EU-Vorschlag: Wann ist Wasserstoff grün?
Die Europäische Kommission hat einen sogenannten delegierten Rechtsakt vorgelegt, der die Kriterien für die Erzeugung von grünem Wasserstoff festlegt. Das ist ein wichtiger Schritt, denn der delegierte Rechtsakt ist das zentrale regulatorische Instrument zur Festlegung der Strombezugskriterien für die Produktion von grünem Wasserstoff. Die Bundesregierung hat sich in den vergangenen Jahren stark für die zügige Umsetzung zweckmäßiger einheitlicher europäischer Kriterien für grünen Wasserstoff eingesetzt und begrüßt daher, dass die Europäische Kommission den Rechtsakt nun erlassen hat.
Der delegierte Rechtsakt der Europäischen Kommission benennt Kriterien, unter denen Wasserstoff auf die Ziele der EU-Erneuerbaren-Richtlinie angerechnet werden kann. Wasserstoff kann mit fossilem Erdgas oder mit dem Einsatz von Strom in sogenannten Elektrolyseuren hergestellt werden. Handelt es sich bei dem eingesetzten Strom ausschließlich um erneuerbaren Strom, so gilt dieser Wasserstoff als „grün“ und wird als 100 % erneuerbare Energie in der Erneuerbare-Energien-Richtlinie angerechnet. Welche Voraussetzungen grüner Wasserstoff dafür genau erfüllen muss, regelt die EU-Kommission nun in dem vorgelegten Delegierten Rechtsakt, der bisher fehlte.
Konkret benennt der Rechtsakt drei wesentliche Kriterien für die Anerkennung von Wasserstoff als erneuerbare Energie, wenn der erforderliche Strom aus dem Netz bezogen wird:
- Zusätzlichkeit in Bezug auf erneuerbare Energieerzeugung
- zeitliche und
- räumliche Korrelation zwischen dem Strombezug des Elektrolyseurs und der erneuerbaren Stromerzeugung.
Das Zusätzlichkeitskriterium des Delegierten Rechtsaktes regelt, dass neue und ungeförderte EE-Anlagen kontrahiert werden müssen, damit für den Stromverbrauch durch Elektrolyseure auf dem Strommarkt zusätzliche Mengen erneuerbare Energien bereitgestellt werden. Um in der Markthochlaufphase Wasserstoffprojekte nicht zu behindern, ist aber in einer Übergangsphase bis Ende 2027 die Befreiung hiervon möglich.
Daneben ist eine zeitliche Korrelation zwischen Stromverbrauch der Elektrolyseure und Produktion der Erzeugungsanlage notwendig. Dieser soll innerhalb derselben Stunde erfolgen. Das heißt, der erzeugte Erneuerbaren-Strom muss in derselben Stunde für die Produktion von Wasserstoff genutzt werden. Auch hier gilt eine Übergangsfrist: Bis Ende 2029 reicht eine monatliche Korrelation aus.
Daneben greift auch eine geographische Korrelation. Durch geeignete Standorte für Elektrolyseure und Erzeugungsanlagen soll zusätzlicher Netzausbaubedarf verhindert werden. Daher müssen Elektrolyseure laut dem delegierten Rechtsakt grundsätzlich in derselben Stromgebotszone errichtet werden, wie die Erzeugungsanlage für erneuerbare Energien. Mitgliedstaaten können aber kleinere Gebiete für Standorte definieren, um Kompatibilität mit der Netzplanung zu gewährleisten. Eine Stromgebotszone ist ein Gebiet, in dem ein einheitlicher Strompreis gilt (das gesamte deutsche Bundesgebiet ist eine Gebotszone).
Die Festlegung der Grünstromkriterien ist Voraussetzung für Investitionssicherheit und den schnellen Markthochlauf der grünen Wasserstoffwirtschaft. Zudem schafft er die Grundlage für vergleichbare Wettbewerbsbedingungen EU-weit und die Systemdienlichkeit der Wasserstoffproduktion in einem zunehmend erneuerbaren Stromsystem.
Daneben hat die Europäische Kommission einen zweiten delegierten Rechtsakt erlassen mit einer Methode zur Berechnung der Treibhausgaseinsparung von auf der Basis von grünem Wasserstoff produzierten Kraftstoffen, sogenannten erneuerbaren Kraftstoffen nicht-biogenen Ursprungs (RFNBOs). Wichtig ist, dass die Methode die Treibhausgasemissionen während des gesamten Lebenszyklus der RFNBOs berücksichtigt. Außerdem werden im Rechtsakt die Kriterien für die Verwendung von CO2 festgeschrieben, das für die Produktion von RFNBOs verwendet werden darf.
Die Delegierten Rechtsakte legt die Europäische Kommission auf Grundlage der Erneuerbaren-Energien-Richtlinie (RED II) vor, deren Überarbeitung sich derzeit noch in den sogenannten Trilogverhandlungen in Brüssel befindet. Die heute erlassenen Rechtsakte gelten vorerst formal nur für die Anrechnung auf das Erneuerbare-Energien-Verkehrsziel und sind für die nationalen Fördersysteme des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und des Bundes-Immissionsschutzgesetzes von herausragender Bedeutung. Das Bundesumweltministerium wird für die Förderung von grünem Wasserstoff im Verkehr im Rahmen der Treibhausgasminderungsquote nun sehr zeitnah die delegierten Rechtsakte durch Novellierung der 37. BImSchV umsetzen. Nach Abschluss der Trilogverhandlungen der RED-II-Revision sollen die delegierten Rechtsakte das zentrale regulatorische Instrument für den Markthochlauf von grünem Wasserstoff für alle Sektoren werden, also z. B. auch für Wasserstoffverbrauch in der Industrie gelten.