Öko-smart und hocheffizient: Das Einfamilienhaus der Zukunft
Der Energieverbrauch im Sektor Private Gebäude lag deutschlandweit in den letzten dreißig Jahren konstant bei ca. 650 TWh. Der Wärmebedarf beträgt unverändert rund 450 TWh.
Die möglichen Einspareffekte moderner Effizienztechnologien, von hochentwickelten Heizungssystemen bis hin zu LED-Leuchtmitteln, werden größtenteils von neuen technischen Entwicklungen und Hightech-basierten Lebensgewohnheiten geschluckt.
Um eine wirksame Verbrauchsreduktion zu erzielen, muss die aktuelle Wohnbauplanung nachhaltige Lösungen mit einer noch effizienteren Erzeugung, Verteilung und Speicherung von Wärme, Kälte und Strom in den Fokus stellen.
Kühlen wird das neue Heizen
Auch werden sich den kommenden Jahren die energetischen Anforderungen im Wohnbau spürbar wandeln. Ein Blick auf wärmere Länder, an deren klimatische Verhältnisse wir uns innerhalb der nächsten Jahrzehnte angleichen, verweist auf die künftige Dominanz von Kühl- und Klimatisierungsprozessen. Dieser Entwicklung ist im Sinne einer zukunftsorientierten Planung und Umsetzung von (privaten) Bauvorhaben Rechnung zu tragen.
„Die heutige Konzeption unserer Häuser muss den Energieverbrauch von morgen berücksichtigen. In 30 Jahren wird Kühlen das neue Heizen sein. Bleibt das in der Bauplanung unberücksichtigt, wird der energetische Aufwand für die Gebäudekühlung die möglichen Einsparungen bei der Gebäudeheizung kompensieren“, so Armin Bühler, Systementwickler und Spezialist auf dem Gebiet der regelbaren Gebäudemasse-Energiespeicher.
Die Transformation im Gebäudesektor hin zu nachhaltigen und hocheffizienten Versorgungsstrukturen ist eine synergetische, interdisziplinäre Herausforderung: Von der Architektur über die Bautechnik bis zur Technischen Gebäudeausrüstung müssen Planung, Bau und Betrieb ganzheitlich gedacht und ausgeführt werden.
Erzeugerseitig wird der Einsatz regenerativer Energien dominieren. Dabei ist erfolgsentscheidend, ob die Leistungskapazitäten erneuerbarer Energiequellen und der weitentwickelte Technologiestand der Erzeuger durch optimale Sammel-, Verteil- und Speicherlösungen voll erschlossen werden können.
Von der Forschung in die Praxis
Wie ein solcher Ansatz in der Praxis aussehen kann, zeigt seit Frühjahr 2020 ein Show-Case-Objekt im unterfränkischen Marktheidenfeld Bild 1. Innerhalb von zwei Jahren entwickelte Jürgen Leppig, langjähriger Energieberater und Vorsitzender des Gebäudeenergieberater Ingenieure Handwerker Bundesverband (GIH), gemeinsam mit Projektpartnern aus der bau- und anlagentechnischen Industrie ein Bauprojekt mit besonderen Anforderungen an das Innen und Außen:
So entstand ein altersgerecht gestaltetes Einfamilienhaus mit maximal optimierter Energieeffizienz von der Gebäudehülle bis zur energietechnischen Anlagensteuerung – ein öko-smartes Hocheffizienzgebäude mit ebenso hohen Ansprüchen an optische Ästhetik und Wohnkomfort.
Öko-smartes Hocheffizienz-Haus
Leppig über das realisierte Energiekonzept: „Die energetische Gebäudeversorgung erfolgt durch eine Kombination aus Sole/Wasser-Wärmepumpe mit Erdwärmesonden, Photovoltaik-Thermie-Kollektoren (PVT) und eine Klima- und Akustikdecke mit Betonkernaktivierung von Green Code.
Die Klima- und Akustikdecke erfüllt gleich mehrere Funktionen: Sie heizt, kühlt, dient als Energie-Puffer und verbessert überdies die Raumakustik. Gleichzeitig ist das Gebäude voll vernetzt und damit in der Lage, sich aktiv auf variierende Verhältnisse und Bedarfslagen im Rauminneren einzustellen, wie auch auf sich verändernde Umwelteinflüsse außerhalb zu reagieren. Auf Grundlage einer präzisen Regelung kann so Energie flexibel bewegt, genutzt und letztlich eingespart werden.“
Smart Home mit KNX-Steuerung
Das intelligente Haus ist über eine KNX-Steuerung der Smart-Home-Anlage mit Online-Wetterportalen verbunden, sodass aktuelle Wetterdaten an den Homeserver übertragen werden. Die Wärme- und Kälteerzeugung lässt sich entsprechend nach aktueller und prognostizierter Tagestemperatur ansteuern. Abhängig vom Außenklima erfolgt automatisiert das Umschalten vom Wärmepumpenbetrieb auf Solaranlage und umgekehrt.
Gleiches gilt für die passive Gebäudekühlung über Geothermie, sie wird ebenfalls bedarfsweise automatisch aktiviert. Auch die Multifunktionsdecke beginnt nach Wetterlage zu kühlen oder zu heizen. Zusätzlich regelt die KNX-Steuerung im Heiz- oder Kühlbetrieb die integrierte Pufferfunktion. Sowohl regenerativ gewonnene Wärme- als auch Kälteenergie kann in den Geschossdecken mittels thermischer Betonkernaktivierung bis zu 14 Tagen vorgehalten werden.
Die installierten PVT-Kollektoren produzieren als Hybridsystem sowohl Strom als auch Wärme und decken im Verbund mit der Sole/Wasser-Wärmepumpe den Bedarf für Raumwärme und Trinkwassererwärmung vollständig ab.
Um Niedertemperaturquellen wie Solar- oder Geothermie in die energetische Infrastruktur eines Objekts zu integrieren, sind eine äußerst präzise Volumenstromregelung und -zusammenführung sowie Verteilung von Wärme- und Kältekapazitäten erforderlich, was in allen Betriebszuständen hydraulisch optimal ausbalanciert sein muss.
Diese Anforderungen erfüllt die Zortström-Technologie von Zortea (Bild 2), die sich derzeit in über 5500 energetischen Versorgungslösungen bewährt.
Speicher- und Verteilkonzept
Bereits in der frühen Planungsphase zeigte sich, dass die Integration konventioneller Verteiler, Puffer und zugehöriger Peripherie eine komplexe Herausforderung mit einem extrem hohen technischen Aufwand darstellen würde.
Eine bestechend einfache wie leistungsfähige Alternative fand sich in der Zortström-Technologie. Das patentierte Verfahren vereint in einem Anlagensystem die Funktionen einer hydraulischen Weiche, eines Pufferspeichers sowie eines Verteilers mit exakter Temperaturtrennung.
Das Vorhalten und Verteilen von thermischer Energie durch den Zortström erfolgt auf Erzeuger- und Abnehmerseite bedarfskonform und mit maximaler Genauigkeit. Dafür werden im Zortström zunächst die Volumenströme aller angeschlossenen Erzeuger (unabhängig ob regenerativ oder konventionell) hydraulisch entkoppelt, voneinander getrennt und in beliebig vielen, präzisen Temperaturstufen in einem Schichtspeicher mit Gleitschichtraum gesammelt.
Die Solltemperatur der jeweiligen Schichten lässt sich durch die Leistung der Erzeuger regulieren. Vor- und Rückläufe der angeschlossenen Heiz- und Kühlkreise bedienen sich mit der jeweils genau benötigten, vorgehaltenen Temperatur. Die thermische Energie von Rückläufen kann effizient genutzt werden, um die erzeugerseitig vorgesehenen Betriebsparameter jederzeit korrekt einzuhalten. Das ermöglicht einerseits eine lange Anlagenlaufzeit, zum anderen verfügen Verbraucher auch bei variierenden Lastverhältnissen über eine stabile und thermisch exakte Energiezustellung – ohne das vielfach bekannte Risiko der gegenseitigen Pumpenbeeinflussung (siehe Info-Kasten).
5- und 2-stufiger Zortström
Für das Smart Home in Marktheidenfeld konzeptionierte Zortea eine individuelle Lösung, bestehend aus einem 5-stufigen Gortström Multi PG-H mit einem Fassungsvermögen von 806 l für höhere Temperaturen und einem 2-stufigen Zortström Multi HK (46 l) zur Einspeisung in die Klima- und Speicherdecke (Bild 3).
Der Puffer für die angeschlossene Frischwasserstation und die Heizung verfügt über zwei Gleitschichträume. In der oberen, höher temperierten Zone wird das Wasser für die Frischwasserstation, im unteren Gleitschichtraum für die Flächenheizungen vorgehalten.
Fällt überschüssige Wärme an, wird diese gleichmäßig im Gleitschichtraum geladen und bei Bedarf wieder entladen. Abhängig vom thermischen Ertrag der Solaranlage heizt die Wärmepumpe nach. Dabei gilt für den Einsatz von Wärmepumpen, dass sie insbesondere im Niedertemperaturbereich (Flächenheizung) und bei kaltem Rücklauf (Frischwasserstation) ein besonders vorteilhaftes Verhältnis von Wärme- bzw. Kälteleistung zur Antriebsleistung erzielen und dadurch einen hohen COP-Wert erreichen. Das spart Antriebsenergie (Strom) und verringert CO2-Emissionen für den aus dem Netz bezogenen Stromanteil.
Auch die Wärmeenergie der Solaranlage wird durch die Einbindung in den Zortström noch effizienter genutzt. Bereits bei schwacher Einstrahlung wird der Niedertemperaturbereich vorerwärmt und der Wärmepumpenbetrieb dadurch spürbar entlastet.
Bei der Wärme- und Kälteverteilung über den kleineren, 2-stufigen Zortström werden die Mischventile abhängig von den Sollwerten der Heiz- und Kühlkennlinien aktiv. Der geothermische Kältebezug findet über den Wärmeübertrager statt, der auch die thermische Energie im Wärmepumpenprozess überträgt.
Temperaturgesteuerte Regelventile kontrollieren den Durchfluss und lassen genau die Wärme oder Kälte durch, die für das Erreichen des gewünschten Temperaturniveaus in der oberen Schicht des zweistufigen Zortströms benötigt wird. Das erhöht den Wirkungsgrad der Anlage, sorgt für hohe Laufruhe und sichert die stabile Versorgung. Außer dem geringen Hilfsenergiebedarf für die Umwälzpumpen verursacht der Kältebezug über die Geothermie keine Betriebskosten. Beim geothermischen Kältebezug wird zudem die geothermische Quelle regeneriert, was sich beim Heizbetrieb positiv auf die Betriebskosten auswirkt.
Ausblick
Progressive Versorgungsmodelle und hochentwickelte Technologien eröffnen weitreichende Perspektiven für eine langfristig nachhaltige und zukunftsorientierte Objektbewirtschaftung.
Ob in den eigenen vier Wänden oder beim Neubau großer Wohnimmobilien, die Investition in Energieeffizienz und erneuerbare Energien macht sich für Bauherren bezahlt:
Geringere Energiekosten, bester Wohnkomfort, ein stabiler Immobilienwert und nicht zuletzt der elementare Beitrag zum Klimaschutz bilden überzeugende Argumente, schon heute auf den Versorgungswegen von morgen unterwegs zu sein.
Dieser Beitrag von Ing. Christian Zortea-Soshko ist zuerst erschienen in TGA Fachplaner 10/2020. Ing. Christian Zortea-Soshko studierte in Österreich an der HTL Pinkafeld Gebäudetechnik und an der Wirtschaftsuniversität Wien Handelswissenschaften. Seit 2004 arbeitet er bei der Zortea Gebäudetechnik GmbH in A-6845 Hohenems und hat im Frühjahr 2020 die Geschäftsführung übernommen.
Ineffizienter Hocheffizienzpumpen-Betrieb
Drehzahlgeregelte Pumpen werden auf Differenzdruck zwischen Vor- und Rücklauf eingestellt, um die berechnete Wassermenge zu befördern. Bei klassisch aufgebauten Verteilstrukturen entsteht dadurch eine gegenseitige Beeinflussung der einzelnen Versorgungskreise: Erhält eine kleine Pumpe am Verteiler nicht die erforderliche Wassermenge, so kann der benötigte Differenzdruck zwischen Vor- und Rücklauf nicht erreicht werden. Folglich stellt eine selbst regulierende Pumpe eine höhere Drehzahl ein. Entsprechend steigt die Aufnahme an elektrischem Strom. Alle weiteren Pumpen – unabhängig von ihrer jeweiligen Leistungsklasse – reagieren nun in gleicher Weise, um den notwendigen Differenzdruck aufzubauen. Das Ergebnis ist ein gegenseitiges Hochschaukeln der Pumpenarbeit, das mit einem signifikanten Anstieg des Energieverbrauchs einhergeht.