Wie Luftreiniger Viren aus der Luft greifen
Seitdem bekannt ist, dass sich das Coronavirus vorwiegend über Aerosolpartikel verbreitet, ist der Schutz vor einer Übertragung zu einem zentralen Thema in der Lüftungstechnik geworden.
Als Aerosol bezeichnet man ein Gemisch aus Luft mit darin verteilten festen oder flüssigen Partikeln. Aerosolpartikel haben Größen zwischen ca. 0,001 und mehreren 100 μm und werden durch Sprechen, Husten oder Niesen erzeugt. Coronaviren sind 0,06 bis 0,14 μm groß und können lange Zeit in der Luft aktiv bleiben, indem sie das schwebende Aerosol zum Transport und dessen Flüssigkeit zum Überleben nutzen.
Die mit Viren behafteten Aerosole können mit der Luft zirkulieren und sich durch Luftströme im Raum verbreiten. Zu einer Übertragung kommt es insbesondere, wenn sich viele Personen in nicht ausreichend belüfteten Innenräumen aufhalten. In diesen Fällen gilt es, die Konzentration der Aerosole mithilfe verschiedener Maßnahmen möglichst gering zu halten.
Gleicher Effekt wie beim Lüften
Die zentrale Funktion eines Luftreinigers besteht darin, die Raumluft anzusaugen und von Aerosolen zu reinigen. Indem sie die Partikelkonzentration im Zeitverlauf senken oder niedrig halten, haben die Geräte diesbezüglich den gleichen Effekt wie das Lüften mit sauberer Außenluft. Am häufigsten werden dazu Hochleistungsschwebstofffilter eingesetzt, sogenannte HEPA-Filter (HEPA = High Efficiency-Particulate Air).
Die Bezeichnung HEPA für sich allein ist allerdings nicht geschützt. Erst wenn zusätzlich eine Filterklasse genannt wird, liegt dem ein festgelegtes Prüfverfahren gemäß EU-Norm DIN EN 1822 zugrunde. So müssen bei der Filterklasse H13 bei einem einzigen Durchgang der Luft 99,95 % der Schwebstoffe in der Luft gebunden werden, bei der Klasse H14 sogar 99,995 %.
Folglich lässt sich das Infektionsrisiko selbst mit diesen hochwirksamen Filtern nicht ganz auf null reduzieren. Und dies gilt auch für andere Verfahren, wie etwa die UC-V-Bestrahlung. Zudem können grundsätzlich nur die Viren gefiltert bzw. inaktiviert werden, die der Luftreiniger auch erfasst. Das Gerät muss also so positioniert werden, dass es einen möglichst großen Anteil der Raumluft ansaugt.
Beim Einsatz von Luftreinigern sind in diesem Zusammenhang zwei weitere grundsätzliche Einschränkungen zu beachten:
- Die Geräte schützen nicht vor Tröpfcheninfektionen. Hier sind also weiterhin vorbeugende Maßnahmen erforderlich, wie das Abstandhalten, das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung (MNB) oder das Aufstellen von Glas-Trennwänden.
- Darüber hinaus sind Luftreiniger nicht in der Lage, im Raum für einen Luftaustausch zu sorgen. Folglich werden das entstehende Kohlendioxid (CO2), überschüssige Luftfeuchte und andere Stoffe nicht abgeführt. Dementsprechend ist zusätzlich immer eine ausreichende Lüftung sicherzustellen.
Umweltbundesamt sieht Luftreiniger als letztes Mittel an
Am häufigsten werden lüftungstechnische Maßnahmen im Zusammenhang mit der Verbreitung von Covid-19 in Klassenzimmern diskutiert. Die meisten Studien und Handlungsempfehlungen konzentrieren sich auf diesen Anwendungsbereich. So nimmt das Umweltbundesamt (UBA) in einer Empfehlung zum Einsatz von mobilen Luftreinigern in Schulen eine klare Priorisierung der Lüftungsmaßnahmen vor [1]:
- „In Schulen mit raumlufttechnischen (RLT-)Anlagen sollen für die Dauer der Pandemie die Frischluftzufuhr erhöht und die Betriebszeiten der Anlagen verlängert werden. Arbeitet die Anlage mit Umluft, ist der Einbau zusätzlicher Partikelfilter (HEPA-Filter H13 oder H14) zu erwägen.
- In Schulen ohne RLT-Anlagen (schätzungsweise 90 % der Schulen) soll intervallartig über weit geöffnete Fenster gelüftet werden, wie in der gemeinsam mit der Kultusministerkonferenz (KMK) verfassten UBA-Handreichung zum Lüften in Schulen vom 15.10.2020 beschrieben. […]
- Sofern sich Fenster in Klassenräumen nicht genügend öffnen lassen, sollte geprüft werden, ob durch den Einbau einfacher ventilatorgestützter Zu- und Abluftsysteme (z. B. in Fensteröffnungen) eine ausreichende Außenluftzufuhr erreicht werden kann.
Sind die Maßnahmen unter 1 bis 3 nicht anwendbar, ist ein Raum aus innenraumhygienischer Sicht nicht für den Unterricht geeignet. Sollen solche Räume dennoch zum Unterricht genutzt werden, kann der Einsatz mobiler Luftreinigungsgeräte erwogen werden.“
Lesen Sie auch: DGUV rät von Luftreinigern Marke Eigenbau in Schulen ab
Luftreiniger senken Infektionsrisiko
Demgegenüber kommt ein Wissenschaftlerteam der RWTH Aachen in einer Studie [2] zu einer positiveren Einschätzung: „Der Einsatz eines funktionstüchtigen Luftreinigers in Klassenräumen ist als zusätzliche Maßnahme empfehlenswert, da durch diese Technik das Infektionsrisiko zusätzlich gesenkt werden kann. Allerdings ist ein Luftreiniger kein Ersatz für die Versorgung eines Klassenraums mit Außenluft.“
In der Studie wurden u. a. Vergleichsrechnungen für ein Klassenzimmer mit einem Raumvolumen von 200 m³ angestellt, in dem ein Lehrer eine Stunde lang 24 Schüler unterrichtet. Beim Intervalllüften gemäß den Vorgaben der UBA-Handreichung konnte hier das relative Infektionsrisiko durch den zusätzlichen Einsatz eines Luftreinigers um 40 % von 1,76 auf 1,05 abgesenkt werden. Dabei wurde angenommen, dass das Gerät 500 m³/h vollständig von Aerosolpartikeln befreite Raumluft bereitstellt.
Zum Vergleich ist allerdings zu berücksichtigen, dass im Berechnungsmodell der Studie die Benutzung einer Mund-Nasen-Bedeckung (MNB) in beiden betrachteten Fällen zu einer Reduktion des relativen Risikos um 50 % führt. Tragen Schüler und Lehrer also eine MNB, sinkt das relative Infektionsrisiko auf 0,88 – mit zusätzlichem Luftreiniger auf 0,525 (Bild 2).
Verfahren zur Luftbehandlung
Im Zentrum der Funktionsweise eines Luftreinigers steht das jeweilige Verfahren zur Behandlung der Raumluft. Um die Konzentration von Feinstaub und infektiösen Partikeln in der Luft zu reduzieren, werden häufig HEPA-Filter verwendet. Alternativ oder ergänzend kommt in einigen Geräten auch die UV-Desinfektion zum Einsatz, welche Viren inaktivieren soll.
Viele Luftreiniger enthalten zusätzlich Aktivkohlefilter, um auch gasförmige Schadstoffe und Gerüche abzuscheiden. Diese haben jedoch keinen nennenswerten Einfluss auf die Partikelabscheidung. Um die Standzeiten der HEPA-Filter zu erhöhen, sollte allerdings darauf geachtet werden, dass die Geräte über einen Vorfilter für gröbere Verunreinigungen verfügen.
In einer Stellungnahme zum Einsatz mobiler Luftreiniger charakterisiert die Kommission Innenraumlufthygiene (IRK) am UBA die verschiedenen Verfahren [3]. Daraus sind jeweils wesentliche Punkte im Folgenden aufgeführt.
Hochleistungsschwebstofffilter
Am häufigsten werden in Luftreinigern HEPA-Filter eingesetzt, die auch sehr kleine Partikel, an denen SARS-CoV-2-Viren haften können, zurückhalten. Bei den Filterklassen H13 und H14 handelt es sich meist um typische Gewebefilter, deren Wirkung auf mechanischer Partikelabscheidung beruht. Darüber hinaus kann die Filterwirkung von Gewebefiltern durch adsorbierende Materialien oder elektrostatische Eigenschaften weiter optimiert werden.
Damit die HEPA-Filter später gefahrlos gewechselt und entsorgt werden können, lassen sich Viren und andere Krankheitserreger, die dort zurückgehalten werden, durch UV-C-Strahlung abtöten oder inaktivieren. Eine weitere Möglichkeit hierfür ist die thermische Behandlung. Die abgeschiedenen Partikel bleiben bei beiden Varianten haften, sodass ein regelmäßiger Filterwechsel notwendig ist.
UV-C-Strahlung
SARS-CoV-2-Viren können durch UV-C-Strahlung inaktiviert werden. Welche Strahlungsdosen hier in Luftreinigern ausreichend sind, ist nach Ansicht der IRK gegenwärtig allerdings noch nicht ausreichend geklärt. Die Kommission empfiehlt daher, sich von den Herstellern überprüfbare Nachweise zur Wirksamkeit auch beim Einsatz unter Realraumbedingungen geben zu lassen.
Da die UV-C-Strahlung Schäden an Augen und Haut verursachen kann, ist beim Einsatz entsprechender Luftreiniger unbedingt darauf zu achten, dass ein sicherer Betrieb gewährleistet ist und Personen nicht durch unsachgemäße Bedienung zu Schaden kommen können. So darf die UV-C-Strahlung weder direkt noch diffus in den Raum abgegeben werden.
Luftbehandlung mit Ozon, Plasma oder Ionisation
Die Wirksamkeit von Luftreinigern, die mit Ionisation oder Plasma arbeiten, gegenüber Viren und Bakterien ist aus Sicht der IRK nicht ausreichend erprobt. Wird beim Einsatz Ozon gebildet, bestehe zudem die Gefahr, dass gesundheitsschädliche Reaktionsprodukte an die Raumluft abgegeben werden. Sollen Geräte mit Ionisations- und Plasmaverfahren verwendet werden, empfiehlt die IRK, vom jeweiligen Hersteller eine Wirksamkeitsprüfung unter Realraumbedingungen und einen Nachweis, dass keine gesundheitsschädlichen Emissionen erzeugt werden, erbringen zu lassen.
Weiterhin rät die IRK von Luftreinigern, die Viren mit Ozon inaktivieren sollen, wegen möglicher Gesundheitsgefahren ab. Ozon ist ein Reizgas und kann zudem mit anderen Stoffen in der Luft chemisch reagieren, wobei neue Schadstoffe entstehen können.
Keine Vernebelung von Desinfektionsmitteln
Mittlerweile werden auch Luftreiniger angeboten, die desinfizierend wirkende Stoffe direkt in die Raumluft vernebeln. Die IRK rät von der Vernebelung von Wasserstoffperoxidlösung (H2O2) oder Natriumhypochloritlösung (NaOCl) in die Raumluft ab. Beides sind starke Oxidationsmittel und haben konzentrationsabhängig eine akut reizende Wirkung auf Haut und Schleimhäute. Ebenso wird von der Vernebelung anderer Desinfektionsmittel ohne besondere Schutzmaßnahmen und Gefährdungsanalysen abgeraten.
Auslegungskriterien
Wie weiter oben schon dargestellt, sind Luftreiniger prinzipiell kein Ersatz für die manuelle oder maschinelle Lüftung, da sie die CO2-Belastung im Raum nicht reduzieren können. Allerdings sind sie als Ergänzung geeignet, wenn ein ausreichendes Lüften nicht möglich ist oder eine Verringerung der Personenzahl im Raum oder größere Abstände nicht realisierbar sind.
Grundsätzlich sind vor dem Einsatz die Leistungsdaten (z. B. Luftvolumenstrom und Abscheidegrad) sowie die Rahmenbedingungen (z. B. Raumverhältnisse, Belegungsdichte, Belegungsdauer, Anordnung des Luftreinigers im Raum) zu betrachten. Eine Orientierung sollten dabei jeweils die Unterlagen des Herstellers geben.
Luftdurchsatz und Aufstellung
Beim Einsatz von Luftreinigern ist nicht allein eine möglichst hohe Filtereffizienz entscheidend, sondern auch ein ausreichender Luftdurchsatz. Der Luftvolumenstrom bestimmt maßgeblich, für welche Raumgrößen der Luftreiniger geeignet ist. Empfohlen wird in der Regel ein 4- bis 6-facher Luftdurchsatz des Raumvolumens pro Stunde, um die Aerosolmenge im Raum erfolgreich zu reduzieren.
Für einen 50 m² großen Raum mit 3 m Deckenhöhe sollte ein Luftreiniger demnach einen Luftvolumenstrom von 600 bis 900 m³/h erbringen. Dies ist allerdings nur eine Orientierung, da viele weitere Faktoren die mögliche Virenlast im Raum beeinflussen (z. B. die Belegungsdichte, die Aktivität der Personen, das Tragen einer MNB etc.).
Kann der angestrebte Luftdurchsatz mit einem Gerät nicht erreicht werden, lassen sich auch mehrere Luftreiniger mit einem geringeren Luftvolumenstrom kombinieren. Dabei sollte darauf geachtet werden, dass ein Gerät nicht direkt die ausgeblasene Luft eines anderen Luftreinigers ansaugt. So kann möglicherweise auch die Verteilung der Viren im Raum verringert werden, da die ausgeatmete, belastete Luft schneller abgesaugt wird, wenn sich die entsprechende Person näher am Luftreiniger befindet.
Die aerodynamischen Strömungsverhältnisse im betrachteten Raum, die Position des Luftreinigers und dessen Volumenstrom haben einen starken Einfluss auf die Reinigungswirkung. Dementsprechend ist bei der Platzierung darauf zu achten, dass keine zu hohen Turbulenzgrade erzeugt werden und der gesamte Raum möglichst gleichmäßig durchströmt wird. Zudem müssen die Geräte die Raumluft ungehindert ansaugen und wieder frei ausblasen können.
Auf die Lautstärke achten
Ein wichtiges Kriterium sind auch die Schallemissionen des Luftreinigers. Gerade kleinere Geräte für den Heimgebrauch werden schnell unangenehm laut, wenn es an die Grenzen der Luftleistung geht. Professionelle Geräte haben hier allein schon aufgrund des Aufbaus und der eingesetzten Ventilatortechnik deutliche Vorteile. Trotzdem ist darauf zu achten, dass die Nutzung von Klassenzimmern oder Büros nicht durch die Betriebsgeräusche eingeschränkt wird.
Die Auswahl der Geräte sollte daher hinsichtlich der Schallwerte gemäß den jeweils geltenden Normen geschehen. So enthält die VDI 2081 etwa entsprechende Vorgaben für Arbeits-, Versammlungs- und Wohnräume. Für Klassenzimmer gilt gemäß der VDI 6040 Blatt 1 oder der DIN EN 15 251 ein maximaler Schalldruckpegel von 35 dB(A).
Fazit
Luftreiniger können einen sinnvollen Beitrag leisten, um die Aerosol- und Virenkonzentration in einem Raum zu reduzieren. Dabei muss darauf geachtet werden, dass diese für den jeweiligen Raum und die Anwendung ausreichend dimensioniert sind. Trotzdem ist zusätzlich immer eine ausreichende Lüftung sicherzustellen. Zudem sollte dem jeweiligen Verfahren zur Luftbehandlung besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden, damit die vorgesehene Wirksamkeit tatsächlich erreicht wird und keine Gesundheitsgefährdung für Personen im Raum entsteht.
Dieser Beitrag von Tim Geßler ist zuerst erschienen in SBZ 01/2021.
Literatur
[1] Umweltbundesamt (UBA) 2020: Mobile Luftreiniger in Schulen: Nur im Ausnahmefall sinnvoll, Dessau-Roßlau, Empfehlung vom 22.10.2020
[2] D. Müller, K. Rewitz, D. Derwein, T. M. Burgholz, M. Schweiker, J. Bardey, P. Tappler, Empfehlung zum erforderlichen Luftwechsel in Schulen, Großraumbüros, Hörsälen und Turnhallen zur Reduzierung eines aerosolgebundenen Infektionsrisikos, White Paper, RWTH-EBC 2020-004, Aachen, 2020, DOI: 10.18154/RWTH-2020-10366
[3] Innenraumlufthygiene-Kommission (IRK) 2020: Einsatz mobiler Luftreiniger als lüftungsunterstützende Maßnahme in Schulen während der SARS-CoV-2-Pandemie, Stellungnahme der Kommission Innenraumlufthygiene vom 16.11.2020