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Verzugszinsen auf Steuern sind verfassungswidrig: Was jetzt gilt

Dörte Neitzel
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Finanzämter haben in der vergangenen Zeit zu hohe Verzugszinsen auf Steuerschulden verlangt. Die Verzinsung von monatlich 0,5 Prozent sei angesichts der Niedrigzinsphase seit dem Jahr 2014 verfassungswidrig, so das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil. In Karlsruhe hatten zwei Firmen geklagt, deren Gewerbesteuer nach einer Steuerprüfung deutlich nach oben korrigiert worden war. Der Staat nimmt durch die Verzugszinsen etwa eine Milliarde Euro pro Jahr ein.

In diesen Fällen kommt es zu Verzugszinsen

Die Nachzahlungszinsen fallen an, wenn ein Steuerpflichtiger seine Einkommen-, Körperschafts-, Umsatz- oder auch Vermögens- und Gewerbesteuer-Erklärung verspätet abgibt und Steuer nachzahlen muss.

Nach einer Karenzzeit von 15 Monaten ab Fälligkeit müssen Steuerpflichtige auf den Nachzahlungsbetrag 0,5 Prozent Zinsen pro Monat bezahlen. Dabei ist es unerheblich, ob die Verspätung allein vom Steuerpflichtigen verschuldet ist oder das Finanzamt lange für die Bearbeitung brauchte oder eine Außenprüfung des Finanzamts zu einer Nachzahlung führte.

Die Verzinsung von Steuernachforderungen mit einem solch hohen Zinssatz nach Ablauf einer zinsfreien Karenzzeit von grundsätzlich 15 Monaten stellt eine Ungleichbehandlung von Steuerschuldnern, deren Steuer erst nach Ablauf der Karenzzeit festgesetzt wird, gegenüber Steuerschuldnern, deren Steuer bereits innerhalb der Karenzzeit endgültig festgesetzt wird, dar.

6 Prozent Zinsen pro Jahr für verzögerte Steuerschulden

Ein Zins von monatlich 0,5 Prozent entspricht einer jährlichen Verzinsung von 6 Prozent. Dieser Satz gilt durchgängig seit dem Jahr 1961. Wobei das in den ersten 50 Jahren auch eine angemessene Größenordnung war. Inzwischen hat sich das Zinsumfeld jedoch drastisch geändert.

Seit gut zehn Jahren gibt es extreme Niedrigzinsen. Im Kampf gegen die wirtschaftlichen Konsequenzen der globalen Finanz- und Euro-Schuldenkrise hatte die EZB 2012 den Leitzins erstmals unter ein Prozent gesenkt. Seit 2016 liegt der Wert sogar bei null Prozent. Viele Spareinlagen bei Banken werden inzwischen mit einem Negativzins belastet.

So sieht die aktuelle Rechtslage bei Verzugszinsen aus

Für die Jahre 2014 bis 2018 beließ das Bundesverfassungsgericht die beanstandete Vorschrift in Kraft. Das heißt: Der alte Zinssatz darf noch bis zum Veranlagungsjahr 2018 noch angewendet werden. Erst auf nicht bestandskräftige Steuerbescheide ab 2019 seien Nachzahlungszinsen in dieser Höhe nicht mehr möglich. 

Hier sei der Gesetzgeber nicht verpflichtet, rückwirkend eine verfassungsgemäße Regelung zu schaffen. In den Jahren bis 2013 seien die Zinsen zwar auch schon tief gefallen. Damals sei der starre Zinssatz aber "noch in einem rechten Verhältnis" gewesen, hieß es. Spätestens seit 2014 sei er aber "evident realitätsfern".

Das Bundesverfassungsgericht forderte den Gesetzgeber auf, die Zinssätze zu korrigieren.  Es legte jedoch keine konkrete Höhe fest. Der Gesetzgeber muss nun bis zum 31. Juli 2022 eine verfassungskonforme Neuregelung treffen.

Bislang gibt es die aber noch nicht. Daher veranschlagt das Bundesfinanzministerium für alle neuen Steuerbescheide ab dem Verzinsungszeitraum ab 2019 aktuell keine Zinsen. Einsprüche für Verzinsungszeiträume ab 2019 werden ausgesetzt. Sobald die Neuregelung existiert, wird auch das Einspruchsverfahren fortgesetzt.

Neue Regelung noch nicht klar

Finanzämter könnten rückwirkend Zinsen einfordern oder erstatten, sobald die gesetzliche Regelung Mitte kommenden Jahres steht. Nach Angaben des Bunds der Steuerzahler erfasst das Urteil des Bundesverfassungsgerichts nicht Stundungszinsen, Hinterziehungszinsen, Prozesszinsen auf Erstattungsbeträge und Aussetzungszinsen

Die künftige Regelung zu den Verzugszinsen hat das Bundesfinanzministerium noch nicht ausgearbeitet. Niedersachsens Finanzminister Reinhold Hilbers sprach sich aber für eine einfache Regelung an. Er schlägt eine künftige Verzinsung von drei Prozent für Nachforderungen und Erstattungen vor. „Wir sollten es vermeiden, uns jetzt komplizierte Rechenformeln mit verschiedenen Basiszinsen zu überlegen, die am Ende niemand mehr nachvollziehen kann“, so Hilbers.

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