuchen beim Fraunhofer-Institut für Bauphysik IBP in Auftrag zu geben. Neben konventionellen Bautrocknungstechniken wurden auch neuartige Trocknungsvarianten auf ihre Effizienz bei nassen Wand-, Fußboden- und Deckenaufbauten getestet. Um zukünftig die jeweils wirksamste Trocknungsmethode vorab bestimmen zu können, wurde ein Modell für die rechnerische, hygrothermische Simulation der Trocknung eingesetzt und anhand der ersten Versuche validiert.
Die Untersuchungen erfolgten an vier Versuchsräumen, die in der großen Klimakammer des Fraunhofer IBP in Stuttgart aufgebaut waren. Dabei wurde eine Serie von gängigen Bauteilen untersucht wie beispielsweise Wände aus Porenbeton, Gipswandbauplatten, Vollziegel, Hochlochziegel und Leichtbauwände sowie die Wandoberflächen mit und ohne Fliesen und mit verschiedenen Putzoberflächen versehen. Außerdem testeten die Wissenschaftler Holzbalkendecken mit Schlacke- und Lehmpelletfüllung, Fußbodenaufbauten mit unterschiedlichen Dämmstoffen unter dem Estrich sowie diese mit und ohne Fliesenbelag.
Bei den Versuchen kamen unter anderem IR-Strahlungsheizplatten und ein- oder zweiseitig angebrachte Folienzelte zusammen mit Adsorptionstrocknern zum Einsatz. Bestückt mit rund 300 Sensoren wurden die Temperatur- und Feuchteverläufe der unterschiedlichen Bauteiloberflächen und der darunter liegenden Schichten gemessen und damit die Durchfeuchtung und der anschließende Trocknungsvorgang detailliert erfasst.
Natürliche Trocknung reicht nie
Aus der Vielzahl der Ergebnisse stechen einige Punkte besonders hervor.
Bei den Wänden waren die Folienzelte mit Adsorptionstrocknern ähnlich wirksam wie die IR-Heizplatten, wobei in beiden Fällen die Trocknung der bodennahen Bereiche verbesserungswürdig erscheint. Am Beispiel der Trittschalldämmplatten aus Mineralfaser konnte außerdem festgestellt werden, dass weder die wärmedämmenden Eigenschaften noch die akustische Wirksamkeit nach erfolgter Trocknung in irgendeiner Weise beeinträchtigt waren.Intervalle ebenso wirksam wie Dauerbetrieb
Die Tatsache, dass mit den IR-Heizplatten im Energiekosten sparenden Intervallbetrieb annähernd ähnlich gute Trocknungsergebnisse erzielt wurden wie beim Dauerbetrieb überraschte die Wissenschaftler hingegen. Dies soll in Zukunft genauer untersucht werden, da eine Unterbrechung der häufig geräuschvollen Trocknungsgeräte die Beeinträchtigung der Nutzer deutlich reduzieren würde.
Probleme bei Bodentrocknung
Während alle Arten von Wänden getrocknet werden konnten, zeigten sich bei den Böden Probleme: Estrich und Rohbetondecke wurden zum Teil nur unzureichend trocken. Bei allen Versuchen gab es verbleibende Feuchte im Übergang Wand/Boden. Die Trocknungssysteme sollten für den Übergang Wand/Boden weiterentwickelt werden.
Ein aus der Sicht der Fraunhofer-Experten sehr wesentliches Ergebnis der Untersuchungen ist der Erfolg bei der Nachberechnung des Trocknungsvorgangs. Da Berechnungen deutlich schneller und kostengünstiger sind, können sie nicht nur dabei helfen die Trocknungsverfahren für die unterschiedlichen Anwendungsgebiete gezielt zu optimieren. Sie erlauben im Vorfeld auch eine situationsabhängige Prognose der Trocknungsdauer und geben Hinweise auf geeignete Trocknungsverfahren meint Abteilungsleiter Hygrothermik Prof. Dr. Hartwig Künzel, der das Projekt zusammen mit Andreas Zegowitz, Gruppenleiter Wärmekennwerte, Klimasimulation geleitet hat.