DIN EN 17037: Schaltbare Gläser für die Tageslichtplanung
1935 erhielt mit der DIN 5034 ein deutsches Normenwerk Gültigkeit, das die Innenraumbeleuchtung mit Tageslicht zum Inhalt hatte. Mit der EN 17037:2018 „Tageslicht in Gebäuden“ folgte 2018 eine EU-Norm nach. Auf Basis neuester Erkenntnisse gibt sie Empfehlungen zur Tageslichtversorgung in Innenräumen und widmet sich darüber hinaus den Themen Aussicht, Besonnung und Blendschutz.
Tageslicht als Dimension der Wohnhygiene
Vor rund 100 Jahren gelangte das Licht in den Fokus der Architektur. Unter dem Motto „Licht, Luft und Sonne für alle“ sagte man den beengten, städtischen Wohnverhältnissen den Kampf an. Tageslicht war vor allem eine Dimension der Wohnhygiene. Der gesundheitliche Aspekt beschränkte sich auf die biologische Wirkung des nicht-sichtbaren Sonnenlichts wie infrarotes und ultraviolettes Licht. Man erkannte, dass UV-Licht Keime abtötete und mit Sonnenbädern rückte man Hautkrankheiten, Vitamin-D-Mangel und Rachitis zu Leibe.
In der Frühzeit der Lichtforschung wollte man mit künstlichem Tageslicht der Natur ein Schnippchen schlagen. Die 24-Stunden-Fabrik war geboren. Menschen, Hennen, Pflanzen und andere Lebewesen mussten nur ins richtige – elektrische – Licht gerückt werden, um produktiver zu werden. Heutige Lichtforscher haben dazu aufgrund neuer Erkenntnisse zu den nicht-visuellen Wirkungen des Lichts eine differenzierte Meinung.
Tageslichtplanung beeinflusst zirkadianen Rhythmus
Ein um die Zweitausenderjahre entdeckter Rezeptor im Auge, der das lichtempfindliche Molekül Melanopsin trägt, hat direkten Einfluss auf unseren zirkadianen Rhythmus, unsere innere Uhr, und hält damit Körperfunktionen wie Immunsystem und Stoffwechsel in Bewegung.
Das Licht beeinflusst uns, abhängig von Kriterien wie Zeitpunkt und Dauer der Lichtexposition, der horizontalen und vertikalen Beleuchtungsstärke sowie dem Lichtspektrum, in vielfältiger Weise. Bekanntlich lässt der hohe Blauanteil im Morgenlicht den Ausstoß des Schlafhormons Melatonin sinken, die Serotoninausschüttung wird angekurbelt, wir werden wach.
Kaltweißes, tageslichtähnliches Licht am Abend verzögert die Melatoninproduktion, wir schlafen schlechter ein. Je mehr Zeit wir in Innenräumen verbringen, umso mehr entkoppeln wir uns von unserem natürlichen inneren Zeitplan. Heute weiß man, dass ein Verstellen dieser Uhr das Risiko für bestimmte Erkrankungen steigen lässt.
Die meisten Eigenschaften natürlichen Lichts können mit künstlichem Licht nachgebildet werden. Warum aber nehmen wir Intensität und Veränderungen des Tageslichts als angenehmer wahr, warum hat es einen so großen Einfluss auf unsere Stimmungen und unterstützt uns dabei, unsere Umgebung ganzheitlich wahrzunehmen und einzuordnen? Von allgemeingültigen Spezifikationen für die dynamische Lichtplanung in Gebäuden sind wir aufgrund der komplexen Wirkmechanismen des Lichts immer noch weit entfernt. Es sind aber Richtungen erkennbar.
So geben Canazei und andere im Juni 2019 in ihrer Publikation „Human Centric Lighting (HCL): eine Zwischenbilanz“ die Empfehlung:
- so viel Tageslicht durch Glas und Fenster wie möglich einplanen
- kalt-weißes Kunstlicht mit hohen Vertikalanteilen während des Tages ergänzen
- gegen Abend die Vertikalanteile des Lichts reduzieren und Sehaufgaben punktuell beleuchten
Tageslicht durch Fenster erhöhe die Toleranzschwelle für höhere Lichtintensitäten beim Nutzer, dieser nehme also visuelle Unbehaglichkeit deutlich später wahr. Natürliches Tageslicht werde in seiner Lichtqualität zudem höherwertiger eingeschätzt als jede Kunstlichtquelle. Darüber hinaus sei Tageslicht die effizienteste Lichtquelle zur Erzeugung erhöhter vertikaler Helligkeiten, stellen die Autoren weiter fest.
Schaltbares Glas für Fenster
Je höher der Tageslichteintrag, umso größer ist die Herausforderung, die Balance zwischen Tageslichtversorgung, Besonnung und Wärmeeintrag zu finden. „Der Markt für Tageslichtsysteme ist in den letzten Jahren ungemein kreativ gewesen“, freut sich Robert Jagger, Country Sales Manager DACH bei Halio International, einem belgischen Hersteller von Systemen für schaltbares Glas. So reagieren dimmbare Verglasungen automatisch auf die Witterung draußen und können bedarfsgerecht programmiert werden.
Schaltbares Glas wird auch elektrochromes Glas oder intelligentes Glas genannt, das einfach per App gesteuert werden kann. Durch die innovative Verglasungstechnik kann auf sichtstörenden Sonnenschutz verzichtet, aber dennoch Schutz vor UV-Licht gewährleistet werden.
Zielwerte für die Tageslichtqualität
Insbesondere für diese drei Kriterien gibt die DIN EN 17037 Planern und Bauherren die Basis für Zielwerte der Tageslichtversorgung von Innenräumen. Dabei unterscheidet die Norm zwischen den Stufen „Gering“, „Mittel“ und „Hoch“. Sie führt den Begriff Tageslichtzufuhr ein, der nun erstmals die Tageslichtqualität über ein ganzes Jahr bewertet und lokale Wetterdaten in die Berechnung einbezieht. Die einzelnen Stufen sind erfüllt, wenn:
- 50% der Fläche während 50% der Tageslichtstunden die jeweilige Ziel-Beleuchtungsstärke erreicht haben
- wenn mindestens 95% der Fläche während 50% der Tageslichtstunden die minimale Ziel-Beleuchtungsstärke erreichen
Auch für die Aussicht aus dem Raum, die Besonnung sowie den Blendschutz wurden drei Empfehlungsstufen von „Gering“ über „Mittel“ bis „Hoch“ festgelegt. Neu ist, dass die Sichtverbindung nach außen der Aufenthaltsort der Nutzer im Raum herangezogen wird. Dies fließt in die Bewertung ein, ob Himmel und Erdboden zu sehen sind. Bei der Besonnung wird die Dauer der Sonneneinstrahlung (Minimalempfehlungen von 1,5 h bis 4 h) an einem bestimmten Stichtag bei gleichzeitigem Überschreiten eines minimalen, geografisch unterschiedlichen Sonnenhöhenwinkels berechnet. Die Bezugspunkte liegen in der Fensterebene.
Last, but not least, empfiehlt die DIN EN 17037 als Wert für den Blendschutz die Daylight Glare Probability (DGP). Die DGP beschreibt die Wahrscheinlichkeit, mit der eine Person durch Licht geblendet wird. In die DGP-Simulation fließen Kennzahlen wie vertikale Beleuchtungsstärke am Auge, Leuchtdichte, sowie Raumwinkel und Position der Blendquelle ein.
Nur „Verglasungen mit geringer Transmission“ oder „elektrochrome Verglasungen“, die im gedimmten Zustand nur noch eine sehr geringe Lichttransmission erlauben, werden neben herkömmlichen Beschattungssystemen als geeigneter Blend- und Sonnenschutz empfohlen. Dies wird durch schaltbarem Glas erfüllt.
Die Minimalanforderungen für die Tageslichtversorgung in der DIN EN 17037 wurden zwar sehr niedrig festgelegt, denn selbst an einem trüben Wintertag trifft draußen im Freien noch eine Beleuchtungsstärke von 3000 lx auf unser Auge. Doch ist sie Ausdruck der Tatsache, dass die Tageslichtplanung weiterhin an Bedeutung gewinnt.
Schaltbares Glas bietet Sonnenschutz wie Energieeffizienz
Ungetönt weisen Halio Gläser einen Lichtdurchlassgrad von 65% auf. Mit einem Farbwiedergabeindex von 97% im klaren Zustand sind sie komplett farbneutral und zeigen auch bei fortschreitender Grauabtönung weder einen unnatürlichen Blaustich noch Raster oder sprunghafte Verläufe auf. In weniger als drei Minuten kann das schaltbare Glas auf einen minimalen Lichtdurchlassgrad von 2% gedimmt werden. Abhängig vom Glasaufbau erreichen Halio Gläser Ug-Werte von bis zu 0,6 W/(m2K).
Die Halio Steuerung in dem schaltbaren Glas hält den Tageslichteinfall automatisch auf einem Optimum und soll so bis zu 22% der Kosten für Klimatisierung und Heizung einsparen. Halio empfiehlt sich für alle nachhaltigen Bauprojekte, egal ob nach Passivhaus-, Minergie-, BREEAM oder LEED-Standard.
Der VFF hat einen kostenlosen Leitfaden zur Tageslichtnorm veröffentlicht. Der Leitfaden für Planer und Fensterbauer steht zum Download im Bereich Downloads/Publikationen auf www.bundesverband-flachglas.de und im Bereich Publikationen/Shop auf der VFF-Verbandswebseite www.window.de zur Verfügung. Oder Sie laden ihn direkt hier herunter:
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