Bundesländer ignorieren Brandgefahr in Hochhäusern
Die Brandkatastrophe am 14. Juni 2017 im Londoner Grenfell-Tower kostete etwa 80 Menschen das Leben. Die genaue Opferzahl konnte bis heute nicht genannt werden. Unmittelbar nach dem verheerenden Unglück ließ Bundesbauministerin Barbara Hendricks verlauten, dass eine solche Katastrophe in Deutschland "nach menschlichem Ermessen" nicht möglich sei, da die Anforderungen für den Brandschutz in Hochhäusern hierzulande deutlich höher seien.
Nachdem dann jedoch in Wuppertal einige Mieter unverzüglich die Wohnungen räumen mussten, weil die Stadt Mängel neu bewertete, stellte Hendricks in Aussicht, dass womöglich gefährliche Gebäude identifiziert und entsprechend überarbeitet werden sollten. Doch wie Recherchen des ZDF-Magazins "Frontal 21" ergaben, wurden bislang in den meisten Bundesländern die entsprechenden Hochhäuser nicht überprüft.
Der Einbau brennbarer Stoffe war lange zulässig
Der Einbau brennbarer Stoffe ist in Deutschland untersagt, dies war jedoch nicht immer so: Erst seit 2008 gibt es eine Muster-Hochhaus-Richtlinie, die jedoch in den einzelnen Bundesländern kaum Anwendung findet. Und Kontrollen gibt es laut Recherchen von "Frontal 21" ebenso wenig. In Bremen und Berlin könne nicht einmal die Zahl der vorhandenen Hochhäuser benannt werden.
Dabei berufen sich die zuständigen Ministerien größtenteils auf die sog. "Feuerbeschau" durch die Gemeinden, bei der Brandexperten alle fünf Jahre die Rettungswege und weitere brandschutzrelevante Aspekte inspizieren. Die Fassaden stehen dabei jedoch nicht auf dem Plan.
Keine Inspektion ohne Zerstörung
Und deren Inspektion gestaltet sich auch gar nicht so einfach: Welche Dämmung verbaut wurde und ob diese brennbar ist, lässt sich nur feststellen, wenn sie nicht unter einer Verkleidung verborgen ist. In einigen Fällen müsste daher die Fassade zerstört werden, um eine Aussage treffen zu können.
Doch dass sich ein genaues Hinschauen lohnt, zeigt ein Beispiel aus Hamburg. Hier konnte an einem 1969 erbauten Haus brennbares Material in der Fassade entdeckt werden. Dass die Gefahr erkannt wurde ist Zufall: Da das Haus saniert werden sollte, war die Fassade geöffnet und gab den Blick auf Dämmplatten aus Holzspänen frei. Im Brandfall hätte die Feuerwehr hier erheblich mit der Fassade zu kämpfen und würde wertvolle Zeit beim Retten von Leben verlieren. In dem Hochhaus sind 400 Menschen zu Hause.